„Armut ist damit tödlicher als Demenz, Unfälle, Schlaganfall, Alzheimer und Diabetes – und hat stillschweigend zehnmal so viele Menschen getötet wie alle Tötungsdelikte im Jahr 2019“, sagt Ulrich Kohler, Professor für Methoden der empirischen Sozialforschung an der Universität Potsdam. „Dennoch erhalten Schusswaffenmorde und Suizide weitaus mehr Aufmerksamkeit.“
Trotz wertvoller Beiträge früherer Forschungsarbeiten zu Einkommen und Sterblichkeit war das Ausmaß der mit Armut verbundenen Sterblichkeit in den USA bislang weitgehend unbekannt. Das Team, zu dem neben Ulrich Kohler auch David Brady von der UC Riverside und Hui Zheng von der Ohio State University gehören, hat nun erstmals konkrete Zahlen vorgelegt. „Armut ist mit potenziell lebensgefährlichem Lebensstil genauso verknüpft wie mit schlechter Ernährung und stärkerer Exposition zu gesundheitsschädlichen Umwelteinflüssen. Auch die Arbeitsplätze ärmerer Menschen sind typischerweise unfallträchtiger und krankheitserzeugend“, erklärt Kohler. „Wir konnten abschätzen, wie viele Lebensjahre durch individuelle Armut tatsächlich verloren gehen und wieviel Menschenleben das die amerikanische Gesellschaft als Ganzes kostet.“
Ihre Ergebnisse besitzen durchaus politische Dimensionen, betonen die Forscher. „Da bestimmte Bevölkerungsgruppen viel häufiger von Armut betroffen sind, können unsere Schätzungen das Verständnis für Ungleichheiten in der Lebenserwartung verbessern“, so Kohler. Nicht zuletzt sind Todesfälle mit hohen wirtschaftlichen Kosten verbunden. „Wenn es weniger Armut gäbe, wären die Menschen gesünder und ihr Wohlbefinden besser, sie könnten mehr arbeiten und wären produktiver“, so der Soziologe. „All dies sind ganz rationale Vorteile von Investitionen in Menschen durch sozialpolitische Maßnahmen.“
Zur Studie:
David Brady; Ulrich Kohler; Hui Zheng: ovel Estimates of Mortality Associated With Poverty in the US, JAMA Intern Med. Published online April 17, 2023
https://doi.org/10.1001/jamainternmed.2023.0276
https://jamanetwork.com/journals/jamainternalmedicine/article-abstract/2804032
Kontakt: Prof. Dr. Ulrich Kohler, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
Tel.: 0331 977-3565
E-Mail: ulrich.kohleruuni-potsdampde
Medieninformation 21-04-2023 / Nr. 037