Dr. Philipp Richter
Foto: Karoline Wolf
Was haben Sie studiert und worauf haben Sie sich spezialisiert?
Ich habe – damals noch auf Diplom – Politikwissenschaften mit den Ergänzungsbereichen Öffentliches Recht und Wirtschaftspolitik studiert und später in Verwaltungswissenschaften promoviert. Meine Vertiefungsbereiche im Studium waren „Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland“ und „Vergleichende Politikwissenschaft“, wobei ich mich inhaltlich schon während des Studiums viel mit Verwaltung und Verwaltungsstrukturen beschäftigt habe.
Wo arbeiten Sie und wie sind Sie in Ihren Beruf gekommen?
Ich arbeite im Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg – oder kurz gesagt im „MIK“. In Brandenburg war vor einigen Jahren eine Verwaltungsstrukturreform geplant – genau zu diesem Thema hatte ich meine Diplomarbeit geschrieben und später auch promoviert. Als 2016 eine Stelle für diesen Bereich ausgeschrieben war, habe ich mich beworben und wurde genommen.
Was sind Ihre Aufgaben bzw. wofür sind Sie verantwortlich?
Mittlerweile bin ich im Bereich Digitalisierung für das Thema Onlinezugangsgesetz (OZG) und hier für das OZG-Themenfeld „Ein- und Auswanderung“ zuständig. Brandenburg verantwortet für diesen Bereich bundesweit die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen – ein sehr spannendes und hochaktuelles Aufgabengebiet.
Repräsentieren oder konzeptualisieren: Wie gestaltet sich Ihr Arbeitsalltag?
Gerade beim Thema Onlinezugangsgesetz ist kein Tag wie der andere – viele Prozesse und Strukturen müssen sich im föderalen Kontext erst noch etablieren. Und OZG heißt vor allem eins: Koordination. Bundesministerien, die Ministerien anderer Länder, Kommunalverwaltung, IT-Dienstleister, externe Berater, usw. müssen für die Umsetzung des OZG alle zusammenwirken. Das verlangt viel Abstimmungsarbeit.
Welche drei Sachen haben Sie auf der Arbeit zuletzt erledigt?
Ich habe mich mit einer größeren Stadt eines anderen Bundeslandes über die Umsetzungsmöglichkeiten des OZG im Bereich „Ein- und Auswanderung“ ausgetauscht, mit dem Brandenburger Projektteam zum „Aufenthaltstitel“ die letzten Schritte zur Inbetriebnahme unserer Online-Lösung besprochen und mich mit Beratern über die Möglichkeiten eines digitalen Bürgerassistenten ausgetauscht.
Sind Sie viel unterwegs oder sitzen Sie hauptsächlich im Büro?
Wenn wir die Vor-Corona-Zeiten als Maßstab nehmen: Im OZG-Kontext fallen durchaus viele Außentermine an, aber der Großteil der Arbeit findet – wie es sich für Bürokratie gehört – natürlich im Büro statt. Diese Frage hängt aber – wie so vieles in einem Ministerium – vom konkreten Aufgabengebiet ab, in dem man arbeitet.
Bei den ganzen Verwaltungsvorschriften - Wie flexibel sind Sie in der Gestaltung Ihrer Arbeit?
Auch wenn man es intuitiv vielleicht nicht vermutet: ich bin sehr flexibel bei der Gestaltung meiner Arbeit. Aber auch hier gilt, dass dies innerhalb eines Ministeriums stark vom Aufgabengebiet abhängt. Es macht einen Unterschied, ob Sie in stark rechtlich determinierten Bereichen arbeiten oder – wie ich derzeit – de-facto in Projektstrukturen.
„Man sollte Verwaltungsarbeit nicht mit
staubiger Aktenarbeit gleichsetzen.“
Rückblickend auf Ihr Studium: Wovon profitieren Sie heute in Ihrem Beruf ganz besonders?
Auch wenn einem als Student*in die Antwort vielleicht zunächst unbefriedigend erscheint: aber am Ende sind es die während des Studiums erworbenen Metakompetenzen, von denen man profitiert. Wie erläutert mache ich inhaltlich mittlerweile etwas Anderes als während meines Studiums bzw. meiner Promotion. Aber der im Studium erworbenen Abstraktionsgrad zu Prozessen, Strukturen, Methoden, Theorien und empirischen Analysen helfen einem grundsätzlich, Problemlösungsfähigkeiten zu entwickeln.
Ist ein Promotion Voraussetzung für den Beruf des/der Referent*in?
Nein – keinesfalls. In meinem Fall hat die Promotion – wie oben erläutert – aber wegen der inhaltlichen Nähe zur ausgeschriebenen Stelle dem Einstieg sicherlich nicht geschadet.
Wie politisch darf man als Referent*in im Ministerium sein?
Die politische Linie gibt natürlich die jeweils legitimierte Hausleitung vor. Als Referent*in in einem Ministerium müssen Sie aber in jedem Fall politisch denken können, um Sachverhalte und die Konsequenzen ihrer Entscheidungen politisch einzuordnen und deren Relevanz für die Hausleitung abschätzen zu können.
Was reizt Sie an Ihrem Beruf und was fordert Sie ganz besonders heraus?
Meine aktuelle Arbeit im Bereich Onlinezugangsgesetz ist eine extrem spannende an der Schnittstelle zwischen Verwaltungsmodernisierung, Digitalisierung und Mehrebenenpolitik. Und das ist zugleich die Herausforderung: alle Akteure unter einen Hut zu bringen, ist für alle am OZG-Umsetzungsprozess beteiligten Personen sicherlich nicht immer einfach.
Was hat Sie an Ihrer Stelle überrascht? Gibt es Mythen über die Verwaltungsarbeit, mit denen gebrochen werden sollte?
Man sollte Verwaltungsarbeit nicht mit staubiger Aktenarbeit gleichsetzen. Die Aufgabenbereiche sind sehr vielfältig und die Gestaltungsmöglichkeiten durchaus hoch. Auch die Weiterentwicklungsmöglichkeiten und die Möglichkeiten der Einteilung der eigenen Arbeitszeit und des Arbeitsortes sind flexibler als man gemeinhin denkt.
Ihre Tipps für Berufseinsteiger*innen?
Viele Wege führen nach Rom: Gerade für Nicht-Jurist*innen ist der Weg in die öffentliche Verwaltung im Bereich des Höheren Dienstes wenig vorgezeichnet. Sammeln Sie während Ihres Studiums praktische Erfahrungen im Umfeld öffentlicher Verwaltung, beschäftigen Sie sich mit für Verwaltung praxisrelevanten Themen, steigen Sie – wie bei mir im Bereich Wissenschaft – gegebenenfalls zunächst in anderen Bereichen ein und bewerben sich später auf Stellen der öffentlichen Verwaltung. Und schließlich ein Tipp zum Schluss: der Bereich der Digitalisierung der Verwaltung wird in den nächsten Jahren sicherlich nicht an Bedeutung verlieren.
Vielen Dank für die spannenden Einblicke in die Tätigkeit eines Referenten im Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg, Dr. Philipp Richter!