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Extreme Dichte – Wie man den Zustand von Neutronensternen physikalisch beschreiben kann

Künstlerische Darstellung eines Neutronensterns und eines Atomkerns.
Image : Hauke Köhn
Künstlerische Darstellung eines Neutronensterns und eines Atomkerns. Symbolisiert wird, wie Erkenntnisse über Neutronensterne Fragen aus der Kernphysik beantworten können und umgekehrt. Bild: Hauke Köhn.

Neutronensterne können entstehen, wenn ein massereicher Stern während einer Supernova kollabiert. Dabei bildet sich unter enormer Gravitation und unvorstellbarem Druck eine neue Art von stark verdichteter Materie. Um die Eigenschaften dieser Materie zu verstehen, haben Forschende von der Universität Potsdam und des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik zusammen mit einem internationalen Team verschiedene Datenquellen aus der Kernphysik und Astrophysik kombiniert. Ihre Ergebnisse zur Beschaffenheit typischer Neutronensterne sind in der Fachzeitschrift Physical Review X erschienen.

Neutronensterne stehen unter so hohem Druck durch die Gravitationskraft, dass sie enorm komprimiert werden und ihre Dichte sogar über die Dichte von Atomkernen hinausgeht. Materie unter derart extremen Bedingungen kann nicht im Labor untersucht werden. Daher bestimmt man ihre Eigenschaften aus astro- und kernphysikalischen Beobachtungen.

Die Doktoranden Hauke Köhn und Henrik Rose in der Arbeitsgruppe Theoretische Astrophysik von Prof. Tim Dietrich haben nun mehrere dieser Beobachtungen gemeinsam analysiert und kombiniert. Anhand statistischer Untersuchungen lässt sich die sogenannte Zustandsgleichung von Neutronensternmaterie zu einem gewissen Grad rekonstruieren.

„Diese Zustandsgleichung beschreibt wichtige Eigenschaften der Materie wie etwa Druck und Dichte. Sie ist von großer Bedeutung, um die starke Wechselwirkung besser zu verstehen – eine der vier fundamentalen Naturkräfte“, erläutert Hauke Köhn. „Wenn wir Neutronensterne beobachten oder spezifische Eigenschaften von Atomkernen messen, sehen wir immer nur einen einzelnen Datenpunkt.“ Um das komplizierte Verhalten der Zustandsgleichung einzuschränken, müssen diese Datenpunkte kombiniert werden. Die beiden Nachwuchsforscher haben daher eine große Anzahl von theoretisch denkbaren Zustandsgleichungen erstellt und untersucht, welche davon mit den vorhandenen Datenpunkten kompatibel sind.

Ihre Ergebnisse zeigen, dass ein typischer Neutronenstern mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Radius zwischen 11,5 und 13,2 Kilometer hat und seine Masse unter dem 2,5-fachen unserer Sonne liegen muss. Je nachdem, welche zusätzlichen Datenpunkte hinzugenommen werden, lässt sich die Spannweite sogar noch weiter reduzieren. „Es bleibt aber weiterhin schwierig, die genauen mikroskopischen Eigenschaften der Materie wie bestimmte Kernparameter zu bestimmen“, fügt Henrik Rose hinzu und ergänzt: „Das zeigt uns, dass wir weitere Beobachtungen aus der Kern- und Astrophysik benötigen, um in Zukunft die Neutronensternmaterie vollständig beschreiben zu können.“

 

Link zur Publikation: Hauke Koehn, Henrik Rose, Peter T. H. Pang, Rahul Somasundaram, Brendan T. Reed, Ingo Tews, Adrian Abac, Oleg Komoltsev, Nina Kunert et al., From Existing and New Nuclear and Astrophysical Constraints to Stringent Limits on the Equation of State of Neutron-Rich Dense Matter, Phys. Rev. X 15, DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevX.15.021014

 

Link zum Webtool für Anwender: https://multi-messenger.physik.uni-potsdam.de/eos_constraints/

 

Abbildung: Künstlerische Darstellung eines Neutronensterns und eines Atomkerns. Symbolisiert wird, wie Erkenntnisse über Neutronensterne Fragen aus der Kernphysik beantworten können und umgekehrt. Bild: Hauke Köhn.

 

Kontakt:

Hauke Köhn, Institut für Physik und Astronomie

Tel.: 0331 977-5983

E-Mail: hauke.koehnuni-potsdamde

 

 

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Dr. Silke Engel