Risikomanagement
Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker - was mittlerweile wie eine Platitüde aus der Werbung erscheint, verdeutlicht eine unternehmerische Grundkonstante: Alle Firmen sind in ihrem Wirken mit Geschäftsrisiken konfrontiert. Mal mit kleineren, wie z. B. dem Verlust von Kund*innen, mal wie beispielsweise im Gesundheits-, Lebensmittel- oder Finanzbereich mit größeren, die sich unter Umständen auf die gesamte Gesellschaft auswirken können. Mit solchen Geschäftsrisiken zu planen und sinnvoll umzugehen ist Aufgabe des Risikomanagements.
Als eine Teilaufgabe des Managements beschäftigt es sich mit dem planvollen, analytischen Umgang mit Risiken – sowohl auf strategischer, als auch auf operativer Ebene. Strategisch bedeutet hier, zunächst festzulegen, welche Haltung eine Organisation gegenüber Risiken generell einnehmen soll - risikofreudig vs. risikovermeidend. Denn obschon der Begriff „Risiko“ im umgangssprachlichen Gebrauch eher mit Gefahr assoziiert wird, ist er laut internationaler Norm für Risikomanagement neutraler besetzt.
So versteht man unter einem Risiko zunächst „die Auswirkung von Unsicherheit auf Ziele“ und diese kann sowohl in eine negative als auch in eine positive Richtung ausschlagen. Es geht beim Risikomanagement also nicht per se darum, Risiken zu vermeiden, sondern je nach Organisationsform und Zielsetzung abzuwägen, wie mit ihnen umgegangen werden soll. Auf operativer Ebene werden Risiken dann identifiziert, analysiert und bewertet, sowie Szenarien entwickelt, wie diese gesteuert werden können.
Als fortlaufender und abteilungsübergreifender Prozess bringt das Risikomanagement wichtige Vorteile für eine Organisation: neben der Minimierung von Ängsten und Unsicherheiten ermöglicht es die dadurch gewonnene stärkere Transparenz, Chancen zu erkennen und zu nutzen und erleichtert so die Entscheidungsfindung.
Die Grundlage für eine Tätigkeit im Risikomanagement bildet oft ein Studium der BWL oder Mathematik, häufig ist es darüber hinaus aber auch notwendig, spezifisches Wissen durch einschlägige Weiterbildungen aufzubauen. Kernkompetenzen, die im Risikomanagement von Bedeutung sind, sind Prozessverständnis, (wirtschafts-) mathematische Kenntnisse, sowie ein breit aufgestelltes Wissen um die Grundlagen der Unternehmensführung. Wichtige Spezialkenntnisse sind z. B. der Einsatz von Simulationsverfahren und Bewertungsmethoden. Anhand dieser berechnen Risikomanager*innen mögliche Risiken, erstellen entsprechende Reportings und leiten daraus Handlungsempfehlungen ab. Es ist ihre Aufgabe für erkannte, mögliche Risiken Lösungsvorschläge und alternative Vorgehensweisen zu entwickeln, weswegen sie zum Teil auch eng mit dem Prozessmanagement, der Qualitätssicherung und der Produktentwicklung zusammenarbeiten.
Bereitschaft etablierte Strukturen zu hinterfragen und neu aufzusetzen sind Voraussetzung für erfolgreiches Risikomanagement
Die Anwendungsgebiete des Risikomanagements sind vielfältig und die Schwerpunktsetzung stark kontextabhängig. Für Finanzdienstleister und Kreditinstitute steht zweifelsfrei die Steuerung finanzieller Risiken im Mittelpunkt, für Versicherungsunternehmen ist der Umgang mit dem Risiko die eigentliche Geschäftsidee, während für eine Behörde auch Prozessrisiken und politische Risiken eine große Rolle spielen können. Auch Krisenprävention kann ein Bestandteil von Risikomanagement sein, beispielsweise für ein Chemieunternehmen, das im Vorfeld Risikofaktoren für Unfälle minimieren bzw. Notfallpläne für einen solchen Fall entwickeln muss. Abzugrenzen ist das Risikomanagement allerdings vom Krisenmanagement und vom Katastrophenmanagement, dass sich gezielt mit der Vorbeugung, Früherkennung und Bewältigung von Krisen bzw. Katastrophen beschäftigt, aber kein integraler Bestandteil des Managementbaukastens für ein Unternehmen sein muss.
Unternehmen sind im Allgemeinen rechtlich nicht verpflichtet ein Risikomanagementsystem einzuführen. Jedoch verlangt das KonTraG (Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich) dies von Aktiengesellschaften und empfiehlt es auch allen anderen Unternehmen. Börsennotierte Großkonzerne können in aller Regel eigene Risikomanagementsysteme unterhalten und verfügen auch über die notwendige Datenbasis, um Risiken verlässlich zu bewerten. Mittelständische Unternehmen oder andere kleinere Organisationen hingegen greifen häufiger auf externe Risikomanagementdienste zurück (z. B. von Ratingagenturen). Aber auch eine Verknüpfung von Controlling oder Qualitätsmanagement mit dem Risikomanagement ist eine ressourcensparende Lösung.
Die Akzeptanz aller Beteiligten sowie Transparenz und eine offene Kommunikation spielen hier eine wesentliche Rolle, denn Risikomanager*innen müssen oft auch kritisch auftreten und Konflikte aushalten. Sie berichten direkt an den Vorstand einer Organisation und darin liegt auch schon eine der größten Herausforderungen. Ein positiver und aktiver Umgang mit Kritik ist nicht selbstverständlich - eine mangelnde Risikokultur und die fehlende Bereitschaft Probleme und Prozesse neu zu durchdenken, können sich für das Risikomanagement zu einem großen Hemmnis auswachsen. Es erfordert Professionalität und Fingerspitzengefühl zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Impulse zu geben. Risikomanager*innen müssen daher über strategisches Denken, analytische Fähigkeiten und Kommunikationsgespür verfügen; entscheidungsfreudig und stressresistent sein. Für den Einstieg empfehlen sich frühe Erfahrungen durch Praktika und Nebentätigkeiten.