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Kleinste Atome untersuchen, um gewaltige Bergketten zu verstehen – Peter van der Beek forscht zur Entstehung und Entwicklung von Gebirgen

Peter van der Beek während einer Kampagne zur Beprobung der Alpen | Foto: T.F. Schildgen
Peter van der Beek erklärt, wie ³HE und ⁴HE separiert werden, um sie jeweils einzeln zu quantifizieren. | Foto: Dr. Simon Schneider
Digitale Datenaufbereitung via spezialisierter Software – Peter van der Beek zeigt, wie die Daten aus dem Spektrometer aussehen. | Foto: Dr. Simon Schneider
Gas-Aufbereitung: Das Gas, dass beim Aufheizen der Proben entsteht, wird gereinigt und aufbereitet, bevor es an das Spektrometer abgegeben wird. | Foto: Dr. Simon Schneider
Photo : T.F. Schildgen
Peter van der Beek während einer Kampagne zur Beprobung der Alpen
Photo : Dr. Simon Schneider
Peter van der Beek erklärt, wie ³HE und ⁴HE separiert werden, um sie jeweils einzeln zu quantifizieren.
Photo : Dr. Simon Schneider
Digitale Datenaufbereitung via spezialisierter Software – Peter van der Beek zeigt, wie die Daten aus dem Spektrometer aussehen.
Photo : Dr. Simon Schneider
Gas-Aufbereitung: Das Gas, dass beim Aufheizen der Proben entsteht, wird gereinigt und aufbereitet, bevor es an das Spektrometer abgegeben wird.
Peter van der Beek ist neu im Professoren-Team des Instituts für Geowissenschaften an der Universität Potsdam. Der international bekannte Erdwissenschaftler bereichert dabei nicht nur das Potsdamer Forschungs-Portfolio mit seiner herausragenden Expertise rund um Tektonik und Oberflächenprozesse. Er bringt auch ein neues und sehnsüchtig erwartetes Edelgas-Spektrometer mit nach Potsdam, das durch einen ERC-Grant finanziert wird. Peter van der Beek hat sich durch seine Arbeiten zu den Prozessen der Bildung und der langzeitlichen Entwicklung von Gebirgen international den Ruf als hervorragender Geomorphologe erworben. Um die Prozesse, die diese Vorgänge steuern, sichtbar zu machen und besser zu verstehen, kombiniert er numerische Modelle der Erosion und der Landschaftsgenese mit quantitativen Studien zur Freilegungs- und Erosionsgeschichte von Gesteinen. Dabei verwendet er die sogenannte Niedrigtemperatur-Thermochronologie und die Analyse kosmischer Nuklide. Er schaut sich also kleinste Atome an, um die Mechanismen zu verstehen, die zur Bildung von Landschaften führen und so ganze Kontinente prägen.

Die Berufung von Peter van der Beek zum neuen Professor für Allgemeine Geologie erfolgt in einer Zeit, in der sich die Geowissenschaften der Universität Potsdam neu aufstellen. Simon Schneider, Koordinator des Forschungsschwerpunkts Earth and Environmental Systems, hat mit ihm über seine Erwartungen und Ideen gesprochen.

Herr van der Beek, Ihre Expertise als Geomorphologe trägt mit neuen Impulsen und Erfahrungen zu einem Thema bei, das an der Universität Potsdam schon eine lange Tradition hat. Ihre Forschung zu den Wechselwirkungen tektonischer Hebung von Gebirgen und gleichzeitiger klima-getriebener Abtragungen durch Erosion hat bereits in der Vergangenheit zu einer sehr erfolgreichen Zusammenarbeit mit Manfred Strecker und anderen Forschenden in Potsdam und Berlin geführt. Nun bringen Sie neue Ideen und Ansätze rund um die Thermochronologie und Geomorphologie in das Forschungsportfolio der Universität Potsdam ein. Daher haben Sie zum Beispiel auch eine neue Arbeitsgruppe initiiert. Wie groß wird diese Arbeitsgruppe sein?

Peter van der Beek: Wir werden im ERC-geförderten Projekt, das vor allem mit dem neuen Spektrometer verbunden ist, etwa fünf weitere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Potsdam holen. Ein Labormanager wird in diesen Tagen bei uns beginnen. Eine Stelle, die nach den ersten drei Jahren verstetigt wird. Zudem kommen voraussichtlich Ende 2021 zwei weitere Doktorandinnen bzw. Doktoranden – das hängt aber davon ab, ab wann wir das komplexe und sensible Spektrometer in einem Routinebetrieb nutzen können.
Das sind aber nur die Stellen, die direkt mit dem ERC-Grant verbunden sind. Ich denke, dass die Arbeitsgruppe und die Infrastrukturen des Institutes in Zukunft noch mehr Studierende und Forschende anziehen werden. In anderen Forschungsfeldern, in denen ich mich auch engagiere, werden in den kommenden Monaten und Jahren dann weitere Post-Docs sowie Doktorandinnen und Doktoranden zu uns stoßen.

Wird das Spektrometer auch von anderen Arbeitsgruppen der Universität oder gar externen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern genutzt werden können? Gibt es vielleicht sogar schon Anfragen für eine Zusammenarbeit?

Peter van der Beek: Während der Förderung durch den ERC-Grant darf das Gerät nur für Forschungen in diesem ERC-Projekt genutzt werden. Allerdings werden wir das Labor nach dieser Förderung auch für andere Arbeitsgruppen zum Beispiel vom GeoForschungsZentrum (GFZ) oder anderen Einrichtungen öffnen. Kontakte zum GZF bestehen schon seit Langem, zudem natürlich auch zu meiner ehemaligen Arbeitsgruppe an der Universität Grenoble. Ich denke, dass da sicher weitere Kontakte und Interessenten hinzukommen.

Wie bereichert das neue Spektrometer die bestehende Forschungsinfrastruktur in Potsdam und innerhalb des Geo.X-Netzwerkes? Es gibt ja ähnliche Spektrometer, zum Beispiel am GFZ.

Peter van der Beek: Es ergänzt die bestehende Infrastruktur insbesondere durch die Möglichkeit, jetzt auch kleinste Mengen Helium-3 und -4 (3HE und 4HE) hochgenau messen zu können. Das ist nötig, wenn die Entwicklung der Abkühlung von Apatit-Mineralen – die nur etwa sandkorn-groß sind – untersucht werden soll. Dabei werden die Proben langsam und stufenweise erhitzt. Das Helium löst sich aus dem Gesteinsverbund und wir messen die jeweiligen Mengen von 3HE und 4HE. So können wir das Verhältnis beider Edelgase zueinander bestimmen. Dies erlaubt es uns, die Abkühlung der Gesteinsschichten zu modellieren, aus denen die jeweiligen Proben stammen. Diese Abkühlung erfolgte, als das Gestein vom tiefen Erdmantel, wo es sehr heiß ist, durch Hebung und den Abtrag der darüberliegenden Gesteinsschichten langsam an die kühle Oberfläche gelangte. Aus diesen Beobachtungen können wir dann zum Beispiel auf Hebungsraten und die Erosionsgeschwindigkeit schließen. Dieses Vorgehen nennt man Thermochronologie – ein entsprechendes Labor für ähnliche Untersuchungen gibt es bereits am Institut für Geowissenschaften unter Leitung von Ed Sobel. Hier können wir etablierte Messungen zum Beispiel von Uran-Thorium und Helium-Verhältnissen vornehmen. Das neue Spektrometer ergänzt diese Messungen, da es erheblich genauer ist.

Ein ähnliches Spektrometer gibt es am GFZ, wo es aber für etwas andere Zwecke genutzt wird. Dort wird das Edelgas Neon (Ne) aus Quarz und anderen Mineralen untersucht. Diese Analysen erlauben eine Bestimmung der Verweildauer von Gesteinen an bzw. in der Nähe der Oberfläche (das Neon entsteht dabei durch die Bestrahlung der Gesteine mit kosmischer Strahlung).

Beide Instrumente sind hoch-präzise und jeweils sehr exakt auf ihre Aufgaben eingestellt und kalibriert. Eine Umstellung auf eine Beobachtung des jeweils anderen Edelgases würde Monate in Anspruch nehmen – daher ergänzen sich die zwei Spektrometer nun sehr gut.

Was sind die Kern-Fragestellungen, die mit dem neuen Spektrometer untersucht werden? Soweit ich das verstehe, hilft das Spektrometer, das Alter und die physikalischen Bedingungen bei der Entstehung von Mineralen und Gesteinen zu untersuchen.

Peter van der Beek: Im besonderen Fall des ERC-Projektes möchten wir den Verlauf der Abkühlung der Minerale im Detail verstehen. Dies gibt uns, wie gerade beschrieben, auch Informationen zum Verlauf der Abtragung von darüberliegenden Gesteinen. Dies hilft uns, Muster im Erosionsprozess durch Gletscher in verschiedenen Gebirgen der Welt zu verstehen – also in den Alpen, den Pyrenäen, den Skandinavischen Gebirgen oder auch den Anden. Aus diesen Beobachtungen ergeben sich neue Einblicke in die Prozesse des Übergangs von vergletscherten zu gletscherfreien Gebirgslandschaften. Zentrale Fragen sind hier zum Beispiel, wann ein Gebirge gletscherfrei wurde, wie schnell der Verlust der Gletscher ablief, wie intensiv die damit verbundene Erosion war und ob es Unterschiede in diesen Abläufen je nach Gebirge gibt.

Vielen Dank für dieses Interview!

Peter van der Beek erhielt 2018 den Alexander von Humboldt-Preis für seine herausragenden Arbeiten zur Thermochronologie und Geomorphologie. Er war Mitglied des Institute Universitaire des France, Präsident der Sektion Geomorphologie der EGU und betreute zahlreiche Doktorandinnen und Doktoranden sowie Post-Docs. Er war 2019 bereits für sechs Monate an der Universität Potsdam im Rahmen eines ERC-Stipendiums, bei dem er den jetzt laufenden ERC-Grant vorbereitete. Der niederländische Wissenschaftler, der in den zurückliegenden Jahren eine Professur an der Université Grenoble Alpes innehatte, entschied sich aufgrund des hervorragenden Rufs der hiesigen Geowissenschaften für Potsdam. Zudem waren die enge internationale Zusammenarbeit, die exzellente wissenschaftliche Infrastruktur und das enge Netzwerk zwischen den Instituten der Erdwissenschaften in Potsdam, Brandenburg und Berlin für ihn auschlaggebend.

Mehr über die Arbeit der Forschungsgruppe von Peter van der Beek unter https://www.uni-potsdam.de/en/geo/research/general-geology