Extreme Objekte im Universum wie Supernova-Überreste, Pulsare oder aktive galaktische Kerne können geladene Teilchen und Gammastrahlung erzeugen, deren Energien um Größenordnungen über denen liegen, die etwa bei der Kernfusion in Sternen erreicht werden. Die geladenen Teilchen - auch kosmische Strahlung genannt - werden von den allgegenwärtigen Magnetfeldern im Universum abgelenkt und erreichen die Erde gleichmäßig aus allen Richtungen. Zudem verlieren sie durch die Wechselwirkung mit Licht und Magnetfeldern Energie. Besonders stark sind diese Verluste bei den Elektronen der kosmischen Strahlung (Cosmic Ray electrons - CRe). Ihr Nachweis auf der Erde deutet auf die Existenz starker kosmischer Teilchenbeschleuniger in der Nähe unseres Sonnensystems hin.
Das H.E.S.S. (High Energy Stereoscopic System)-Observatorium in Namibia verwendet fünf große abbildende atmosphärische Teleskope, um das schwache Cherenkov-Licht zu erfassen, das von hochgeladenen Teilchen und Photonen erzeugt wird, die die Atmosphäre unseres Planeten durchdringen. Das Observatorium im Khomas-Hochland von Namibia in 1835 Metern Höhe wurde 2002 offiziell in Betrieb genommen. Im Jahr 2008 gelang es Forschenden erstmals, CRe in den Daten der bodengestützten Cherenkov-Teleskope zu identifizieren.
In ihrer Analyse stellen die Forschenden der H.E.S.S.-Kollaboration nun neue Erkenntnisse über den Ursprung von CRe vor. Die Astrophysiker werteten den riesigen Datensatz, der über ein Jahrzehnt lang von vier der H.E.S.S.-Teleskope gesammelt worden war, neu aus. Dazu wendeten sie neuartige und strenge Selektionsalgorithmen an, um kosmische Elektronen mit einer beispiellos niedrigen Hintergrundkontamination zu identifizieren. Dies führte zu einem bisher unerreichten statistischen Datensatz für die Analyse dieser Elektronen. Insbesondere konnten die Forschenden erstmals CRe-Daten in den höchsten Energiebereichen bis zu 40 Tera-Elektronenvolt gewinnen.
„Das ist ein wichtiges Ergebnis, denn wir können daraus schließen, dass die gemessene kosmische Strahlung höchstwahrscheinlich nur von einigen wenigen Quellen in der Nähe unseres eigenen Sonnensystems stammt, die maximal einige tausend Lichtjahre entfernt sind - eine sehr geringe Entfernung im Vergleich zur Größe unserer Galaxie. Emissionen von sehr vielen Quellen in unterschiedlichen Entfernungen würden dieses Signal viel stärker verwischen“, erklärt Kathrin Egberts von der Universität Potsdam, eine führende Autorin der Studie. „Mit unserer detaillierten Analyse konnten wir den Ursprung dieser kosmischen Elektronen erstmals stark eingrenzen.“
Link zur Publikation: High-Statistics Measurement of the Cosmic-Ray Electron Spectrum with H.E.S.S.
H.E.S.S. Collaboration. F. Aharonian et al. 2024, Physical Review Letters, https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.133.221001
Link zur Pressemeldung MPIK: https://www.mpi-hd.mpg.de/mpi/de/nachrichten/nachricht/elektronen-aus-dem-weltall