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„Follow your Fernweh!“ – Katharina Schmitt vom International Office über den Zauber eines weltoffenen Campus, Mobilität und tragfähige Netzwerke

Katharina Schmitt während des Interviews.
Foto : Nura van Dongen
Katharina Schmitt leitet seit April 2024 das International Office der Universität Potsdam.

Sie sind erst seit wenigen Monaten an der Universität Potsdam. Wo und wie haben Sie die Hochschule erstmals international wahrgenommen?

Ehrlich gesagt war mir die internationale Arbeit an der Universität Potsdam durch Begegnungen mit Kolleginnen und Kollegen und deren sehr professionelle Arbeit bekannt. Aber womit die Universität auf jeden Fall heraussticht, ist die hohe Zahl an englischsprachigen Masterstudiengängen und entsprechend vielen Studierenden, aber auch Doktorandinnen und Doktoranden aus aller Welt. Potsdam ist ein erkennbar internationaler Wissenschaftsstandort.

Was macht die Uni Potsdam international?

Auffallend und besonders wichtig ist die Breite der Internationalisierung an der Hochschule, also dessen, was dezentral in den Fakultäten und Instituten stattfindet. Das große Engagement von so vielen in der Uni ist enorm und alles andere als selbstverständlich. Herausragend ist natürlich die enge Zusammenarbeit mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Golm, auf dem Telegrafenberg und anderswo in der Stadt, die ja ebenfalls international aufgestellt und vernetzt sind.

Die Universität Potsdam versteht Internationalisierung als Querschnittsaufgabe. Warum?

Ich denke, dieser Anspruch ist ein Muss, weil Internationalisierung alle Bereiche einer Universität berührt. Alles, egal ob Studium, Forschung oder Verwaltung, hat immer auch eine internationale Dimension. Natürlich kann man alles einzeln angehen – oder aber als Querschnittsthema in die Uni tragen und Initiativen dort unterstützen, wo sie entstehen. Ein International Office als zentrale Einrichtung kann flexibler Ansprechpartner sein, gleichzeitig Impulse von Partnern aufnehmen und diese in die Hochschule einbringen.

Funktioniert Internationalisierungsarbeit an Hochschulen anders als früher?

Die drei Säulen – Mobilität und Partnerschaftsarbeit sowie Unterstützung vor Ort – sind geblieben. Es sind aber immer mehr Zielgruppen dazugekommen und Fragen der Qualität spielen eine größere Rolle: Wie stellen wir sicher, dass die Mobilität eine Bedeutung innerhalb des Studiums bekommt? Wie können Studierende erbrachte Leistungen anrechnen lassen? Wie entwickeln wir Perspektiven für jene, die bleiben wollen? Wie helfen wir denen, die besondere Bedürfnisse haben? Angesichts der vielen Krisen weltweit kommen Menschen aus verschiedenen Gründen zu uns. Nicht zuletzt durch die Arbeit mit geflüchteten Studierenden und gefährdeten Forschenden etwa ist im Laufe der Zeit die enorm wichtige Komponente der Verantwortung in der Internationalisierung erwachsen. Genauso wichtig ist eine gute Beratung, damit alle wissen, was sie erwartet, wenn sie zu uns kommen. Wohnungssuche oder deutsche Behördenmentalität sind häufig Hürden. Auch die Landes- und Studienkultur können für manche herausfordernd oder zumindest neu sein. Das müssen wir von Beginn an ehrlich kommunizieren – und dabei helfen, damit zurechtzukommen. Es gibt an der Uni Potsdam viel Beratung, Mentoring und Unterstützung, die wir noch sichtbarer machen müssen.

Aktuell überarbeitet die Hochschule ihre Internationalisierungsstrategie. Was soll sich ändern?

Wir wollen es noch partizipativer angehen: Rund 80 Akteure aus der gesamten Uni haben unsere Einladung zu Workshops angenommen, um ihre Ideen, Bedarfe und Wünsche einzubringen. Diskutiert wurde die internationale Zusammenarbeit von der Partnerschaft zweier Forschenden bis hin zu großen Netzwerken. Außerdem haben wir Input zur Internationalisierung des Studiums gesammelt und Ideen, wie wir die Hochschulgemeinschaft und den Studien- und Wissenschaftsstandort Potsdam außerhalb der Campusgrenzen präsentieren, um ihn international noch bekannter zu machen. Stärker beachtet werden müssen der permanente globale Krisenmodus und auch die Qualifizierung von Fachkräften.

Die Uni Potsdam hat sich nicht nur international aufgestellt, sondern auch divers und digital. Und sie ist auf dem Weg zu einer offenen Wissenschaft …

Das berücksichtigen wir und stellen unserer Strategie einen Wertekanon voran: Internationalisierung verfolgt zwar bestimmte Ziele, sollte dabei aber stets verantwortungsbewusst, nachhaltig und inklusiv sein. Das bedeutet etwa, dass internationale Erfahrungen auch jenen ermöglicht werden, die es sich nicht leisten können, im Ausland zu studieren. Hier kann die Digitalisierung neue Räume schaffen, die es bislang nicht gab. Es geht aber auch darum, Partnerschaften in aller Welt auf Augenhöhe zu gestalten und zu leben. Dabei muss man immer die Balance halten: Die Freiheit des wissenschaftlichen Austausches ist eines der höchsten Güter, die wir haben. Zusammen mit Partnerländern müssen wir sie schützen und Wege des Dialogs auch in die Länder finden, in denen sie bedroht ist.     

Wie sieht eine gelingende Willkommenskultur „made in Potsdam“ aus?

Eine internationale Campus Community wie die Universität Potsdam muss natürlich weltoffen und gastfreundlich sein. Hinzu kommen aber auch ganz praktische Fragen, derzeit vor allem der Wohnraum in und um Potsdam. Darüber hinaus aber fragen wir: Wie wollt ihr bei uns studieren oder forschen? Möchtet ihr länger bleiben? Mit welcher Perspektive? Und wollt ihr euch in die Universität aktiv einbringen? Teilhabe ist nicht nur wichtig für den Erfolg, sondern auch für Bleibechancen und -willen. Sie muss aber vor allem dort etabliert werden, wo die Studierenden oder Forschenden sind: in den Instituten, Fakultäten, Studiengängen. Sich in Hochschulgruppen, Fachschafts- und Institutsräten oder anderen Gremien zu engagieren, ist oft nicht einfach. Das scheitert nicht selten schon an der Sprache. Denn während die Begrüßungsveranstaltungen meist noch auf Englisch stattfinden, gilt das für vieles, was danach kommt, häufig nicht mehr. Umgekehrt stellen manche Masterstudierenden in englischsprachigen Studiengängen erst im 3. oder 4. Semester fest, dass sie vielleicht bleiben wollen – und merken dann, dass sie doch Deutsch hätten lernen sollen. Die Energie des Anfangs aufrechtzuerhalten, ist eine große Aufgabe, der wir uns stellen müssen. Wichtig ist, dass niemand überfordert wird: Was wir machen, muss zu den Möglichkeiten passen. Es gilt also, die Angebote und die Bedürfnisse passgenau zusammenzubringen.

Wie überzeugen Sie Studierende, Forschende oder auch Verwaltungsbeschäftigte, eine Zeit im Ausland zu verbringen?

Ich denke, das International Office hat sich dafür schon vor einiger Zeit das perfekte Motto gegeben: „Follow your Fernweh!“ Das funktioniert in beide Richtungen, denn es drückt den Wunsch aus, etwas bislang Unbekanntes zu entdecken, egal, ob im Ausland oder hier bei uns. Wer einmal internationale Luft geschnuppert hat, weiß, was dabei zu gewinnen ist: weite Horizonte, andere Lernkulturen und neue Perspektiven. Über sich hinauszuwachsen, zu erfahren, dass der eigene Radius sehr viel größer ist, als man dachte – diese Erfahrungen sind extrem wichtig. Zu lernen, mit anderen Menschen und fremden Kulturen umzugehen, prägt fürs ganze Leben – und wirkt das ganze Leben lang.

 

BU: Katharina Schmitt leitet das International Office der Universität Potsdam Foto: Nuravan Dongen

BU: Die Universität Potsdam ist beliebt bei Studierenden aus aller Welt, auch wegen der hohen Zahl englischsprachiger Masterstudiengänge. Foto: Matthias Friel