Was macht gute digitale Lehre aus Ihrer Sicht aus?
Sie setzt die Möglichkeiten, die digitale Medien bieten, zum Vorteil aller Beteiligten ein. Dabei kopiert sie nicht einfach Analoges ins Digitale, sondern wird da platziert, wo sie etwas verbessern kann.
Was kann sie leisten, was Präsenzlehre nicht kann?
Digitale Lehre ermöglicht eine größere Binnendifferenzierung – sie sieht auf jedem Bildschirm anders aus, kann auf unterschiedliche Bedürfnisse eingehen und jeder kann im eigenen Tempo damit arbeiten und individuell damit interagieren. Außerdem bieten neue Technologien ganz neue Möglichkeiten: So kann Virtual Reality Dinge sichtbar machen, die für uns in Realität ganz oder weitgehend unzugänglich sind, wie das Innere eines Vulkans, der Weltraum oder das Leben in einer antiken griechischen Polis.
Was vermag digitale Lehre nicht zu ersetzen oder zu verbessern?
Das Haptische, das Berührende – alles, was sozial ist. Digitale Medien können zwischenmenschliche Kommunikation vermitteln, aber zusammen im selben Raum zu sitzen, darauf können wir nicht verzichten. Wir brauchen weiterhin Präsenz, das ist ein Stück weit auch unersetzbare „Chemie“. In der gemeinsamen Zeit im Klassenzimmer oder Seminarraum wächst Vertrauen, das grundlegend für gute Lehre ist.
Sie haben für Ihre „Vorlesung im Zeichen einer neuen Lern- und Prüfungskultur“ einen Landeslehrpreis 2024 erhalten. Was zeichnet sie aus?
In der Seminarreihe haben wir zwei Themen miteinander verbunden: Zum einen geht es darum, Methoden wissenschaftlichen Arbeitens einzuüben: Wie recherchiere ich richtig? Wie bereite ich Informationen auf? Und wie präsentiere ich sie – mündlich und schriftlich? Inhaltlich greifen wir wechselnde aktuelle Themen auf. Das letzte Seminar zu „Künstlicher Intelligenz und Ethik“ hat so viel Resonanz erhalten, dass wir es erneut aufgegriffen haben. In dem Kurs, den wir gemeinsam mit der Technischen Universität München durchführen, bearbeiten die Studierenden individuelle Themen in bevorzugt hochschulübergreifenden Tandems. Durch ihre verschiedenen kulturellen und fachlichen Hintergründe bringen sie unterschiedliche Wahrnehmungen von KI sowie Ethik in Gesellschaft und Politik ein und befördern eine pluralistische Sichtweise. Wichtig für uns ist: Es gibt kein Falsch und kein Richtig in diesem Kurs. Wir betrachten verschiedene Theorien der normativen Ethik und einschlägige Professionsethiken, anhand derer die Studierenden konkrete KI-Systeme bzw. -Anwendungen reflektieren. Die Berücksichtigung ethischer Aspekte des KI-Einsatzes wird nicht als abzuhakende Checkliste, sondern als beständig neu durchzuführender Aushandlungsprozess eingeübt.
Was haben Sie sich für kommende Formate vorgenommen?
Ich habe zwei Baustellen, an denen mein Herz hängt. Zum einen würde ich die systematische Vermittlung von Methoden wissenschaftlichen Arbeitens gern erweitern – um die Ebene von Open Science. In der Forschung ist das Thema sehr präsent und anerkannt. Das sollte sich jetzt auch in der Lehre wiederfinden. Wie erstellt man offene Daten? Wie bereitet man sie auf und präsentiert sie richtig? Wir müssen das Potenzial von Open Science im Curriculum verankern.
Das zweite Thema ist Forschungsdatenmanagement. In meinem Fach biete ich das schon seit Jahren an, habe das nun aber erstmals auch für andere Fächer geöffnet. Daraufhin haben Studierende gefragt, ob das nicht in ihren Ordnungen verankert werden könnte. Natürlich sind Methoden und Standards von Fach zu Fach verschieden und die Umsetzung auch eine Ressourcenfrage. Aber diesen Diskurs würde ich gern – moderierend – begleiten.
Weitere Informationen:
Mehr zum Landeslehrpreis 2024: https://www.uni-potsdam.de/de/medieninformationen/detail/2024-05-04-doppelt-ausgezeichnet-je-ein-landeslehrpreis-und-postdoc-preis-gehen-an-die-uni-potsdam
Mehr zu Prof. Dr. Ulrike Lucke: https://www.uni-potsdam.de/de/multimedia/