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Andere bestärken – Diana Gonzalez Olivo ist neue Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg

Diana Gonzalez Olivo
Foto : MSGIV
An der Universität Potsdam koordinierte Diana Gonzalez Olivo das Refugee Teachers Program.

An einem Sonntagmorgen im September macht sich Diana Gonzalez Olivo auf den Weg ins brandenburgische Groß Schönebeck. Sie will an einem Dorfrundgang teilnehmen, mit Geflüchteten sprechen, dem Bürgerverein, der sich um die Integration kümmert, den Rücken stärken. Während sie sich vor Ort informiert, wartet zu Hause in Potsdam privater Besuch. Ihr Mann, ihre beiden Kinder werden sich kümmern. Darauf ist Verlass.

Seit Mai 2024 ist die 44-Jährige neue Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg. Eine Entscheidung, die die zierliche, aber immer energisch wirkende Frau nicht ohne ihre Familie getroffen hat. Die einstige Mitarbeiterin der Universität Potsdam wird nun häufiger und auch an den Wochenenden im Land unterwegs sein. Und sie wird viel Rückhalt brauchen, um sich klar gegen Rassismus zu positionieren. Genug politische Erfahrung für das schwierige Amt bringt sie mit: Zehn Jahre engagierte sie sich ehrenamtlich im Migrantenbeirat der Landeshauptstadt, zeitweise als dessen Vorsitzende, während sie hauptberuflich Studierende aus dem Ausland beriet und das universitäre Refugee Teachers Program koordinierte.

Ein Dorf zeigt, wie Integration gelingen kann

Fundierte Diskussionen über die Sorgen und Bedürfnisse in der Gesellschaft hält die aus Mexiko stammende Sozialwissenschaftlerin gerade in diesen krisengeprägten Zeiten für notwendiger denn je. Auch deshalb ist sie an diesem Sonntag nach Groß Schönebeck gekommen. Das 1.800 Einwohner zählende Dorf am Rand der Schorfheide zeigt, wie Integration gelingen kann, wenn die Gemeinschaft zusammenhält und sich gleichzeitig öffnet. 2015, als Menschen aus Syrien, aus Pakistan und Tschetschenien und später dann aus der Ukraine hier ankamen, kümmerte sich der Bürgerverein Groß Schönebeck zuerst um Wohnraum, Möbel und Kleidung, dann um Arbeit und Ausbildungsplätze. Freiwillige organisierten Sprachkurse, besorgten Fahrräder. Die Kinder wurden in Kita, Schule und Sportvereine aufgenommen. Man trifft sich im Willkommenscafé, beim Gemüseanbau im Gemeinschaftsgarten oder im Eine-Welt-Laden der Kirchengemeinde.

Ein Konzept und klare Kommunikation sind das Erfolgsrezept, sagt der Vereinsvorsitzende Rainer Klemke beim Rundgang durch das Dorf. Viele Einheimische sind gekommen, auch Geflüchtete, mit denen Diana Gonzalez Olivo das Gespräch sucht. Wie andernorts wählt in Groß Schönebeck ein Viertel der Bevölkerung die AfD, ausländerfeindliche Beleidigungen oder rassistische Übergriffe aber gibt es hier nicht.

Mit langem Atem und Durchsetzungskraft

Die Gemeinde, die für ihr Engagement den brandenburgischen Integrationspreis erhielt, bringt ihr positives Beispiel jetzt in die jüngst gestartete Kampagne „Bewegung, Brandenburg!“ ein. „Während andere nach Ausgrenzung und Abschottung rufen, wollen wir auf Mut und Zuversicht setzen“, sagt die Integrationsbeauftragte. Die Idee zu dieser landesweiten Initiative stammte von ihrer Amtsvorgängerin Dr. Doris Lemmermeier, die ebenfalls nach Groß Schönebeck gekommen ist. Diana Gonzalez Olivo freut sich, sie an ihrer Seite zu wissen. „Wir wollen, dass alle in Brandenburg ein gutes Leben führen können, egal ob sie zugewandert, geflüchtet, schon lange oder schon immer hier sind.“ Mit diesem Grundverständnis will sie die Landesregierung in allen migrationspolitischen Angelegenheiten beraten.

Ihr Amt ist nicht an die Dauer einer Wahlperiode gebunden. Das gibt ihr die Chance, Dinge nachhaltig zu verändern. Den langen Atem dafür bringt sie mit, und auch die nötige Durchsetzungskraft. Das hat sie an der Universität bewiesen. Als hier 2015 das bundesweit erste Qualifizierungsprogramm für geflüchtete Lehrkräfte ins Leben gerufen wurde, war quasi über Nacht eine Flut von Bewerbungen zu bearbeiten: Hunderte Anfragen, auf die es nicht immer sofort eine Antwort gab. Aber die gebürtige Mexikanerin, die aus eigener Perspektive weiß, wie schwierig es ist, sich in einem fremden Land zurechtzufinden, ließ nicht locker. Sie recherchierte, fragte sich durch Behörden, suchte nach Lösungen. Umso enttäuschender war es mitzuerleben, welche Hürden sich aufbauten, als es darum ging, die Absolventinnen und Absolventen in den Schuldienst zu bringen. Wie der berufliche Einstieg von geflüchteten und migrierten Lehrkräften in Deutschland gelingen kann, dazu hat sie mit ihren Kolleginnen an der Uni ein Buch herausgegeben. „Abschlüsse anzuerkennen und zugewanderte Fachkräfte in den Arbeitsmarkt zu integrieren – das muss viel schneller gehen“, sagt sie und kündigt an, hier deutliche Akzente zu setzen. Auch in allen Fragen der Bildung, die sie als Voraussetzung erfolgreicher Integration sieht.

Als die studierte Germanistin 2008 nach Deutschland kam, hatte sie die Chance, an der BTU Cottbus ein Masterstudium zu absolvieren und sich auf diese Weise neue Berufswege zu erschließen. Nun ist sie Brandenburgs erste Integrationsbeauftragte mit Migrationsgeschichte. Das stärkt ihre Position. Das hilft ihr, andere zu bestärken.


Diana GonzalezOlivo war Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Potsdam und ist seit 2024 Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg.

 

Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Zwei 2024 „Europa“ (PDF).