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Mut zum Risiko und Freude an der Innovation – Alexander Kritikos forscht und lehrt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und an der Universität Potsdam

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Foto: DIW.
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Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Foto: DIW.

Wann immer er als Experte zur wirtschaftlichen Situation Griechenlands gefragt ist, gibt Alexander Kritikos Auskunft, schreibt für überregionale Zeitungen und kommentiert das aktuelle Geschehen in dem krisengeschüttelten Land, in dem ein Teil seiner Familie zu Hause ist. Er selbst stammt aus München. Hier studierte er Wirtschafts- und Politikwissenschaften, promovierte an der Humboldt Universität in Berlin und habilitierte an der Europa-Universität Viadrina. Heute leitet er am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin die Querschnittsgruppe „Entrepreneurship und Innovation“ und lehrt als Professor für Industrie- und Institutionenökonomie an der Universität Potsdam.

In der Reihe „Perlen der Wissenschaft“ stellen wir regelmäßig Forscherpersönlichkeiten vor, die in einer der mit der Universität Potsdam vernetzten Forschungseinrichtungen des „pearls – Potsdam Research Network“ tätig sind. In dieser Ausgabe: Prof. Dr. Alexander Kritikos vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Entrepreneurship – ein schwieriger Begriff. Nicht einfach gleichzusetzen mit Unternehmertum. Vielmehr geht es um den Prozess des Gründens und Entscheidens, des Führens und Verhandelns, des Erneuerns und Investierens. Und dies möglichst nachhaltig. Den Wirtschaftswissenschaftler Alexander Kritikos interessiert, wie Gründerinnen und Gründer beschaffen sein müssen, um ihr Unternehmen erfolgreich zu starten und im Weiteren – auch durch schwieriges Fahrwasser – sicher zu manövrieren. 
Anhand eigener Erhebungen und der Auswertung der Daten des am DIW ansässigen Sozio-ökonomischen Panels ist er zu einem diskrepanten Ergebnis gekommen: Viele jener Persönlichkeitsmerkmale, die bei einer Gründung von Vorteil sind, erweisen sich später nicht unbedingt als förderlich. Zählen am Anfang Offenheit für neue Erfahrungen und eine gehörige Portion Mut zum Risiko, so braucht es später vor allem Gewissenhaftigkeit und eine Prise Unverträglichkeit. Auch das hohe Maß an Risikobereitschaft oder an Vertrauen in Mitstreiter, Geschäftspartner und Förderer, ohne das ein Start-up nicht antreten kann, sollte im fortlaufenden Betrieb mehr und mehr einer mittleren Risikotoleranz und einer kritischen Achtsamkeit weichen.
Alexander Kritikos, der für seine Untersuchungen empirische Methoden und Instrumente der Psychologie nutzt, will erklären, welche persönlichen Eigenschaften und Motive zum Erfolg führen und umgekehrt: warum so viele Unternehmen schon nach kurzer Zeit scheitern. Spielen die Motivationen aus der Zeit der Gründung eine Rolle für den späteren Erfolg oder Misserfolg? Kritikos ist es wichtig, theoretische Fragen mit einem Anwendungsbezug zu verknüpfen. Letztlich sollen die Ergebnisse seiner Forschung auch dazu beitragen, Gründungsinteressierte gezielter zu fördern oder Coaching-Angebote nachhaltiger zu gestalten.
Aktuell erforscht Alexander Kritikos mit seinem Potsdamer Kollegen, dem Wirtschaftswissenschaftler Marco Caliendo, was Unternehmen antreibt, weiter zu wachsen und neues Personal einzustellen. Wie entwickeln Entrepreneure die unverzichtbare Fähigkeit, immer wieder Innovationen hervorzubringen, eingetretene Pfade zu verlassen und neuen Ideen Raum zu geben. Mit Caliendo, der an der Universität Potsdam Professor für Empirische Wirtschaftsforschung ist, verbindet ihn das Interesse an unternehmerischen Persönlichkeitsmerkmalen und deren Einfluss auf ökonomische Ergebnisse. Nicht selten werden solche Fragen auch in den Vorlesungen und Seminaren zu Entrepreneurship und Innovation berührt, die Kritikos an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät hält. Er schätzt den intellektuellen Austausch mit den Studierenden und empfindet ihre Ideen und unkonventionellen Gedanken als Bereicherung. Ihm ist es wichtig, dass die Studierenden bei der Analyse empirischer Untersuchungen vor allem die kausalen Zusammenhänge erkennen und einordnen können. Und er motiviert sie zu überlegen, was man mit modernen Methoden und Instrumenten in aktuellen Studien besser machen könnte. Nicht selten stößt er dabei auf Forschungstalente, die er für eine Karriere in den Wirtschaftswissenschaften zu begeistern versucht. Mit Erfolg. Einen seiner derzeitigen Doktoranden am DIW hatte er bereits während der Masterarbeit an der Uni Potsdam betreut.
An interessanten Forschungsthemen für künftige Promovierende mangelt es am Berliner DIW nicht. Demnächst startet Alexander Kritikos ein neues, vom Bundesforschungsministerium gefördertes Projekt, in dem die Innovationsfähigkeit von kleinsten und kleinen Unternehmen in Deutschland und Griechenland untersucht und miteinander verglichen wird. Gemeinhin, erklärt der Ökonom, werde solchen Betrieben mit weniger als 25 Beschäftigten unterstellt, sie seien nicht innovationsfähig. „Das stimmt aber nicht“, ist sich Kritikos sicher und will nun den wissenschaftlichen Beweis antreten. Er setzt dabei auf die Zusammenarbeit mit einem griechischen Partner-Institut der Wirtschaftsforschung. Vor Ort möchte er mit ihm untersuchen, ob und wie es kleinen Unternehmen gelingt, mit Innovationen der noch anhaltende Wirtschafts- und Finanzkrise in Griechenland etwas ökonomisch Wirkungsvolles entgegenzusetzen. Wann immer Alexander Kritikos künftig darum gebeten wird, wird er auch zu diesem neuen spannenden Thema gerne Auskunft geben.

DER WISSENSCHAFTLER

Prof. Dr. Alexander Kritikos ist seit 2011 als Forschungsdirektor der Querschnittsgruppe „Entrepreneurship“ am DIW Berlin tätig. Dort leitete er zuvor seit 2008 die Abteilung Innovation, Industrie, Dienstleistung und war zwischen 2010 und 2011 Vizepräsident des DIW Berlin. Er hat eine Professur für Industrie- und Institutionenökonomie an der Universität Potsdam inne und ist Research Fellow am Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA), Bonn, sowie am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Nürnberg.

DAS DEUTSCHE INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG
Das DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) ist seit 1925 eines der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland. Es untersucht wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Zusammenhänge in gesellschaftlich relevanten Themenfeldern und berät auf dieser Grundlage Politik und Gesellschaft. Das Institut ist national und international vernetzt, stellt weltweit genutzte Forschungsinfrastruktur bereit und fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs. Das DIW Berlin ist unabhängig und wird als Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert.

Text: Antje Horn-Conrad
Online gestellt: Alina Grünky
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuni-potsdamde