Finanzen und Versicherungen
Nicht immer wenn ein Studium sich dem Ende nähert, gelingt ein nahtloser Übergang, sondern es kann auch zu einer Zwischenphase kommen, in der man nicht mehr studiert, aber auch noch nicht arbeitet. Viele Studierende stellen sich dann die Frage, was in dieser Phase organisatorisch alles zu beachten ist. Wir haben hier die wichtigsten Infos zusammengestellt, um einen groben Überblick zu bieten.
Sollte man nach dem Studium erst einmal auf Jobsuche sein und sich währenddessen nicht vollständig selbst finanzieren können, ist es wichtig die eigene Arbeitslosigkeit rechtzeitig beim Arbeitsamt anzumelden. Hierzu sollte man sich mindestens drei Monate vor dem Abschluss des eigenen Studiums auf dem Online- Portal der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend melden. Um die Leistungen dann vollständig beantragen zu können, ist es mit Abschluss des Studiums nötig, sich arbeitslos zu melden.
Arbeitslosengeld I
Grundlegend handelt es sich bei dem Arbeitslosengeld 1 um eine Versicherungsleistung. Sie setzt also eine Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung fest voraus. Hierbei ist das Arbeitslosengeld I an eine „Anwartschaftszeit“ gekoppelt. Inhaltlich bedeutet dies, dass man im Zeitraum von mindestens 30 Monaten vor dem Anmelden der Arbeitslosigkeit für wenigstens 12 Monate entweder pflichtmäßig oder freiwillig in der Arbeitslosenversicherung versichert sein musste. Eine solche Versicherung kann dabei auch bereits über ehemalige Anstellunsgverhältnisse durchgeführt worden sein. Auch die Erziehung eines Kindes (bis 3 Jahre), oder Zeiten, in denen man Krankengeld erhielt, werden in die Anwartschaftszeit mit einbezogen. Auch Zeiten, in denen Wehr- oder Bundesfreiwilligendienst geleistet wurde, können als Anwartschaftszeit angerechnet werden. Da Studierende, die Vollzeit ihrem Studium nachgehen, von Versicherungspflichten befreit sind, treffen die Bedingungen der Anwartschaftszeit auf die meisten Studierenden nicht zu. Ausnahmen können bestehen, wenn man in Teilzeit studiert oder z. B. die Phase zwischen Bachelor und Master genutzt hat, um voll berufstätig zu sein. In diesen Ausnahmefällen könnte es sein, dass man voll sozialversicherungspflichtig tätig war und .
Neben dem Erhalt von Arbeitslosengeld, stehen nach einer Arbeitslosmeldung die Beratungs- und Vermittlungsleistungen der Arbeitsagentur zur Verfügung. Auch Kosten für Bewerbungen oder für Fahrten zu Vorstellungsgesprächen können bei der Agentur geltend gemacht werden. Zusätzlich lohnt es sich, die Weiterbildungsangebote der Arbeitsagentur in Anspruch nehmen. Sobald man sich arbeitslos gemeldet hat, besteht die Pflicht etwaige Termine bei der Agentur wahrzunehmen: Hierbei muss man nachweisen, dass man sich aktiv bewirbt und auf die angebotenen Vermittlungsvorschläge eingeht.
Bürgergeld
Für alle, die keine Berechtigung für den Erhalt von Arbeitslosengeld haben, ist das Bürgergeld (ehemals Arbeitslosengeld II bzw. „Hartz IV“) die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung zu erhalten, die keine vorherige Versicherung in der Arbeitslosenversicherung voraussetzt.
Anders als das Arbeitslosengeld I handelt es sich beim Bürgergeld nicht um eine versicherungs- sondern um eine staatliche Sozialleistung. Diese richtet sich nach dem grundlegenden Bedarf der Antragsteller*innen und wird unabhängig vom vorherigen Lohn berechnet. Die Höhe des erhaltenen Bürgergeldes setzt sich aus dem Bedarf für Miete (angepasst an die Haushaltsgröße) und Berechnungen zum Einkommen/Vermögen der leistungsberechtigten Person und Informationen zu den jeweiligen Haushaltsmitgliedern zusammen. Sollte das Arbeitslosengeld nicht zum Überleben ausreichen, kann das Bürgergeld als zusätzliche Stütze beantragt werden. Um im Zuge der Beantragung keine Angaben zum eigenen Vermögen falsch zu tätigen (auch Wertgegenstände können dazu gezählt werden), ist die Inanspruchnahme eines Beratungsgespräches bereits kurz vor dem Studienabschluss beim örtlichen Jobcenter ratsam und verschafft zusätzlich Sicherheit. Hier können auch etwaige Fragen zum Fortgang potenzieller Zahlungen, Bedingungen und Kombinationsmöglichkeiten mit dem Arbeitslosengeld oder beruflichen Tätigkeiten mit den staatlichen Bezügen beratschlagt werden. Zur Terminfestlegung lassen sich über die Webseite der Bundesagentur für Arbeit das jeweilig zuständige Jobcenter (für Potsdamer also das Jobcenter in Potsdam), wichtige Merkblätter zum Anspruch auf Bürgergeld sowie Terminvergaben für Beratungsgespräche finden.
Krankenversicherung
Sobald der Studierendenstatus endet, verliert man auch die vergünstigte studentische Krankenkassenmitgliedschaft. Aufgrund der in Deutschland geltenden Krankenversicherungspflicht muss man sich dann freiwillig krankenversichern, solange man sich in keinem Angestelltenverhältnis befindet oder Arbeitslosen- bzw. Bürgergeld erhält.
Manche Krankenkassen bieten einen etwas günstigeren Absolvent*innentarif an. Hier lohnt es sich, auch zu prüfen, ob man gegebenfalls noch über die Familie versichert werden kann. Eine direkte Anfrage bei der eigenen Krankenkasse mit einer Bitte um persönliche Beratung verschafft einem Sicherheit und unterstützt dabei, genügend Informationen zu den besten Versicherungsmöglichkeiten zu erlangen.
Grundlegend gilt: während des Bezuges von Arbeitslosengeld und/oder Bürgergeld ist man durch die Agentur für Arbeit bei einer gesetzlichen Krankenkasse kranken- und pflegeversichert.
Steuerfragen
Steuerklasse
Mit Antritt einer Stelle ordnet das Finanzamt alle Arbeitnehmer*innen, abhängig von ihrem Familienstand einer Steuerklasse zu. Diese Steuerklasse ändert sich nur, wenn sich etwas am Familienstand ändert oder man einen einen zusätzlichen Job annimmt. Wenn Sie während Ihres Studiums mehrere Nebentätigkeiten hatten und daher mit einer dieser Tätigkeiten in die Steuerklasse 6 eingestuft wurden oder sich Ihr Familienstand geändert hat, sollten Sie sicherstellen, dass Ihre neue Tätigkeit unter der passenden Steuerklasse angemeldet wurde, um nicht unnötig Steuern zu zahlen.
Steuererklärung
Wer im Laufe seines Studiums noch keine Steuererklärung angefertigt hat, kann innerhalb der ersten vier Jahre nach dem Studienabschluss eine rückwirkende Erklärung einreichen, mithilfe derer im Studium angefallene Kosten geltend gemacht werden können. Die Summe der Auszahlungen wird hierbei anhand unterschiedlicher Faktoren wie dem eignen Verdienst während des Studiums, dem jährlichen Steuerfreibetrag, sowie der jeweiligen steuerlichen Einordnung des eigenen Bildungsweges (beispielsweise in Erst- oder Zweitausbildung) festgelegt. Aus diesem Grund müssen die Angaben hierzu gewissenhaft und genau getätigt werden.
Neben den studentischen Ausgaben, können auch Nebenjobs während des Studiums eine Rolle für steuerliche Rückzahlungen spielen. Da die Begrifflichkeiten hierbei durchaus verwirrend sein können und es nicht sofort ersichtlich ist, unter welchen gesetzlichen Rahmenbedingungen Rückzahlungen erfolgen, lohnt es sich eine Beratung aufzusuchen z. B. bei einer Verbraucherzentrale, einem Lohnsteuerhilfsverein oder bei einem Steuerberater des Finanzamtes.
Sollten die Eltern während des Studiums finanzielle Unterstützung gewährleistet haben, können auch diese Ausgaben mithilfe einer Steuererklärung gegebenenfalls abgesetzt werden. Ob die Eltern Teile des Unterhaltes oder Zahlungen an die Krankenkasse steuerlich geltend machen können, hängt dabei von unterschiedlichen Faktoren ab, die das studierende Kind betreffen. Hierzu zählen beispielsweise der Kindergeldanspruch, der Anspruch auf Kinderfreibetrag, das Wohnverhältnis des Kindes, das Alter (definitiv älter als 18 Jahre alt) oder sogenannte „außergewöhnlichen Belastungen“.
BAFöG-Rückzahlungen
Hat man während des Studiums BAföG erhalten, ist es wichtig, sich einen Plan über die Rückzahlung der Studienfinanzierung zu machen. Die Rückzahlungen für das Darlehen sind auf einen Höchstbetrag von 10.010 Euro des Darlehens beschränkt (Stand Oktober 2022). Auch wenn die Rückzahlungen erst fünf Jahre nach Förderungshöchstdauer begonnen werden müssen und Absolvent*innen dementsprechend bereits einige Zeit im Beruf verbleiben konnten, setzt die Rückzahlung des BAföG in einigen Fällen eine langfristige Planung der eigenen Finanzen voraus. Hier ist es also wichtig die im Dreimonatsrythmus anfallende monatliche Rückzahlungsrate von 130 Euro als kontinuierlich anfallende Ausgabe nach dem Studium für die betreffenden Jahre mit einzukalkulieren. Auch bei anderweitigen Studienkrediten fallen Nachzahlungen an: Es ist gut, diese ebenso im Blick zu behalten, wie aktuelle laufende Lebenshaltungskosten.
Weitere Versicherungen
Neben der Krankenversicherung, die ja wie oben erwähnt, gesetzlich vorgeschrieben ist, kann es - je nach persönlicher Situation - sinnvoll sein, weitere freiwillige Versicherungen abzuschließen.
- Eine private Haftpflichtversicherung kann ratsam sein, da ohne diesen Schutz im Schadensfall jede Haftung selbstständig und eigenhändig bezahlt werden muss. Je nach Art der Haftpflichtversicherung umfasst diese nicht nur Personen- sondern auch Sach- und Vermögensschäden.
- Eine Berufsunfähigkeitsversicherung sichert finanziell ab, wenn man aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit seinen Beruf nicht ausüben kann.
- Eine Auslandskrankenversicherung erscheint vor allem für sehr reisefreudige Menschen sinnvoll. Sie schützt vor Kosten, die durch ärztliche Behandlungen und/oder andere medizinische Leistungen im Ausland anfallen. Zusätzlich übernimmt sie auch den Rücktransport aus dem betreffenden Ausland nach Deutschland.
- Auch mit dem Thema private Rentenvorsorge sollte man sich gedanklich mal auseinandersetzen. Da die gesetzliche Rentenversicherung alleine in Zukunft höchstwahrscheinlich nicht ausreichen wird, um seinen Lebensstandard zu wahren, erscheint es empfehlenswert, sich auch schon während des Studiums oder zum Berufseinstieg über private Vorsorgemöglichkeiten zu informieren und darauf aufbauend zusätzlich für das Alter zu sorgen. Die Deutsche Rentenversicherung rät hierbei auf drei Säulen der Altersvorsorge zu bauen: gesetzlich, betrieblich und privat. Bei Bewerbungs- und Einstellungsprozessen kann es sich lohnen, die Arbeitgeber*innen zu fragen, ob und inwiefern eine betriebliche Altersvorsorge möglich ist. Es gibt verschiedene Modelle der betrieblichen Altersvorsorge, die je nach Arbeitsvertrag, Lebenslage, gesetzlichen Rahmenbedingungen und Zukunftswünschen sinnvoll sind oder nicht. Dasselbe gilt für die private Altersvorsorge. Daher ist es vor Abschluss einer betrieblichen oder privaten Altersvorsorge wichtig, sich umfassend zu den Angeboten zu informieren und erst dann eine Entscheidung zu treffen.
Welche dieser freiwilligen Versicherungen für Sie persönlich sinnvoll sind, müssen Sie selbst einschätzen. Informationen und Beratung dazu finden Sie auch auf der "Geld- und Versicherungsseite" der Verbraucherschutzzentralen. Diese bieten in ihren Landesvertretungen auch persönliche Beratungen an.