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Spielend Lernen – Lehramtsstudent Johannes Müller in der Sommerschule im Hort „Am Schulplatz 1“

Johannes erklärt das Komponieren mit dem Tablet | Foto: Antje-Horn-Conrad
Musik im Fußballraum des Horts der LSB-Sportservice Brandenburg gGmbH | Foto: Antje-Horn-Conrad
Die Kinder gestalten spontan eine Ausstellung zu Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ | Foto: Antje-Horn-Conrad
Photo : Antje-Horn-Conrad
Johannes erklärt das Komponieren mit dem Tablet
Photo : Antje-Horn-Conrad
Musik im Fußballraum des Horts der LSB-Sportservice Brandenburg gGmbH
Photo : Antje-Horn-Conrad
Die Kinder gestalten spontan eine Ausstellung zu Vivaldis „Vier Jahreszeiten“
Zwei Achtjährige schleppen Trommeln und Becken des Schlagzeugs in den Fußballraum. Ein Mädchen verkriecht sich mit dem Tablet ins Musikzimmer, um leise auf der virtuellen Klaviatur einer App zu klimpern. Einige Kinder wollen beim Musikprojekt im Hort nicht mitmachen. Stattdessen kramen sie aus einer Deko-Kiste Weihnachtsengel, Herbstschmuck und Osterküken heraus. Alles wird spontan zu einer Ausstellung über die Jahreszeiten arrangiert. Was liegt näher, als jetzt nebenbei Antonio Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ abzuspielen? Johannes Müller, Lehramtsstudent für Musik und Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde an der Universität Potsdam, legt die CD ein und das musikalische Gewitter nimmt seinen Lauf …

In diesem Jahr hatte die Freude über den Beginn der Sommerferien für viele Kinder einen komischen Beigeschmack. Was war das für ein seltsames zweites Schulhalbjahr gewesen? Zu Hause lernen ganz alleine, mit Schul-Cloud oder den Eltern, dafür ohne Freunde, Klassenkameraden oder Lehrer. Nur gelegentlich ein virtuelles Treffen im Internet. Vieles blieb auf der Strecke: eine Menge Lernstoff, aber auch die Lust am gemeinsamen Nachdenken, am Knobeln, Entdecken und Ausprobieren. Darauf sollen die Kinder nicht länger verzichten, dachte sich das Team vom Potsdamer Hort „Am Schulplatz 1“ und organisierte kurzerhand eine Sommerschule. „Spielend lernen“ hieß es dort im Juli und August bei einem bunten Mix aus Mathe und Musik, Biologie und Bewegung, Physik und Phantasie. Mittendrin Johannes Müller, der hier als gelernter Erzieher stundenweise arbeitet und damit nicht nur sein Studium finanziert, sondern auch wertvolle pädagogische Erfahrungen sammelt.

Von der Notbetreuung zum strukturierten Lernen

Während des Lockdowns hatte der Hort des Landessportbundes zu jenen Kindertagesstätten gehört, die die Kinder von Menschen mit systemrelevanten Berufen betreuten. Ganz selbstverständlich unterstützten die Erzieherinnen und Erzieher auch beim „Homeschooling“ und halfen den Grundschülern, in der Anonymität der Online-Aufgaben nicht die Orientierung zu verlieren. Als nach und nach immer mehr Kinder in die Notbetreuung kamen, entwickelte sich der Hort sehr schnell zu einem Ort des strukturierten, selbstbestimmten Lernens.
Auch im normalen Alltag, hatten die Erzieherinnen und Erzieher schon immer darauf geachtet, dass die Kinder die Dinge selbst in die Hand nehmen einen starken Eigen- und Gemeinschaftssinn ausbilden. Nun, da sie sich plötzlich mit verpflichtenden Lehrinhalten aus der Grundschule konfrontiert sahen, verknüpften sie das im Hort typische spielerische Entdecken mit dem zielgerichteten Aneignen schulischen Wissens. Daraus entstand eine Art offenen Unterrichts, in dem die Mädchen und Jungen selbst entscheiden, wo, wann und mit wem sie die Aufgaben lösen. Die Pädagogen treten beobachtend zurück, um ausschließlich dann, wenn sie gefragt sind, auf die Kinder zugehen zu können.

Lernen ohne Druck

So hielt es auch Johannes, der in der Sommerschule zur einer „Reise in die Welt der Musik“ eingeladen hatte. Rhythmusgefühl sollten die Kinder entwickeln, mit Tönen experimentieren und kleine Klangcollagen bauen. Während die einen auf dem Schlagzeug trommelten, versuchten die anderen mit dem Tablet zu komponieren. Eine dritte Gruppe bastelte Rasseln und lauschte dabei Vivaldis stimmungsvoller Jahreszeitenmusik.  Johannes schaute mal hier, mal dort vorbei, zeigte, wie man dem Schlagzeug auch leise Töne und dem Computer eine Melodie entlocken kann.
Am Ende des Projekts veranstaltete er ein Konzert. „Auf der Mauer, auf der Lauer“ war zum Hit der Woche geworden. Die Kinder sangen das „Wanzenlied“ zum Gitarrenspiel ihres Erziehers, von dem sie gar nicht wissen, dass er bereits ein Gesangsstudium absolviert hat und in wenigen Jahren als Lehrer arbeiten wird. Die musikpädagogische Ausbildung an der Uni, vor allem die Seminare bei Professor Werner Beidinger, halfen ihm, die Aufmerksamkeit der Schüler vom freien Spiel auf das Erkennen musikalischer Strukturen zu lenken. Johannes setzte auf das didaktische Prinzip der Freiwilligkeit. Das unbefangene Singen, Tanzen und Musizieren der Kinder bot ihm genügend Anknüpfungspunkte, um fein dosiert theoretisches Wissen zu vermitteln. Auch gelang es ihm, Mädchen und Jungen mit ganz unterschiedlichen Talenten einzubeziehen und zu ermutigen, sich auf der im Sportraum improvisierten Konzertbühne zu präsentieren.
Zwei junge Moderatorinnen führten durchs Programm und traten als Gesangssolistinnen hervor. Turnerinnen tanzten nach einer eigenen Choreographie und die Jungs am Schlagzeug erstaunten mit rhythmischen Improvisationen. Still wurde es noch einmal, als Johannes die auf dem Tablet komponierten Klangcollagen vorspielte, in denen die Kinder virtuelle und reale Töne vermischt hatten. Das Resultat eines Versuchs, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Sich ausprobieren, spielerisch entdecken, gemeinsam nachdenken – das war es doch, was die Kinder so lange vermisst hatten und nun in der Sommerschule ihres Hortes wiederfinden konnten.

Studentische Lehr-Lernassistenzen

Nach den pandemiebedingten Schulschließungen und dem eingeschränkten Präsenzbetrieb vor den Sommerferien wurde an brandenburgischen Schulen der „Normalbetrieb“ wieder aufgenommen. Um die Lehrkräfte in der pädagogischen Arbeit zu unterstützen und den Schülerinnen und Schülern individuell zu helfen, können sich Lehramtsstudierende der Universität Potsdam bis Jahresende als Studentische Lehr-Lernassistenzen einsetzen lassen. Im Unterricht betreuen sie die Einzel-, Gruppen- oder Partnerarbeit und implementieren digitale Formate, außerhalb des Unterrichts begleiten sie das Lernen am Nachmittag. Der Einsatz wird honoriert.
Weitere Informationen unter: https://lernassistenz.uni-potsdam.de

 

Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Zwei 2020 „Digitalisierung“ (PDF).