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Von Kants Philosophie bis Benjamins Ästhetik – Der israelische Philosoph Eli Friedlander ist an der Universität Potsdam zu Gast

Eli Friedländer
Franz Marcs berühmtes Gemälde „Blaues Pferd I“ von 1911
Foto : privat
Eli Friedländer
Foto : Wikimedia/Gemeinfrei
Franz Marcs berühmtes Gemälde „Blaues Pferd I“ von 1911

Wer sich die Gemälde von Franz Marc ansieht, findet neben expressionistisch und fast kubistisch anmutenden Formen vor allem eins: satte, ausdrucksstarke Farben. Besonders Blau spielt bei seinen „Blauen Pferden“ und anderen Tiermotiven eine prominente Rolle. So nannten er und sein Künstlerkollege Wassily Kandinsky ihre Künstlergruppe auch „Der Blaue Reiter“. Für die Bedeutung von Farben, besonders bei Franz Marc, Wassily Kandinsky und Paul Klee, interessiert sich auch der israelische Denker Eli Friedlander, der derzeit als Meitner Prize Humboldt Fellow an der Universität Potsdam zu Gast ist. Der Philosoph entwickelte ein besonderes Faible für Walter Benjamins Ästhetik, der immer wieder Begriffe aus der Malerei aufgreift – vom Bildraum und Medium über Oberfläche und Tiefe bis hin zu Zeichen und eben Farbe.

Aber nicht nur Benjamins Ästhetik ist für Friedlander interessant – es ist das gesamte Werk des deutsch-jüdischen Philosophen des frühen 20. Jahrhunderts. Benjamins bekanntestes Werk „Die Kunst im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit“ dürfte nicht nur Studierenden der Philosophie bekannt sein. Friedlander sieht bei Benjamins teils fragmentarisch gebliebenem Werk trotzdem eine Einheit. Auch das Thema der Natur und ihrer (Kultur-)Geschichte in Benjamins Philosophie oder in der Kunst des „Blauen Reiters“ stellt ein besonderes Interessenfeld des israelischen Philosophen dar. Eli Friedlander studierte in Israel und den USA, wo er an der Harvard University promovierte. Heute ist er Leiter des philosophischen Instituts der Universität Tel Aviv (TAU).

Nun hat der israelische Philosoph Brücken nach Deutschland, genauer gesagt nach Berlin und Potsdam, gebaut und ist Gast am Center for Post-Kantian Philosophy (CPKP), das vom Potsdamer Philosophen und Kant-Experten Prof. Dr. Thomas Khurana geleitet wird. Mit Khurana verbindet Friedlander ein enger und fruchtbarer akademischer Austausch zu den Aufklärungsphilosophen, aber auch darüber hinaus. Thomas Khurana schlug seinen israelischen Kollegen Friedlander für den Meitner-Humboldt-Forschungspreis vor, den dieser nun 2024 erhalten hat. Jetzt wird er regelmäßig zu Gast in Potsdam sein, um die bereits bestehenden Brücken auszubauen. Das schließt längere Aufenthalte und gemeinsame Projekte mit dem CPKP ein. Bereits Anfang Mai 2024 hielt Friedlander dort den ersten Vortrag über sein aktuelles Forschungsprojekt „The Idea of Natural History in Kant, Benjamin and Wittgenstein“.

Wenn Eli Friedlander über Walter Benjamin und dessen Werk spricht, leuchten seine Augen. Es sind vor allem deutsche Denker, mit denen sich der israelische Philosoph in seiner akademischen Laufbahn befasst hat: Er hat Bücher über Wittgensteins „Tractatus“, Rousseaus „Rêveries“ sowie über Kants „Kritik der Urteilskraft“ veröffentlicht. Seine „Obsession“ mit Walter Benjamin, wie er es nennt, kam erst später. Sein neues Buch „Walter Benjamin and the Idea of Natural History“ wurde gerade bei Stanford University Press veröffentlicht.

Persönlich ist Friedlander dankbar, gerade in besonders schwierigen Zeiten in seinem Heimatland, nach Europa und Deutschland reisen zu können. Berlin ist für ihn ein Ort, an den er immer wieder gerne zurückkehrt, auch weil er hier Familie hat. Und weil sich die Stadt ebenso aus der Sicht Walter Benjamins erkunden und begreifen lässt. In dessen Buch „Berliner Kindheit um 1900“, das 1950 posthum von Theodor W. Adorno herausgegeben wurde, finden sich so manche Berliner Orte, die Friedlander bereits beim Lesen des Buches und im Rahmen früherer Berlin-Besuche erkundete: So flanierte er, sich Benjamins Schilderungen anschließend, im Berliner Tiergarten und Zoo. Auch am heutigen Platz der Republik, auf dem um 1900 noch die Siegessäule stand oder auf dem damaligen Friedrich-Karl-Platz, dem heutigen Klausenerplatz nahe dem Schloss Charlottenburg, erkundete er die Spuren des Philosophen.

Am CPKP wird Professor Eli Friedlander nochmals im Sommer 2025 und 2026 persönlich zu Gast sein und weiter zu Benjamins Ästhetik und der Philosophiegeschichte seit Kant vortragen, forschen und veröffentlichen.

Das Center for Post-Kantian Philosophy (CPKP) der Universität Potsdam im Netz: https://cpkp.net/