Mobilitätsstudien haben gezeigt, dass Lehramtsstudierende seltener einen Teil ihres Studiums im Ausland verbringen als Studierende anderer Fachrichtungen. „Manche befürchten, dass sich ihr Studium dadurch verzögern könnte oder dass sie in dieser Zeit ihren Job verlieren, mit dem sie ihren Lebensunterhalt sichern. Andere haben familiäre Verpflichtungen oder arbeiten neben dem Studium in Bildungseinrichtungen, um zusätzliche Praxiserfahrungen für ihren künftigen Beruf zu sammeln“, sagt der Direktor des ZeLB, Prof. Dr. Andreas Borowski, der das DAAD-Projekt leitet. „Wir wollen diesen Studierenden deshalb auch kurzzeitige Aufenthalte an Partneruniversitäten und deutschen Schulen im Ausland ermöglichen.“
Ein gutes Beispiel, wie es gehen kann, lieferte die Arbeitsgruppe Didaktik der Mathematik, die mit Studierenden nach Reykjavik reiste, um sich mit isländischen Lehrkräften sowie Studierenden und Dozierenden der University of Iceland fachlich auszutauschen. Bei Hospitationen in Sekundarschulen lernten sie das Konzept des Thinking Classrooms kennen und nahmen an der Universität an Lehrveranstaltungen teil. Zudem konzipierten sie zwei Hybrid-Workshops zu den Themen „Sprache im Mathematikunterricht“ und „Geometrie“, die den isländischen Studierenden angeboten wurden.
Kurzzeitige Auslandsaufenthalte bieten sich auch an, um das Pflichtpraktikum in pädagogisch-psychologischen Handlungsfeldern durchzuführen, meint Borowski und berichtet, dass konkrete Möglichkeiten dafür geprüft werden. Zum Beispiel im weltweiten, von Jakarta bis Toronto reichenden Netzwerk der 16 deutschen Partnerschulen, an denen Lehramtsstudierende im Master schon jetzt ihr Praxissemester absolvieren können.
Ebenso wichtig wie Studienaufenthalte und Praktika im Ausland seien aber auch Angebote zur Internationalisierung „at home“ betont Projektkoordinatorin Stefanie Goertz und nennt eine Kooperation mit dem Potsdamer Leibniz-Gymnasium und der deutschen Rahn Schule in Kairo. Lehramtsstudierende haben hier für alle achten Klassen die internationale Projektwoche „1 Week for Future“ rund um das Thema Wasser organisiert und dabei nicht nur interkulturelle Kompetenzen geschult, sondern auch wichtige Ziele der Bildung für nachhaltige Entwicklung verfolgt. Und das nicht ohne Grund, denn das DAAD-Projekt der Potsdamer Lehrkräftebildung trägt den Titel „UP Network for Sustainable Teacher Education“ und orientiert sich an den UN-Nachhaltigkeitszielen, die nur in der globalen Gemeinschaft zu erreichen sind.
2022 hatte das ZeLB erstmals zu einer internationalen Summer School eingeladen, um zu diskutieren, wie sich die UN-Ziele in Schule und Unterricht integriert vermitteln lassen. Welches Wissen, welche Einstellungen und welche Fähigkeiten benötigen Lernende, um als global citizen Verantwortung in der Weltgesellschaft zu übernehmen? Wie können jüngere Generationen zur Mitgestaltung einer inklusiveren und nachhaltigen Zukunft befähigt werden? Und welche Rolle spielen dabei einzelne Fächer und die Schulgemeinschaft insgesamt? 60 Lehramtsstudierende aus dem In- und Ausland nahmen daran teil und entwickelten mit verschiedenen Fachdidaktiken konkrete Projektideen.
Eine der wichtigsten Voraussetzungen interkultureller Verständigung, das stellte sich auch hier heraus, sind die Sprachkompetenzen. Im DAAD-Projekt organisierten die Bereiche Deutsch als Fremd- bzw. Zweitsprache sowie inklusive Deutschdidaktik zwei Seminare mit deutschen Auslandschulen in Jakarta und Bogotá. Die Studierenden nutzten hier nicht nur die seltene Gelegenheit, mit Schülerinnen und Schülern aus dem Ausland zu arbeiten, sondern auch die Chance, internationale Erfahrungen in der digitalen Lehrpraxis zu sammeln.
Lehramtsstudierende in den Fremdsprachen seien generell offener für den internationalen Austausch, meint Andreas Borowski. „Wir wollen künftig verstärkt auch Studierende anderer Lehramtsfächer dafür motivieren, besonders in den Naturwissenschaften“, so der Physikdidaktiker. Als eine Herausforderung sieht er, dass viele Lehramtsstudierende selbst einmal an Schulen gelernt haben, in denen der Anteil von Migrantinnen und Migranten eher gering war. Umso mehr müssten sie für Themen des interkulturellen Lernens aufgeschlossen werden.
Das ZeLB-Netzwerk mit Universitäten und Schulen im Ausland wird dafür weiter ausgebaut. Im vergangenen Jahr erst besuchte eine Potsdamer Delegation die University of Education Winneba in Ghana und die dortige German International School in Accra. Auch mit der State University of New York (SUNY) Cortland gibt es eine neue Kooperation, die auf der engen Zusammenarbeit zwischen Lehramtsstudierenden des Historischen Seminars in Cortland und des Seminars für Anglistik und Amerikanistik in Potsdam beruht und vom virtuellen Austausch zu Fragen der Migration, Diversität und Global Citizenship über Sommerschulen, Gastdozenturen bis zu Co-Teaching-Aktivitäten reicht.
In der jetzt gestarteten zweiten Förderphase des DAAD-Projekts sollen solche interkulturellen Lehr-Lernerfahrungen weiter fächerübergreifend mit Themen der Bildung für nachhaltige Entwicklung verzahnt werden, wobei das Thema Diversität stärker in den Fokus rückt, erklärt Koordinatorin Stefanie Goertz. Nicht zuletzt gehe es in der Lehrkräftebildung vermehrt um die Vermittlung von Future Skills, betont Andreas Borowski, also technologische und digitale Schlüsselkompetenzen, Kreativität und Eigeninitiative, die Fähigkeit zu verändern und nachhaltige Lösungen umzusetzen. Hierzu werde man sich auch mit anderen lehrerbildenden Einrichtungen austauschen, die im DAAD-Programm gefördert werden.
Universität Potsdam feiert „100 Jahre DAAD“
Das Jahr 2025 markiert ein beeindruckendes Jubiläum – der DAAD feiert 100 Jahre internationalen akademischen Austausch! Als Universität Potsdam sind wir stolz, Teil dieser bedeutenden Erfolgsgeschichte zu sein. Der DAAD hat nicht nur unzähligen Studierenden, Forschenden und Fachkräften weltweit Türen geöffnet, sondern auch aktiv dazu beigetragen, Brücken zwischen Ländern, Kulturen und Bildungssystemen zu bauen. In dieser Artikel-Serie erzählen wir davon.