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Prof. Dr. Mareen Grillenberger

UP Reconnect Guest: Prof. Dr. Mareen Grillenberger

Visiting from: Switzerland

Home Institution: Pädagogische Hochschule Schwyz und Luzern, Hochschule Luzern

Host at the UP: Prof. Dr. Andreas Schwill

Institute at the University of Potsdam: Institute of Computer Science

Time of the visit: December 2023 - January 2024

Prof. Dr. Mareen Grillenberger ist Alumna der Universität Potsdam, wo sie Englisch und Informatik auf Lehramt studierte. Im Jahr 2020 trat sie eine Professur an der Pädagogische Hochschule Schwyz und Luzern sowie der Hochschule Luzern an. Im Interview berichtet Mareen Grillenberger über ihre Zeit an der UP und über ihre Entwicklung von informatischen Escape-Rooms, die Lehrkräfte mit ihren Informatikklassen besuchen können.


Liebe Frau Grillenberger, Sie haben selbst an der Uni Potsdam studiert, promoviert und gearbeitet, bevor sie einem Ruf an die Stiftungsprofessur Informatikdidaktik Sekundarstufe 1 der Pädagogischen Hochschulen Schwyz und Luzern sowie der Hochschule Luzern in die Schweiz gefolgt sind. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit der Uni Potsdam?

Mit der Uni Potsdam verbinde ich sehr viele Erinnerungen, geblieben ist ein positiver Gesamteindruck. Ich erinnere mich noch gut an die ersten Semester, in denen ich viele neue Leute kennengelernt habe, wir in Gruppen für die Prüfungen gelernt haben und teilweise die Nächte vor Klausuren und Abgabeterminen recht lang wurden. Ich erinnere mich an Vorlesungen und Seminare, die aus verschiedenen Gründen bleibende Eindrücke hinterlassen haben. „Das verirrte Kalb“ von Andreas Schwill, meine zischende Kaffeekanne, deren Laute von Bernhard Bielick als „Fricatives“ identifiziert wurden oder die NMI-Tagung, zu der Klaus Rebensburg alle seine Studierenden einlud. Die Zeit als Studentin an der Uni Potsdam war für mich sehr wertvoll – natürlich wegen der vielen Dinge, die ich gelernt habe, aber auch wegen der Freundschaften und Kontakte, die sich ergeben haben und teilweise bis heute bestehen. Die Zeit, in der ich meine Masterarbeit geschrieben habe sowie die anschließende Zeit als Doktorandin und Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Didaktik der Informatik verbinde ich mit besonders positiven Erinnerungen. Ich konnte sehr eigenständig arbeiten und forschen, hatte ein sehr sympathisches Kollegium und konnte Projekte umsetzen, die ich persönlich spannend fand. Ich blicke zurück auf eine sehr erfüllende Zeit, die mich entscheidend geprägt und meinen weiteren Weg ermöglicht hat.

Sie sind an der Entwicklung der informatischen Escape-Rooms „Room X“ und „CS Eduscape“ maßgeblich beteiligt – erzählen Sie uns kurz, was es damit auf sich hat.

Bei Room-X und CS Eduscape handelt es sich um zwei Projekte, in denen informatische Escape Rooms entwickelt wurden, die als Exkursionsorte für Schulklassen dienen und einen Einblick in verschiedene Themengebiete der Informatik erlauben. Room-X an der Universität Potsdam ist 2017 als studentisches Projekt im Rahmen der Veranstaltung „Didaktik der Informatik II“ entstanden und wurde damals von mir betreut. Seither ist es erfolgreich in Betrieb und hat sich als beliebter Exkursionsort für Schulklassen der Region etabliert. Zielgruppe sind hier Schülergruppen ab Klassenstufe 10. Bei CS Eduscape handelt es sich um ein ähnliches Projekt, welches ich in der Schweiz umgesetzt habe, allerdings mit Zielgruppe Sekundarstufe I, also bereits ab Klassenstufe 7. In beiden Spielen haben die Schülerinnen und Schüler in Gruppen eine Stunde Zeit, Spuren zu finden, Informatikrätsel zu lösen, eine Mission zu erfüllen und schließlich aus dem Raum zu fliehen.

Werden die Escape-Rooms im Rahmen des Informatik-Unterrichts besucht? Wenn ja, wie schätzen Sie die Vorteile einer so innovativen Lehrmethode für Schülerinnen und Schülern ein?

Ja, normalerweise besuchen uns Lehrkräfte, die Informatik (bzw. in der deutschsprachigen Schweiz „Medien und Informatik“) unterrichten, mit ihren Kursen. Bei einer Exkursion in einen Escape Room bringen die meisten Schülerinnen und Schüler eine hohe Motivation mit, sich mit den Rätseln auseinanderzusetzen – ganz anders, als wenn sie im Unterricht eine Aufgabe zur Bearbeitung vorgelegt bekämen. Sie transferieren ihr Wissen und Können aus dem Schulunterricht und bringen ihre Kompetenzen in einem Setting zur Anwendung, dass für sie nicht offensichtlich als Lernumgebung erkennbar ist.

Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich durch die Beforschung der Escape-Rooms und können Sie möglicherweise schon erste Einblicke geben?

Educational Escape Games eignen sich aus Forschungsperspektive hervorragend, um Schülerinnen und Schüler hinsichtlich fachdidaktischer Fragestellungen zu beobachten, ohne dass sie das Gefühl entwickeln, sich in einem Laborsetting zu befinden. Konkret erhoffe ich mir von der Beforschung der verschiedenen Settings einerseits eine stetige Weiterentwicklung der Escape Rooms, beispielsweise bezüglich der Eignung der Rätsel für die Zielgruppen. In unserem Beitrag zur INFOS 2023 (siehe Greter et al., 2023) konnten wir zeigen, wie sich ein solches Setting mittels eines Design-Based-Research-Ansatzes evaluieren und weiterentwickeln lässt, so dass sich die Rätsel auf Dauer immer stärker dem Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schüler annähern, ohne dass sie den informatischen Gehalt verlieren. Uns interessieren aber auch technische Aspekte zur zunehmend automatisierten Erfassung des Problemlösungsprozesses der Schülergruppen, was uns dann im Nachgang eine detaillierte Analyse ihres Vorgehens ermöglicht. So können wir dann unter anderem Hinweise erhalten, welche Informatikinhalte den Teams besondere Schwierigkeiten bereiten und an welchen Stellen sie wie unterstützt werden können. Wir können dann mit entsprechenden Hilfestellungen experimentieren und Materialien entwickeln, die später zum Beispiel auch für den Einsatz im Schulunterricht genutzt werden können. Durch die Beobachtungen mit Kameras und Mikrofonen erhalten wir Einblick in die Kompetenzen und Interaktionen der Schülerinnen und Schüler sowie zu ihrem Problemlöseverhalten. In unserem Beitrag zur INFOS 2019 (siehe Hacke et al., 2019) konnten verschiedene Annahmen bzgl. erwarteter Verhaltensweisen und erfolgversprechender Problemlösestrategien bestätigt werden sowie gezeigt werden, dass die Kommunikation der Spielerinnen und Spieler untereinander ein zentrales Element ist und das Notizen, so sie sinnstiftend sind, entscheidend zum Spielerfolg beitragen. Alexander Hacke hat verschiedene Aspekte des Problemlöseverhaltens der Schülerinnen und Schüler im Room-X tiefergehend untersucht und Publikationen dazu verfasst.

Konnten Sie Ihre Vorhaben während Ihres Aufenthalts mit UP Reconnect umsetzen und sind möglicherweise weitere Projekte geplant?

Wir hatten einen fruchtbaren Austausch, bei dem alle Beteiligten entsprechend der Planung den jeweils aktuellen Stand ihrer Arbeiten vorgestellt haben und wir auch viele Schnittpunkte identifizieren konnten, die sich für die Ausgestaltung der weiteren Zusammenarbeit eignen. Mögliche Kooperationen wurden diskutiert, dabei wurde einige Herausforderungen deutlich, die einen sofortigen Start in weiterführende Projekte verhindern. Ein nächstes Austauschtreffen der beteiligten Personen ist im Frühjahr 2024 in der Schweiz geplant. Bis dahin wird sich voraussichtlich besser einschätzen lassen, wer welche Kapazitäten hat und wie die Interessen der dann neu besetzten Professur liegen, so dass wir dann detaillierter über konkrete Vorhaben sprechen werden können.

Gibt es sonst etwas, was Sie gerne anfügen möchten?

Ich danke Ihnen vielmals für die Möglichkeit, über das UP-Reconnect-Programm in diesen Austausch mit den Potsdamer Kolleginnen und Kollegen zu kommen. Zwar waren wir auch vorher in Kontakt, ein so gezieltes Treffen hätten wir aber ohne das Programm in naher Zukunft nicht geplant.

Herzlichen Dank für das spannende Interview, wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der weiteren Arbeit!


Quellenangaben zu den erwähnten Publikationen:

Greter, Linda; Horat, Beat; Grillenberger, Mareen und Waldvogel, Bettina. „Erkenntnisse aus der Entwicklung eines Educational Escape Room – Eine Design-Based-Research-Studie“. In: INFOS 2023 - Informatikunterricht zwischen Aktualität und Zeitlosigkeit. Bonn: Gesellschaft für Informatik e.V., 2023, S. 237–246

Hacke, Alexander; Przybylla, Mareen und Schwill, Andreas. „Beobachtungen zum informatischen Problemlösen im Escape-Adventure-Spiel “Room-X”“. In: INFOS 2019 - 18. GI- Fachtagung Informatik und Schule - Informatik für alle. Hrsg. von Arno Pasternak. Bd. P288. Lecture Notes in Informatics (LNI). Bonn: Gesellschaft für Informatik, 2019, S. 79–88

Hacke, Alexander; Dittert, Nadine. „The Function of Note-Taking in Problem Solving in the Computer Science Escape Game Room-X“. In: Informatics in Schools. Beyond Bits and Bytes: Nurturing Informatics Intelligence in Education. ISSEP 2023. Hrsg. von Jean-Philipp Pellet und Gabriel Parriaux. Lecture Notes in Computer Science (LNCS), vol 14296. Cham, Springer, , 2023, doi.org/10.1007/978-3-031-44900-0_7

Hacke, Alexander. Computer Science Problem Solving in the Escape Game “Room-X”. In: Informatics in Schools. New Ideas in School Informatics. ISSEP 2019. Hrsg. von Sergej N. Pozdniakov und Valentina Dagienė. Lecture Notes in Computer Science (LNCS), vol 11913. Cham, Springer, 2019, doi.org/10.1007/978-3-030-33759-9_22