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Nicht ohne Experimente – Brigitte Duvinage bereitet angehende Lehrkräfte in Chemie auf den Schulalltag vor

Brigitte Duvinage mit Studierenden im Labor. Foto: Karla Fritze.
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Brigitte Duvinage mit Studierenden im Labor. Foto: Karla Fritze.

Der chinesische Philosoph Konfuzius bringt es auf den Punkt: „Sage es mir, und ich vergesse es; zeige es mir, und ich erinnere mich; lass es mich tun, und ich behalte es.“ Ganz nach diesem Motto richtet Brigitte Duvinage seit vielen Jahren ihre Forschung und Lehre aus. Die apl. Professorin für Chemiedidaktik verbindet Theorie und Praxis für den Schulalltag.

Der Berufswunsch von Brigitte Duvinage stand schon in der 3. Klasse felsenfest: Lehrerin. Sie wollte „auch mal Fünfen geben“. Auf den ersten Blick wirkt diese Begründung erschreckend und „passt in keine Statistik“. Für die heutige Didaktikerin hatten Ehrlichkeit und Gerechtigkeit offensichtlich schon sehr früh einen hohen Stellenwert. Schon in jungen Jahren naturwissenschaftlich orientiert, studierte sie Biologie und Chemie und wurde Lehrerin, bevor sie in Potsdam an die Hochschule zurückkehrte.

Wenn sie heute mit den Studierenden arbeitet, ist es ihr besonders wichtig, den zukünftigen   Lehrerinnen und Lehrern den Weg in die Praxis zu erleichtern. „Sie müssen diesen Wechsel vom Schüler zum Lehrer für sich verinnerlichen“, sagt Brigitte Duvinage. Zu erkennen, dass Lehrer Verantwortung für die Lernenden tragen, sei etwas ganz Wesentliches. Die Studierenden müssten zugleich so gut vorbereitet in den Unterricht gehen, dass sie gefahrlos für und mit Schülerinnen und Schülern experimentieren können. Es sei anfangs nicht einfach, die neue Sichtweise für sich anzunehmen, aber im Verlaufe der schulpraktischen Ausbildung bis zum Abschluss des Praxissemesters gelinge es Studierenden zunehmend, verantwortungsbewusst sicheren Experimentalunterricht zu gestalten.

„Ich lege sehr viel Wert darauf, den Unterricht so durchzuführen, dass Lehrer und Schüler Freude entwickeln können.“ Das sei eine hohe Kunst, die in der fachdidaktischen Ausbildung angebahnt, im Praxissemester und später in der Schule erweitert und vertieft werden müsse. Die Verbindung von theoriegeleiteter und praxisorientierter Lehre und Forschung besitzt für Brigitte Duvinage oberste Priorität in ihrer Arbeit. Deshalb betrachtet sie die Fachdidaktik als Bindeglied zwischen Fach, Bildungswissenschaft und Schulpraxis. „Da wir Mittler für die Studierenden sind, müssen sich alle Komponenten in der didaktischen Lehre widerspiegeln“, sagt die Wissenschaftlerin.

Für Brigitte Duvinage muss Unterricht alltagsnah sein

Wichtig ist auch, dass die „Chemie“ zwischen Lehrenden und Lernenden stimmt. Erst dann ist Gestaltung von Chemieunterricht überhaupt möglich. Dafür müssen die Studierenden fachlich gut gerüstet sein und sich auch in den bildungswissenschaftlichen Theorien gut auskennen. Gestaltung des Unterrichts heißt für Brigitte Duvinage, den Schülerinnen und Schülern nahezubringen, was Chemiker bereits entdeckt haben und sie nachvollziehen zu lassen, wie die Naturwissenschaftler zu ihren Erkenntnissen gelangen. Für die Schüler sind die jeweiligen chemischen Stoffe unbekannt, aber häufig in Produkten des Alltags, in der Umwelt und Technik zu finden. Demzufolge sollte die  Gestaltung von Unterricht alltags- und problemorientiert und mit zielführenden Methoden realisiert werden.

„Ich versuche den Studierenden zu zeigen, wie wichtig es ist, im naturwissenschaftlichen Unterricht das Denken zu entwickeln.“ Gerade im Chemieunterricht kommen die Schülerinnen und Schüler sehr häufig mit großer Freude in den Unterricht, bleiben aber häufig auf der empirischen Ebene stehen. Nur mit großer Mühe gelangen einige von ihnen, nicht alle, auf die theoretische. Deshalb verlangt Brigitte Duvinage von einem guten Lehrer, den Unterricht individuell zu planen und zu gestalten, um möglichst viele Schüler zu einem Aha-Erlebnis zu führen. Experimente spielen in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle für das Lernen und den Erkenntnisweg.

Experimentelle Arbeit ist deshalb ein absolutes Muss im Chemieunterricht. Daraus leitet die  Didaktikerin Forschungsaufgaben hinsichtlich der Gestaltung des Unterrichts für sich ab. Welche innovativen Neuerungen aus der Fachwissenschaft finden im Chemieunterricht ihren Niederschlag, welche Experimente sind sinnvoll, fragt sie. Auch hier stehen Didaktik und Fachwissenschaft im Verbund mit neuen Erkenntnissen aus der Pädagogik und Psychologie. Daraus entwickelt die Didaktikerin theoriebasierte Modelle und Konzeptionen. Nicht nur Experimente, sondern auch der Einsatz neuer Medien, also die Arbeit am Computer, spielen für sie eine Rolle. Und das immer im Hinblick darauf, was für die Denkentwicklung der Schüler nützlich ist. „Wir können digitalisieren so  viel wir wollen, unser Gehirn lässt sich nicht digitalisieren, es muss sich entwickeln“, sagt Brigitte Duvinage.

Seit Jahrzehnten arbeitet die Chemiedidaktikerin mit Potsdamer Schulen zusammen

Die Chemie-Professorin will einen alltags-, umwelt- und wissenschaftsorientierten Chemieunterricht gestalten. Gemeinsam mit ihren Mitarbeitern entwickelte sie beispielsweise ein spezielles Photometer, das Schüler selbst bauen und zu photometrischen Untersuchungen von Alltagsprodukten im Unterricht einsetzen können. Bei der Entwicklung von Experimenten bleibt die Hochschullehrerin nicht stehen, sie erarbeitet Theoriekonzeptionen, die dann Kooperationslehrer von der Gesamtschule Peter Joseph Lenné, der Voltaire-Gesamtschule und dem Einstein-Gymnasium schulpraktisch erproben. Seit Jahrzehnten arbeitet Brigitte Duvinage eng mit den Potsdamer Schulen zusammen. Gemeinsam mit den Chemielehrerinnen und -lehrern entwickelt und publiziert sie Unterrichtsmaterialien, und sie realisiert empirische Forschungsarbeiten, deren Ergebnisse letztlich wieder in der Ausbildung der zukünftigen Chemielehrer zum Tragen kommen.

An den schulpraktischen Untersuchungen sind bis zu 1.000 Schüler der Klassenstufen sieben bis zehn  beteiligt. Die Ergebnisse, die dabei herauskommen, greift die Chemikerin in ihren Lehrveranstaltungen auf. All ihre Vorlesungen sind Experimentalvorlesungen. Zum festen Arbeitsprozess gehört es, gemeinsam mit den Studierenden Veranstaltungen zu evaluieren. Wie gut vorbereitet die Studierenden in die Praxis gehen, zeigt sich unter anderem darin, dass sie nach dem Studium schriftliches Unterrichtsmaterial mit Gefährdungsbeurteilungen zur Verfügung haben, um das sie sicherlich von nicht wenigen Lehrern beneidet werden.

Übrigens: Brigitte Duvinage gibt heute wie zu Beginn ihrer wissenschaftlichen Karriere lieber gute als schlechte Noten.

Text: Dr. Barbara Eckardt
Online gestellt: Alina Grünky
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuni-potsdamde