Seit nunmehr drei Jahrzehnten führt die European Association for Music in Schools (EAS) Musikpädagog*innen aus ganz Europa sowie weiteren Kontinenten zu ihrer Jahreskonferenz zusammen. Diesjährige Gastgeberin war vom 24. bis 27. Juni 2023 die Université Lumière in Lyon. Das Thema der Konferenz lautete Liberty – Equity – Creativity: Innovating and Inventing Music in the Classroom. Unter Rückgriff auf den französischen Wahlspruch Liberté, Égalité, Fraternité wurden in zahlreichen Vorträgen und Workshops unterschiedliche Forschungen, Entwicklungen und Positionen zu Kreativität im Musikunterricht vorgestellt, teils erprobt und interessiert diskutiert. Neben Musikpädagog*innen und -lehrenden nahmen auch zahlreiche Studierende verschiedener Länder an der viertägigen Tagung teil. Die zentralen Veranstaltungen der Konferenz können auf dem YouTube-Kanal der EAS nachgesehen werden.
Die Musikpädagogik an der Uni Potsdam war durch Prof. Dr. Isolde Malmberg, Phillip Feneberg und Tobias Hömberg vertreten. In ihren Vorträgen thematisierten sie ihre aktuellen Arbeitsschwerpunkte mit Bezug zum Konferenzthema: Musikunterricht und nachhaltige Entwicklung, Musikerfinden in Virtual Reality, Komponieren und ‚kulturelle Aneignung‘.
Isolde Malmberg präsentierte, gemeinsam mit Prof. Dr. Marina Gall (University of Bristol, UK), Erfahrungen aus der im vergangenen Jahr 2022 an der Uni Potsdam veranstalteten Summer School. Thema ihres Vortrags war Creativity in Classroom Music and the UNESCO Sustainable Development Goals: Ausgehend von den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellte der Vortrag verschiedene Anschlüsse zu musikalischer Bildung her und zur Diskussion. Dabei wurde deutlich, dass das gemeinsame, intensive Nachdenken von Musikpädagog*innen und Studierenden vielfältige Impulse zur sorgfältigen Reflexion und zur nachhaltigen Innovation von Musikpraxen in pädagogischen Kontexten hervorbringen kann.
Phillip Feneberg gewährte Einblicke in sein laufendes Forschungsvorhaben zu Creating Music in VR Games. Anhand zweier Fallbeispiele zeigte er, wie jugendliche Proband*innen in einer virtuellen Umgebung eigene Klangskulpturen kreieren. Das Erschaffen dieser Skulpturen und das Erleben des eigenen Schaffensprozesses durch die Jugendlichen stand, nach einer Einführung zur Technologie und Forschungsmethodik, im Mittelpunkt des Vortrags. Präsentierte videografische Ausschnitte und Interviewauszüge boten erste Anlässe zur detaillierten Beobachtung und Beschreibung von Immersionserleben und kreativer Tätigkeit in diesem musikpädagogisch erst noch zu erschließenden Medium.
Tobias Hömberg wandte sich dem Thema und Motto der Konferenz in kritischer Weise zu. Sein Vortrag bezog sich auf gegenwärtige postkoloniale Vorwürfe ‚kultureller Aneignung‘ und war überschrieben mit Which Creativity? What Equity? Whose Liberty? Am Beispiel einer Hip-Hop-Komposition von deutschen Schüler*innen problematisierte er, dass die kreative Übernahme musikalischer Elemente von beliebigen Kulturen – auch im Musikunterricht – als Ausdruck einer sorglosen Freiheit bzw. hegemonialen Haltung westlicher Gesellschaften verstanden werden könnte. Entsprechend gab der Vortrag Anstöße zu einer notwendigen kritischen Selbstreflexion europäischer Schüler*innen und Musikpädagog*innen.
Am letzten Tag der Konferenz übergab Isolde Malmberg, im Anschluss an die Neuwahl des EAS-Vorstandes, ihr Amt als Präsidentin der Assoziation an ihre Nachfolgerin Marina Gall. Mit dem Vorhaben einer europaweiten Teacher Education Academy for Music (TEAM) sind sie und die Uni Potsdam mit der EAS jedoch weiterhin und in besonders enger Form verbunden.