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Internationales deutsch-französisches Kolloquium „Le monde aquatique des Lumières à la modernité“

Quelle: Cordula Wöbbeking

Die interdisziplinäre Tagung beschäftigt sich mit der Welt des Aquatischen in literarischen Texten der französischen Literatur von der Aufklärung bis zur Moderne. Dieser Bereich präsentiert sich gerade im 19. Jahrhundert in einem zuvor nie gekannten Variationsreichtum. Dazu trägt in nicht geringem Maße der Diskurs der Naturforschung der Aufklärer bei. Diderot und andere Materialisten interessieren sich für die Grenzwesen zwischen Wasser und Luft, die Amphibien (z.B. den Tintenfisch), die das System der binären Klassifikation durchkreuzen. Der Polyp als ein Wesen, das jeden abgespaltenen Teil durch Autoregeneration ersetzen kann, wird zum Reflexionsmedium eines neuen Denkens im Sinne der Natur als einer durch die ständige Transformation geprägten Welt.

Manifestiert sich aufgrund dieser Prämissen die Welt des Aquatischen zu Beginn des 19. Jahrhunderts als ein reizvolles, literarisch wie künstlerisch und musikalisch noch zu entdeckendes Universum, so zeichnet sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein eher pessimistisches Bild ab. Im Zentrum der Tagung stehen die drei großen thematischen Achsen des aquatischen Imaginaire: das Meer, der Fluss, der See. Das Meer ist nicht nur ein Dispositiv des Fernwehs und Handlungs- und Erfahrungsraum der Fischer. Es wird auch zu einer verdeckten Metapher für ein überbordendes sexuelles Begehren, das nur in heterotopischen Räumen erfüllt werden kann. Die ästhetischen Qualitäten der Küstenlandschaft zeigt auch das in der französischen Literatur und Kunst des 19. Jahrhunderts beliebte Motiv der Badenden. Der Meeresstrand kann andererseits zum Ort sinistrer Dramen und grausamer Verbrechen werden.

Auch der Fluss wird im 19. Jahrhundert zu einem wichtigen Dispositiv der Imagination. Im Rahmen einer Theorie der vitalistischen Energetik verbindet sich mit ihm die Frage nach dem Geheimnis der Lebenskraft und der Lebensenergie, die die Wesen unterschwellig durchströmt. Das dunkle Wasser der Seine zieht den des Lebens Überdrüssigen magisch an und verleitet ihn zum Selbstmord. Während die Seine häufiger als negativ besetzter Ort der Lebensmüdigkeit fungiert, erfährt die sonnige Loire eine Konnotation mit den Mythen der Verführung durch romantisch-nostalgische Wunschbilder des Weiblichen, wie ätherische Luftwesen (Sylphide) und unsterbliche Undinen. Der Fluss kann aber auch zum Ort des Verbrechens werden. Als Dispositiv der Angst erzeugt die Imagination der Seine phantastische Gespenster- und Traumvisionen. Auch das Ophelia-Motiv erfährt diverse dekadentistische und symbolistische Variationen. In der Darstellung der Küste von Étretat verschmelzen die impressionistische Malerei und die naturalistische Literatur.

Eine dritte Achse des aquatischen Imaginaire bildet der See, der z.B. als alpiner Gebirgssee in den Romanen, den Bildwerken und der Musik der Romantik eine Rolle spielt. Weitere Spielarten sind der Weiher, das Moor, der Teich oder der Tümpel sowie der Brunnen.

Ein Thema der französischen Literatur ist schließlich auch die heilsame Energie des Wasserfalls, wie ihn der Spaziergänger im entlegenen Refugium des Parks aufsuchen kann. Dieser Ort der Kontemplation bildet nicht nur einen Gegenstand der Literatur und der bildenden Kunst, sondern auch der Musik, wie der Pianist Alessandro Riccardi in seinem Klavierkonzert am 25. Juni 2024 unter Beweis stellen wird. Zum Programm der Soirée, in der es auch um musikalische Kaskaden geht, zählen Les jeux d’eaux à la Villa d’Este von Liszt sowie die Jeux d’eau von Ravel.

Das Kolloquium wird veranstaltet vom Lehrstuhl Romanische Literaturwissenschaft (Prof. Cornelia Klettke) in Zusammenarbeit mit den Universitäten Toulouse (Prof. Fabienne Bercegol) und Sorbonne (Prof. Pierre Glaudes)

Veranstaltungsart

Tagung

Sachgebiet

Philosophische Fakultät
Romanistik

Universitäts-/ Fachbereich

Philosophische Fakultät

Termin

Beginn
25.06.2024, 09:00 Uhr
Ende
26.06.2024, 16:45 Uhr
am 26.06. von 9:00-14:15, Botanischer Garten, Maulbeerallee, Raum 5.02.1.01

Veranstalter

Lehrstuhl für Romanische Literaturwissenschaft (Französisch/Italienisch), Prof. Dr. Cornelia Klettke

Ort

Universität Potsdam, Campus I - Am Neuen Palais, Haus 8, Raum 0.56
Am Neuen Palais 10
14469 Potsdam
Lageplan

Kontakt

Cordula Wöbbeking
Am Neuen Palais 10, Haus 19
14469 Potsdam

Telefon: 0331 977-4207