Trockengebiete bedecken 45 Prozent der Erdoberfläche und beheimaten ein Drittel der Weltbevölkerung. Sie umfassen sub-humide, semi-aride, aride und hyper-aride Ökosysteme wie den Mittelmeerraum, Steppen und Savannen, die durch zunehmende Trockenheit, Weidedruck und Wüstenbildung bedroht sind. Verstanden werden muss, wie Pflanzen auf solche Stressfaktoren reagieren, bevor die mögliche künftige Entwicklung der empfindlichen Ökosysteme in Bezug auf ihre biologische Vielfalt und ihre Funktionsweise bestimmt werden kann.
Um diesem dringenden Bedarf gerecht zu werden hat ein internationales Team von 120 Forschenden aus 27 Ländern, unter anderem Ökologinnen und Ökologen der Universität Potsdam, die erste globale Untersuchung der funktionellen Vielfalt von Pflanzen in Trockengebieten durchgeführt. Acht Jahre lang sammelten die Teams Proben von mehreren hundert ausgewählten Trockengebieten auf sechs Kontinenten, was die Analyse von über 1300 Beobachtungsreihen von mehr als 300 Pflanzenarten ermöglichte – eine Premiere in diesem Umfang.
Die in „Nature“ veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass Pflanzen in Trockengebieten viele verschiedene Anpassungsstrategien anwenden und dass diese Vielfalt überraschenderweise mit dem Grad der Trockenheit zunimmt. Die Isolierung der Pflanzen in den Trockengebieten scheint den Wettbewerb zwischen den Arten verringert zu haben, so dass sie eine weltweit einzigartige Vielfalt an Formen und Funktionen entwickeln konnten, die doppelt so groß ist wie in den gemäßigten Klimazonen.
Diese Studie hebt die Bedeutung der Trockengebiete als globales Reservoir für die funktionelle Vielfalt der Pflanzen hervor. Sie öffnet einen neuen Blickwinkel auf die Pflanzenarchitektur, die Anpassung von Pflanzen an extreme Lebensräume, die historische Besiedlung von Landökosystemen durch Pflanzen und die Fähigkeit von Pflanzen, auf aktuelle globale Veränderungen zu reagieren.
Publikation: Gross, N., Maestre, F.T., Liancourt, P. et al. Unforeseen plant phenotypic diversity in a dry and grazed world. Nature (2024). https://doi.org/10.1038/s41586-024-07731-3