Sportpsychologie
Beim Biathlon müssen Athlet*innen dazu in der Lage sein, von einem Moment auf den anderen zwischen zwei Extremen zu wechseln: Ausdauer beim Skilanglauf und Präzision beim Schießen. Ein Fehlschuss wirft da den Einen oder die Andere schnell aus der Bahn und damit aus der Medaillenqualifikation. Diese und weitere sportliche Wettkampfsituationen werden meist nicht nur vom technischen Können, sondern maßgeblich von der Psyche der Sportler*innen entschieden und fallen somit in den Bereich der Sportpsychologie.
Bei der Sportpsychologie handelt es sich also um ein interdisziplinäres Gebiet im Spannungsfeld zwischen sportlicher Aktivität und kognitiven Gegebenheiten. Sie wird allgemein noch als Nischenbereich angesehen, gewinnt aber zunehmend an Bedeutung, denn insbesondere im Leistungssport ist der mentale Zustand von Athlet*innen oft entscheidend, um sportliche Höchstleistungen zu erbringen und im Wettkampf erfolgreich sein zu können, da körperliche oder technische Unterschiede zu anderen Teilnehmenden meist nur noch sehr fein sind. Eine sogenannte sportpsychologische Beratung zielt daher auf einen konstruktiven Umgang mit psychologischen Faktoren, wie zum Beispiel Anspannung oder Konzentration ab, die sich sowohl positiv, als auch negativ auf die Performance eines*r Athlet*in auswirken können. Hier zeigen sich Parallelen zur allgemeinen psychologischen Beratung beziehungsweise zum Coaching, da auch diese zum Ziel haben, mit Hilfe psychologischer Methoden individuelle Hürden zu meistern. Sportpsychologie umfasst allerdings nicht nur die sportpsychologische Beratung und Betreuung von Einzelathlet*innen oder Teams vor und während eines Wettkampfes, sondern auch die Schulung von Trainer*innen in Bezug auf die Integration psychologischer Methoden in unterschiedliche Trainingsabläufe und in die Wettkampfvorbereitung (siehe auch: Gesundheits-, Fitness- und Vereinstraining und Trainingswissenschaften) oder die Rehabilitationsunterstützung nach einer Verletzung.
Anstellung bei Sportvereinen, Olympiastützpunkten oder in wissenschaftlichen Forschungsprojekten
Sportpsycholog*innen sind beispielsweise bei Sportvereinen, Verbänden oder an Olympiastützpunkten angestellt und übernehmen dort primär Betreuungs- und Beratungsaufgaben. Themen sind dabei zum Beispiel die Klärung der eigenen Motivation, das Visualisieren von Bewegungsabläufen oder das Verarbeiten vergangener Wettkampferfahrungen. Dies kann auch bereits für Nachwuchssportler*innen erfolgen.
Weitere Stellen für Sportpsycholog*innen finden sich außerdem häufig in der Forschung und Lehre als wissenschaftliche*r Mitarbeiter oder Professor*in an Psychologie- und Sportwissenschaftsfakultäten oder bei entsprechenden Forschungsprojekten. Auch eine Tätigkeit als Leiter*in von sportpsychologischen Seminaren und Workshops oder als freiberufliche*r Sportpsycholog*in ist möglich.
Fachliche Voraussetzungen sind in vielen Fällen sowohl ein Bachelor-, als auch ein Masterabschluss in Psychologie oder Sportwissenschaften mit entsprechenden fachlichen Schwerpunktlegungen (Neuropsychologie, Neurophysiologie, diagnostische Verfahren) und nachweisbarer Praxiserfahrung im Bereich (zum Beispiel als ehrenamtliche*r Trainer*in), oder aber auch ein Masterabschluss in Sportpsychologie, welcher derzeit von wenigen, ausgewählten Hochschulen angeboten wird. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, im Anschluss an das Masterstudium eine kostenpflichtige Ausbildung zum*r „Sportpsychologische*r Expert*in“ zu absolvieren, welche vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) und dem Verein „Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie in Deutschland e.V.“ (asp) anerkannt ist und für manche Stellen explizit gefordert wird. Der Begriff „Sportpsycholog*in“ ist an sich jedoch keine geschützte Berufsbezeichnung. Im Sinne einer allgemeinen Qualitätssicherung sportpsychologischer Angebote führt das BISp eine sogenannte „Expertenliste“ mit anerkannten sportpsychologischen Expert*innen und bietet die Möglichkeit, einen Antrag auf eine Aufnahme in diese zu stellen. Obwohl Sportpsychologie in erster Linie auf Leistungssportniveau eine Rolle spielt, können die psychologischen Auswirkungen von sportlicher Aktivität auch für die therapeutische Arbeit mit Nicht-Leistungssportler*innen spannend sein und beispielsweise in eine allgemeine Beratung, Verhaltenstherapie oder Rehabilitation einfließen. Solche sportbezogenen Einsatzmöglichkeiten für Psycholog*innen jenseits des Leistungssports finden sich z. B. in der Prävention und Aufarbeitung psychischer und physischer Gewalt in Sportvereinen, als Schulpsycholog*in in Sportinternaten oder auch als Gesundheits-, Bewegungs- oder Ernährungscoach bei Gesundheits-Start-ups, Fitnesseinrichtungen sowie im betrieblichen Gesundheitsmanagement.