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Ina Westphal

Portrait Ina Westphal

ist geschäftsführende Gesellschafterin

bei "Hellmund. Die Personalberater."

 

Was haben Sie studiert?

Ich habe zunächst Lehramt (Grundschule) studiert und im Anschluss noch eine kaufmännische Ausbildung absolviert.
 

Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?

Nicht sofort und direkt. Wie viele andere auch bin ich eine typische Quereinsteigerin in diesen Beruf. Zunächst habe ich 13 Jahre lang in einem Großkonzern in verschiedenen operativen (Produktion) und Stabsfunktionen (Personalentwicklung, Recruiting, Interne Kommunikation) als Führungskraft gearbeitet und so unterschiedliche Bereiche eines Unternehmens durchlaufen. 2006 entschied ich mich für die Selbständigkeit (Unternehmensberatung). 2012 wechselte ich in die Personalberatung. Seitdem bin ich Mitinhaberin und Partnerin einer Personalberatung mit Sitz Potsdam.
 

Welche drei Sachen haben Sie auf der Arbeit zuletzt erledigt?

  • mit Kandidat*innen telefoniert (wie eigentlich jeden Tag) und ausführliche Interviews geführt.
  • an der Neukonzeption oder dem Einsatz eignungsdiagnostischer Verfahren für Kund*innen gearbeitet.
  • Termine vorbereitet und Mandant*innen beraten.
     

Welche Art von Unternehmen und Organisationen beraten Sie?

Wir sind eine hochspezialisierte Personalberatung und arbeiten bundesweit für Unternehmen (KMU und Konzerne) aus der TIC-Branche (steht für Testing, Inspection und Certification – kurzgesagt für Prüfdienstleister) und für Unternehmen oder Organisationen, die Funktionen im Qualitätsmanagement oder im Bereich Nachhaltigkeit besetzen möchten.
 

Welche Dienstleistungen gehören zu Ihrem Portfolio?

Wir sind eine Personalberatung und damit im Executive Search tätig. Das heißt, wir unterstützen Unternehmen bei der Neu- oder Nachbesetzung von Vakanzen. Vor allem unterstützen wir bei der Besetzung von Spezialist*innenfunktionen (z. B. Sachverständige, Auditor*innen) und von Führungsfunktionen (Mittelmanagement bis Geschäftsführungsebene). Und wir unterstützen im Rahmen der Karriereberatung Kandidat*innen, die sich beruflich in den von uns betreuten Branchen/ Bereichen neu orientieren möchten. Wir beraten somit beide Seiten, unser Schwerpunkt liegt aber eindeutig im Executive Search („Headhunting“).
 

Wie viele potentielle Kandidat*innen stellen Sie Ihren Kund*innen pro Stelle ungefähr vor?

Bei uns bestimmen die Qualität, der Arbeitsmarkt und die Rahmenbedingungen darüber, wie viele Kandidat*innen wir für eine Position vorstellen. Noch vor wenigen Jahren haben wir drei bis fünf Kandidat*innen unseren Kund*innen vorstellen können. Heute, und in sehr engen Bewerber*innenmärkten, in denen es beispielsweise nur wenige Spezialist*innen mit einer bestimmten Expertise gibt, können das auch nur ein oder zwei Kandidat*innen sein. Entscheidend ist, dass die Kandidat*innen den Anforderungen für die Position möglichst nahekommen, was wir durch ein mehrstufiges Verfahren für unsere Kund*innen absichern.
 

Wie lange brauchen Sie, um eine Stelle zu besetzen?

Das hängt von mehreren Faktoren ab, die wir nicht alle beeinflussen können. Es ist möglich, dass wir nach zwei bis sechs Wochen Kandidat*innen vorstellen, unser Auftraggeber sich schnell entscheidet und dem*der Kandidat*in fix einen Vertragsvorschlag unterbreitet. Was den Prozess natürlich verlängert, sind die internen Entscheidungsprozesse oder das aufwändige Bewerbungsprocedere (Zahl der Termine etc.) beim Auftraggeber. Das heißt für uns, die Kandidat*innen intensiv betreuen und dem Unternehmen „gewogen“ halten. Darüber hinaus gibt es auch Positionen für die beispielsweise in Deutschland nur 30 Kandidat*innen (mit exakt dieser Expertise) am Markt verfügbar sind. Da braucht es manchmal viel Zeit, mehrere Gespräche, Bedenkzeit und jede Menge Überzeugungsarbeit, um solche Kandidat*innen zu einem Wechsel zu bewegen. Das geht nicht immer von heute auf morgen.
 

Woran erkennt man eine gute Stellenausschreibung?

Eine gut gemachte Stellenanzeige liefert wesentliche Informationen und schafft so erstes Vertrauen. Sie gibt Auskunft über:

  • das Unternehmen und die suchende Abteilung
  • die Hauptaufgabe (so konkret wie möglich)
  • die relevanten Anforderungen (keine nicht enden wollende Wunschliste)
  • das Angebot des Unternehmens (Rahmenbedingungen, Benefits)

Sie vermeidet überflüssige Worthülsen: „Sie sind teamfähig und arbeiten selbständig“, „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“. Sie darf ungewöhnlich aufgemacht und formuliert sein, damit sie die Aufmerksamkeit der Bewerber*innenzielgruppe erhält. Denn das wird heute bei Stellenanzeigen immer wichtiger, vor allem für Unternehmen, die keinen bekannten Namen tragen.
 

Und woran eine gute Bewerbung?

Darüber könnte ich jetzt einen längeren Vortrag halten, denn wir sind immer wieder überrascht, dass wir selbst für hochdotierte Führungsfunktionen Unterlagen von Kandidat*innen erhalten, die die Minimalanforderungen nicht erfüllen. Ich versuche es kurz:

Lebenslauf: Das ist die Visitenkarte des Bewerbenden, weshalb er alle wesentlichen Stationen, alle Qualifikationen, alle nötigen Informationen zur Person enthält, die es Personaler*innen möglich machen, ein erstes (aber schon möglichst eindeutiges) Bild zur Person zu erhalten. Ein Lebenslauf nimmt möglichst schon Bezug auf die Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle. Es mag selbstverständlich klingen, die Informationen sollten konsistent und wahrheitsgemäß sein.

Zeugnisse: Hier geht es primär um Berufsabschlüsse, Studienabschlüsse und Arbeitszeugnisse. Zertifikate (zum letzten Excel-Kurs) sind für einen ersten Eindruck nicht relevant. Wesentliche Qualifikationen können im Lebenslauf aufgelistet werden. Ausnahme: Es sei denn, es sind spezielle Abschlüsse oder Berufungen erworben worden, die explizit im Jobprofil erwähnt wurden, z. B. eine Auditor*innen-Qualifikation.

Anschreiben/ Motivationsschreiben: Für uns ist das nicht relevant, wir sprechen ja mit unseren Kandidat*innen ausführlich. Wem dies aber wichtig ist, der kann im Lebenslauf auch auf einer extra Seite sein „Qualifikationsprofil“ als Summary und seine Motivation darstellen.
 

 

„Ich sehe große Reserven bei bestimmten Arbeitsmarktzielgruppen,
die noch nicht genügend aktiviert werden (z.B. Frauen in bestimmten Lebensphasen,
ältere Arbeitsnehmer*innen, Arbeitnehmer*innen mit anderer Nationalität etc.).“

 

Wie sehen Sie die Diskussionen um den Fachkräftemangel? Sehen Sie einen erhöhten Bedarf in bestimmten Branchen?

Da wir mittlerweile einen großen Teil der Mandate in Bewerber*innenmärkten haben, für die akuter Mangel besteht und Stellen über Monate unbesetzt bleiben, ist das für uns Realität. Die Diskussion wird sicher auch einseitig geführt. Ich sehe große Reserven bei bestimmten Arbeitsmarktzielgruppen, die noch nicht genügend aktiviert werden (z.B. Frauen in bestimmten Lebensphasen, ältere Arbeitnehmer*innen, Arbeitnehmer*innen mit anderer Nationalität etc.). Bei unseren Kund*innen spüren wir eine immer größer werdende Offenheit, sich solchen Zielgruppen zu öffnen und gegebenenfalls in die Ausbildung, Qualifikation und Einarbeitung zu investieren.

Der Fachkräftebedarf ist gerade bei TIC-Unternehmen akut, weil einerseits die gesuchten Mitarbeitenden durch regulatorische oder gesetzliche Anforderungen ein hohes Qualifikationslevel benötigen. Andererseits wird diese Branche massiv von der demografischen Entwicklung eingeholt. Ein Beispiel: Die größte Alterskohorte, die aktuell als Managementsystem-Auditor*innen beschäftigt ist, ist jenseits der 55 Jahre und sogar meist deutlich älter. Deshalb spüren wir hautnah den Mangel an berufserfahrenen Kandidat*innen für alle möglichen Arbeitsbereiche (vor allem Expert*innenfunktionen, wie z.B. Auditor*innen für Managementsysteme oder Produkte, Sachverständige aller Art).

Unternehmen und Organisationen, die den Bereich Nachhaltigkeit neu aufbauen, sind mit dem Fachkräftemangel ebenfalls konfrontiert, denn es gibt noch nicht genügend ausgebildetes und qualifiziertes Personal für das Thema. Das ist z. B. eine große Chance für Absolvent*innen.
 

Inwiefern beeinflussen neue digitale Entwicklungen das Recruiting oder die Personalauswahl Ihrer Kund*innen und auch Ihre eigene Arbeit?

Unsere Branche wird stark von digitalen Technologien beeinflusst. Das wird auf Veranstaltungen und Konferenzen viel diskutiert. Es vergeht kein Monat, in dem nicht ein neuer Anbieter eine neue Plattform für die Personalbeschaffung vorstellt. Da ist der Markt in den letzten Jahren geradezu explodiert. Viele der Anbieter verschwinden allerdings nach kurzer Zeit wieder. Das Problem, die Anwendungen sind sich zu ähnlich, sprechen die gleiche oder eine zu kleine Zielgruppe an oder sie lösen das Problem nicht ganzheitlich. Für uns bedeutet das: Die Identifikation von Kandidat*innen wird immer stärker durch Software, große Datenbanken und mittlerweile KI-Lösungen unterstützt. Wir nutzen verschiedene digitale Tools, die uns die Suche vereinfachen. Algorithmen sind aber nur so gut, wie die Personen, die sie programmieren und die Informationen, mit denen sie trainiert werden. Die Qualitätsunterschiede sind deshalb für unseren Bereich noch beträchtlich.

 

„Wir nutzen verschiedene digitale Tools, die uns die Suche vereinfachen.
Algorithmen sind aber nur so gut, wie die Personen, die sie programmieren
und die Informationen, mit denen sie trainiert werden.“

 

Gibt es generelle Empfehlungen, die Sie Bewerber*innen aus Ihren Erfahrungen mitgeben können? Wie geht man die Stellensuche erfolgreich an?

Heute ist es wichtig, über viele verschiedene Kanäle nach einem Job zu suchen und vor allem als Person sichtbar zu sein. Unser Rat lautet deshalb, schon im Studium/ in der Ausbildung konsequent sein eigenes Netzwerk aufbauen. Kommiliton*innen, frühere Kolleg*innen, Sandkastenfreund*innen, Nachbar*innen – das können alles wichtige „Gatekeeper“ sein, um bei einem Berufseinstieg oder Stellenwechsel Hilfe zu bekommen. Darüber hinaus ist es heute Usus, über Business-Netzwerke (LinkedIn) oder –Spezialist*innen-Plattformen sichtbar zu sein und sich aktiv zu vernetzen. Ein genereller Rat ist, werde als Expert*in oder Führungskraft schon frühzeitig sichtbar und wahrnehmbar. Das erleichtert enorm den Jobwechsel oder den Berufseinstieg.
 

Verbringen Sie für die Beratung mehr Zeit am Schreibtisch oder unter Menschen?

Ich würde gern mehr Zeit für direkte Gespräche, Austausch und für das Netzwerken haben wollen. Als Unternehmerin muss man sich allerdings um viele andere Aufgaben und Themen ebenfalls kümmern. Es hält sich gut die Waage, ca. 60 % am Schreibtisch, 40 % in Gesprächen, Interviews, in Kundenterminen oder auf Veranstaltungen.
 

Was fordert Sie an dieser Tätigkeit heraus, was finden Sie daran spannend?

Als Personalberaterin lernt man viele Menschen näher kennen. Die Arbeit und die Gespräche mit dem einzelnen Kandidat*innen empfinde ich als sehr intensiv. Ob im ersten Kontakt, in Telefoninterviews, in persönlichen Gesprächen - ich möchte herausfinden, was der Mensch kann, was ihn ausmacht und wer er*sie ist. Dann bin ich in der Lage, eine Empfehlung meinem Auftraggeber gegenüber auszusprechen. Man erfährt manchmal auch viel Persönliches über Menschen, auch Dinge, die mit der eigentlichen Besetzung nichts zu tun haben. Das fordert mich zum einen, zum anderen freue ich mich darüber, Menschen kennenzulernen, die Schicksalsschläge überwunden, berufliche Krisen gemeistert haben oder sich im Laufe des Berufslebens weiterentwickelt haben und/oder ihre Profession gefunden haben. Das finde ich unglaublich spannend und persönlich sehr bereichernd!
 

Ihre Tipps für Berufseinsteiger*innen?

Berufseinsteiger*innen haben es traditionell etwas schwerer, den Einstieg zu finden, als Berufserfahrene. Unternehmen erwarten meist „fertige“, gereifte und erfahrene Mitarbeitende, aber wie soll ein*e Absolvent*in die Erfahrung sammeln? Doch sind die Zeiten nie besser gewesen als heute für den Berufseinstieg von Absolvent*innen. Der Fachkräftemangel, neuartige Jobprofile, digitale Technologien – es gibt deutlich mehr Möglichkeiten für Absolvent*innen, den ersten Job zu finden. Absolvent*innen/ Berufseinsteiger*innen raten wir zu studienbegleitenden Praktika oder zu Trainee-Programmen, die den Berufseinstieg erleichtern. Viele Kongresse und Veranstaltungen sind für Absolvent*innen gemacht, um potenzielle Arbeitgeber*innen kennenzulernen. Und was grundsätzlich gilt, die Zeit des Studiums oder der Ausbildung sollte man gut nutzen, um sich mit Kolleg*innen, Kommiliton*innen zu vernetzen und über soziale Netzwerke in Kontakt zu bleiben. Und als Alumni einer Universität ist es immer sinnvoll, sich in solchen Netzwerken zu engagieren, denn da begegnet man immer Menschen, die man auf Jobchancen ansprechen kann. Dieser Mix aus vielen unterschiedlichen Maßnahmen ist zwar aufwändig, aber es lohnt sich definitiv.
 

Vielen Dank für die spannenden Einblicke in die Tätigkeit einer Personalberaterin, Ina Westphal!

Das schriftliche Interview wurde im August 2018 geführt und im Juli 2024 aktualisieret.

 

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