Akribische Vorbereitung, funktionierende Technik, ein interessantes Thema – beste Voraussetzungen für ein gelungenes Seminar. Dass diese allein aber nicht ausreichen, thematisiert ein Pilotprojekt unter dem Titel „Wie läuft bei Dir die Lehre?“, das an der Humanwissenschaftlichen Fakultät 2017 startete. Es nimmt Fragen auf, denen sich Lehrende immer wieder stellen müssen: Wie gut bin ich selbst? Wie gut sind meine didaktischen Fähigkeiten? Kommt der zu vermittelnde Lernstoff bei den Studierenden wirklich an? Im Mittelpunkt des Projekts steht die Evaluation von Lehrveranstaltungen, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untereinander vornehmen, nachdem sie vorher bei entsprechenden Lehrveranstaltungen hospitierten. Der gegenseitige Austausch erfolgt in Tandems. Es ist eine Initiative mit vielen Effekten: Die Beteiligten reflektieren nicht nur ihre pädagogischen und didaktischen Handlungen, sie perfektionieren sich auch darin, konstruktive Feedbacks zu geben.
Die kollegialen Hospitationen verlaufen nach einem bestimmten Muster: Im Vorfeld legt die hospitierte Lehrkraft fest, welche Aspekte zu Qualifikations- und Lernzielen und didaktischen Methoden für sie wichtig sind, welche Feedbackschwerpunkte ihr am Herzen liegen. Bei der Hospitation selbst beobachtet dann der Tandempartner vom Einstieg in das Seminar über die Durchführung, Interaktion mit den Studierenden, die Vortragsweise bis zu Körper und Raum alle Prozesse und bewertet auf dieser Grundlage die Lehrveranstaltung. Die Lehrkraft, die unterrichtet hat, gibt zudem eine Selbsteinschätzung ab. Beide Eindrücke werden später in einem Feedbackgespräch miteinander verglichen.
Zwei Dozentinnen, die dies ausprobiert haben, sind Charlott Rubach und Franziska Kühne. Rubach arbeitet an der Professur für Schulpädagogik, Kühne im Bereich Klinische Psychologie. Kennengelernt haben sich die beiden bei einem vorbereitenden Projekttreffen, sie fanden sich auf Anhieb sympathisch und beschlossen, ein Tandem zu bilden. Charlott Rubach bietet das Seminar „Schulbezogene Kooperationsbeziehung als Bedingung von Schule und Unterrichtsentwicklung“ für Lehramtsstudierende an, Franziska Kühne lehrt zum Thema „Zwangsstörungen und verwandte Störungen“ im Master Psychologie. Die Themen sind so unterschiedlich wie die Studiengänge selbst. Aber befragt nach ihren Erwartungen, kommen die gleichen Antworten: Einblick in die Lehre anderer, in deren angewendete Methoden und didaktische Formate erhalten. Und ganz wichtig: Die Hospitierenden wollen eine konstruktive Rückmeldung zum eigenen Lehrkonzept bekommen.
Beide Wissenschaftlerinnen hatten Beobachtungsschwerpunkte festgelegt. So interessierte Charlott Rubach insbesondere, ob ihr Seminarablauf stimmt, die Arbeitsaufgaben angemessen gestellt und die Diskussionen gut angeleitet werden. Als das Seminar schließlich stattfand, verlief es jedoch anders als geplant. Die Technik streikte, Rubach musste improvisieren. „Die Aufregung hat man ihr nicht angemerkt und auch das Lernziel wurde trotz der Pannen erreicht“, erinnert sich Franziska Kühne. Rubachs persönliche Bilanz enthält durchaus Kritisches: Sie achte jetzt mehr darauf, langsam zu sprechen, Informationen noch gezielter an die Studierenden zu bringen. Nicht nur sie hat dazugelernt, auch die am Seminar Teilnehmenden – künftige Lehrkräfte. Sie erlebten, dass es wichtig ist, die eigene Arbeit immer wieder auf den Prüfstand zu stellen.
Beide Dozentinnen betonen, wie sehr sie von den gemeinsamen Gesprächen profitieren, vom Austausch zu Methoden und Seminarabläufen. Auch sei es sehr spannend gewesen, Lehre in einem anderen Fachbereich kennenzulernen. Charlott Rubach und Franziska Kühne jedenfalls sind vom Projekt begeistert. „Wir können die gegenseitige Hospitation nur weiterempfehlen.“
Die Idee, das aus der schulinternen Evaluation stammende Instrument auch an der Humanwissenschaftlichen Fakultät zu etablieren, entwickelte die Beauftragte für Qualitätsmanagement, Dr. Weronika Buchwald- Thomsa. Sie hat eine Projektbeschreibung und Begleitbögen erstellt, das Angebot publik gemacht und Workshops zur Vorbereitung und Auswertung organisiert. Alle Lehrenden, egal, ob neu an der Fakultät oder nicht, sind eingeladen, sich an dem Projekt zu beteiligen.
Text: Ulrike Szameitat
Online gestellt: Marieke Bäumer
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