Rebecca Lazarides ist Juniorprofessorin für Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt Schul- und Unterrichtsentwicklung an der Universität Potsdam. Als externe Projektleiterin ist sie am Exzellenzclusters „Science of Intelligence“ (SCIoI) der Technischen Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin beteiligt, das im September 2018 bewilligt wurde. Ziel des Clusters ist es, Prinzipien intelligenten Verhaltens aus interdisziplinärer Perspektive zu erforschen. Dafür arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen wie Robotik, Philosophie, Informatik, Psychologie und Erziehungswissenschaften in verschiedenen Projekten zusammen. Rebecca Lazarides wird in ihrem Teilvorhaben die Entwicklung intelligenten Verhaltens im Kontext sozialer Lernprozesse untersuchen. Matthias Zimmermann sprach mit ihr über die Arbeit am und im Cluster.
Frau Lazarides: Herzlichen Glückwunsch zur Beteiligung am Exzellenzcluster! „Science of Intelligence“ – was meint das?
Intelligenz zu verstehen, zählt zu den großen wissenschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Der Exzellenzcluster „Science of Intelligence“ wird maßgeblich dazu beitragen. Es führt bestehende Erkenntnisse verschiedener Disziplinen der Intelligenzforschung zusammen und wird in der Folge den Forschungsgebieten wiederum wertvolle Anregungen liefern. Darüber hinaus werden die Aktivitäten von SCIoI die Möglichkeit eröffnen, neue intelligente technologische Artefakte zu schaffen, die in verschiedensten Bereichen hoher gesellschaftlicher Relevanz nutzbringend zum Einsatz kommen können.
Das wissenschaftliche Ziel von SCIoI, die Prinzipien von Intelligenz zu erforschen, wird mithilfe eines synthetischen Ansatzes verfolgt. Hierunter verstehen wir, dass sämtliche erarbeiteten Theorien, Erkenntnisse, Konzepte und Methoden in technologische Artefakte, wie beispielsweise Roboter oder Computerprogramme, einfließen werden. Diese Artefakte bilden eine gemeinsame, über alle beteiligten Disziplinen hinweg verständliche „Sprache“. Damit erleichtern sie die Verknüpfung von Forschungsergebnissen sowie ihre Übertragung und Erweiterung über die Grenzen dieser Disziplinen hinaus.
In Ihrem Teilprojekt geht es um „die Entwicklung intelligenten Verhaltens im Kontext sozialer Lernprozesse“. Was ist damit gemeint und wie soll die Arbeit in ihrem Projekt konkret ablaufen?
Es geht um die Frage, wie die Aneignung von Wissen in sozialen Lernprozessen effektiver gestaltet werden kann. Dabei interessiert mich, wie Lernen individualisiert werden und damit an den Bedürfnissen der Lernenden orientiert stattfinden kann. Da eine hohe Motivation und positive Emotionen während des Lernens wichtige Grundlagen für die Aneignung von Wissen und die Entwicklung von Kompetenzen sind, steht in unserem Projekt im Vordergrund, wie sich diese optimal fördern lassen. Deshalb werden wir in dem interdisziplinären Projekt Intelligente Tutorsysteme (ITS) entwickeln, die die motivationale und emotionale Entwicklung von Lernenden bestmöglich unterstützen. Durch den Einsatz der ITS erhoffen wir uns Erkenntnisse darüber, wie Lehrkräfte in Zukunft die Motivation und Emotionen ihrer Schülerinnen und Schüler noch besser erkennen und didaktisch nutzen können. Zum Beispiel indem sie Aufgaben und Materialien auswählen, die das Ausgangsniveau der Motivation und Lern- und Leistungsemotionen berücksichtigen. Uns interessieren diese Zusammenhänge besonders in Bezug auf geschlechtsbezogene Bildungsdisparitäten: Mädchen berichten häufig von höherer Leistungsangst in Mathematik, während Jungen wenig Lernfreude beim Lesen empfinden. Diese Geschlechterungleichheiten könnten mit den ITS besser verstanden und in Lernprozessen berücksichtigt werden. In unserem Projekt werden dabei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Robotik, der Informatik und der Erziehungswissenschaft bzw. Psychologie zusammenarbeiten.
Wie lässt sich die „interdisziplinäre Perspektive“ umsetzen?
Personell und strukturell: Die an SCIoI beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stammen aus verschiedensten Disziplinen wie Psychologie, Robotik, Informatik, Erziehungswissenschaft oder Philosophie und Verhaltensforschung. Wir wollen unsere Forschungsergebnisse nutzen, um neue, intelligente Technologien zu schaffen. Deshalb wird die methodische Strategie des Clusters durch einen neuartigen Ansatz in der Intelligenzforschung gebildet, bei dem sämtliche Erkenntnisse, Methoden, Konzepte und Theorien in technologische Artefakte einfließen müssen, beispielsweise Roboter oder Computerprogramme. Diese Artefakte dienen als gemeinsame „Sprache”, die einen wissenschaftlichen Austausch über disziplinäre Grenzen hinweg ermöglichen soll.
Sie sind als externe Projektleiterin an einem gemeinsamen Cluster der TU Berlin und der HU Berlin beteiligt. Wie kam es dazu?
Ich habe an der Technischen Universität Berlin promoviert und dort von 2014 bis 2016 auch die Professur für Pädagogische Psychologie vertreten. In dieser Zeit habe ich das Team um SCIoI kennengelernt und mich bei der Entwicklung des Antrages in den Treffen mit den Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Disziplinen dem Thema sozialer Lernprozesse intensiver gewidmet – wobei ich die erziehungswissenschaftliche Perspektive einbringen konnte.
In den kommenden Jahren liegt nun viel – spannende – Arbeit vor Ihnen. Worauf freuen Sie sich besonders?
Die im Antrag entwickelten Forschungsfragen gemeinsam interdisziplinär bearbeiten zu können, natürlich besonders im Bereich sozialer Lernprozesse.
Mehr zum Cluster unter: http://www.scienceofintelligence.de
Text: Matthias Zimmermann
Online gestellt: Matthias Zimmermann
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