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„Drei Monate Aufenthalt in Brasilien oder Argentinien entsprechen zwei Jahren daheim“ – Sven Dinklage und Liliana Mayer schlagen für die Uni Potsdam Brücken nach Südamerika

Sven Dinklage (l.) und Liliana Mayer
Universidad de San Martin in Buenos Aires
Universidad de San Martin in Buenos Aires
Foto : Matthias Zimmermann
Sven Dinklage (l.) und Liliana Mayer
Foto : Pablo Carrera Oser
Universidad de San Martin ...
Foto : Pablo Carrera Oser
... in Buenos Aires

Sven Dinklage vertritt die Universität Potsdam in Brasilien. Er unterstützt Studierende, Forschende sowie Verwaltungsangestellte bei Kooperationen und pflegt die Kontakte mit den brasilianischen Partnerinstitutionen vor Ort. Dr. Liliana Mayer macht dasselbe in Argentinien und Uruguay. Matthias Zimmermann sprach mit den beiden über wertvolle Auslandserfahrungen, was es braucht, um Menschen für ein anderes Land zu begeistern, und ihren eigenen Weg zum „besten Nebenjob der Welt“.

Sie sind beide Liaison-Officer für die Universität Potsdam – Lili Mayer in Argentinien, Sven Dinklage in Brasilien. Was bedeutet das?

Sven Dinklage: Wir sind so etwas wie der verlängerte Arm der Uni Potsdam in Südamerika und stellen Verbindungen her – zu den dortigen Unis, den Studierenden und Forschenden.

Liliana Mayer: Wir arbeiten zum Nutzen beider Seiten: Helfen Studierenden, eine passende Uni für ein Auslandssemester oder einen Praktikumsplatz zu finden, Forschenden, Kontakte zu geeigneten Arbeitsgruppen auf der anderen Seite des Atlantiks aufzubauen. Viele, denen wir geholfen haben, werden später selbst so etwas wie Botschafter des Austauschs. Aktuell sind vier Studierende aus Argentinien in Potsdam. Was ich von ihnen höre, ist absolut positiv. Dieses Gefühl nehmen sie mit nach Hause und werden andere dafür begeistern!

Wie sieht so ein Alltag als Brückenbauer*in aus?

Dinklage: Wir sind ja so etwas wie Botschafter – und bemühen uns in unseren Ländern darum, die Uni Potsdam zu präsentieren. Das machen wir online, etwa auf Social Media, in den regionalen Medien, und natürlich direkt vor Ort – mal allein, mal zusammen mit anderen deutschen Institutionen und Universitäten, dem DAAD oder dem Goethe-Institut. Wir wollen die Menschen in Brasilien und Argentinien neugierig machen auf Potsdam.

Mayer: Wie Sven sagt, gibt es dafür viele Wege. Zum Beispiel sind wir auf Messen oder in Schulen unterwegs, wo Studierende oder Schülerinnen und Schüler sich über Studienmöglichkeiten informieren. Mit denen kommen wir ins Gespräch, erzählen ihnen von Potsdam. Viele von ihnen melden sich daraufhin bei uns und lassen sich beraten. Manche haben schon sehr konkrete Vorstellungen und fragen nach Potsdam, andere kennen Deutschland kaum.

Dinklage: Ein recht erfolgreiches Instrument, das während der Pandemie entstand, sind unsere Zoom-Sprechstunden. Einmal im Monat informieren wir dabei über Möglichkeiten für Auslandsaufenthalte und Forschungskooperationen – und laden jedes Mal einen Gast ein, der von seinen Erfahrungen in Potsdam berichtet.

Mayer: Ich habe vor Kurzem meine erste Online-Sprechstunde durchgeführt. Dort hat eine Studentin berichtet, die ohne jede Vorerfahrung oder Kontakte nach Deutschland gegangen ist und eine tolle Zeit hatte. Das ist eher selten, war aber ein Beleg dafür, dass es funktioniert und leichter ist, als viele denken.

Wie helfen Sie den Studierenden aus Potsdam, die nach Südamerika wollen?

Dinklage: Mit den Potsdamer Studierenden kommen wir meist erst später in Kontakt, wenn sie sich schon für einen Aufenthalt in Brasilien oder Argentinien entschieden haben. Bei der Entscheidung, wohin sie gehen wollen, und ihren ersten Schritten dorthin werden sie sehr gut vom International Office der Uni Potsdam betreut. Natürlich helfen wir ihnen dann hier vor Ort, wenn es Probleme gibt.

Mayer: Außerdem sind wir immer dabei, neue Möglichkeiten etwa für Praktika auszuloten. Inzwischen gibt es dafür zahlreiche Vereinbarungen mit unterschiedlichsten Institutionen. Hinzu kommen die Kooperationen mit Schulen, in denen regelmäßig Lehramtsstudierende ein Schulpraktikum absolvieren. Auf jeden Fall können sich alle direkt bei uns melden, die vorab mehr wissen wollen!

Und wie sieht es mit Forschenden aus?

Dinklage: Forschende zusammenzubringen, die ähnliche Interessen haben und deren wissenschaftliche Arbeit von einer Kooperation profitieren würde, ist anspruchsvoll und eine langfristige Angelegenheit – aber so etwas wie die Königsdisziplin unserer Arbeit. So konnte das Liaison Office Brasilien im letzten Jahr z.B. den Wirtschaftsinformatiker Prof. Norbert Gronau und die Deutsch-Didaktikerin Prof. Winnie-Karen Giera bei der Anbahnung neuer Projekte mit den langjährigen Partneruniversitäten São Paulo (USP) und Campinas (Unicamp) unterstützen. Natürlich gibt es auch Forschende, die sich bereits im Land auskennen und selbst Fachkontakte etabliert haben, so z.B. die Forschungskooperation des Hydrologen Prof. Axel Bronstert mit der UFC Fortaleza, aber auch Projekte an der UFMG Belo Horizonte im Bereich Englische Sprache.

Wie sind Sie zu diesem nicht ganz gewöhnlichen Neben-Job gekommen?

Dinklage: Es ist in der Tat ein ungewöhnlicher Job. Aber auch ein totales Privileg – es gibt wenige Menschen, die die Chance bekommen, eine deutsche Institution im Ausland zu vertreten. Wie ich dazu kam, ist auch nicht gradlinig: Vor gut zehn Jahren wurde ich gebeten, eine deutsche Reisegruppe, eine Delegation der Universität Potsdam, auf einer Kaffee-Plantage herumzuführen. Mit dabei war Dr. Regina Neum-Flux, die Leiterin des International Office, die mich anschließend ansprach und fragte, ob ich mir vorstellen könne, Liaison Officer der Uni Potsdam in Brasilien zu werden. Ich musste nicht lange überlegen …

Mayer: Ich bin erst seit einem Jahr dabei. Meine Vorgängerin hat mich empfohlen und da ich das argentinische Wissenschaftssystem schon seit einiger Zeit kenne, habe ich mich einfach dafür beworben. Ich freue mich sehr, dass es geklappt hat.

Was machen Sie, wenn Sie nicht die Universität Potsdam vertreten?

Mayer: Ich bin Wissenschaftlerin an der Universität von Buenos Aires, forsche als Soziologin in der Bildungsforschung.

Dinklage: Ich habe schon länger eine Beraterfirma im Bereich Führungskräftecoaching. Zu meinen Schwerpunkten zählen interkulturelle Themen. Ich habe festgestellt, dass das hervorragend zu meiner Rolle als Brückenbauer in der Wissenschaftslandschaft passt.

Was hat Sie beide nach Südamerika gebracht?

Dinklage: Abenteuerlust! Schon während der Schulzeit bin ich für einige Zeit in den USA gewesen, das Studium habe ich zum Teil in Paris absolviert. Anschließend wollte ich unbedingt einen Job im Ausland und ging dann für die Robert Bosch GmbH nach Brasilien, wo ich schon ein Praktikum absolviert hatte. Ich heiratete eine Brasilianerin, deren Großvater in den 1930er-Jahren aus Deutschland eingewandert war. Unser Sohn studiert übrigens an der Unicamp, eine unserer Partnerunis, und absolviert selbst gerade ein viermonatiges Forschungspraktikum in den USA.

Mayer: Ich bin in Buenos Aires geboren und aufgewachsen, war also fast immer dort. Tatsächlich habe ich aber einige Verbindungen nach Deutschland: Meine Familie stammt von hier – und ich selbst war auch schon einmal für einige Zeit an der Freien Universität Berlin.

Zeit für ein bisschen Werbung: Was erwartet UP-Angehörige, wenn sie nach Südamerika kommen?

Dinklage: Südamerika hat enorm viel zu bieten: Die Wissenschaftslandschaft, vor allem der Partnerhochschulen, ist top! In etlichen Bereichen, die auch an der Uni Potsdam wichtig sind, passiert hier viel: Geowissenschaften, Biologie, Hydrologie, aber auch Romanistik und Bildungsforschung. Das ist das Fachliche, die Forschung. Ansonsten können sich alle auf ein absolut einmaliges Erlebnis freuen! Die Gesellschaften unserer Länder sind enorm dynamisch. Ich sage immer: Drei Monate Aufenthalt in Südamerika entsprechen zwei Jahren daheim!

Mayer: Das Tolle daran hierherzukommen ist: Es ist anders. Auf jeden Fall auch herausfordernd, aber das macht es wertvoll. Ich würde allen raten, nicht den einfachen Weg zu gehen und ein Auslandssemester „um die Ecke zu machen“. Ich habe mit meiner Zeit in Berlin auch den großen Schritt gemacht und bin sehr daran gewachsen. Studierende, die nach Brasilien oder Argentinien kommen, erleben eine ganz andere Welt als die, die sie kennen – und das ist es doch, worum es im Leben geht! Dass sie diesen Schritt genießen können, dabei helfen wir.

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Argentinien ist seit 2015 Schwerpunktland der Internationalisierungsstrategie der Universität Potsdam. Besonders aktiv ist der UP-Forschungsschwerpunkt „Earth and Environmental Sciences“, der mit Argentinien seit vielen Jahren enge Beziehungen in Forschung und Lehre unterhält. Seit 2012 gestaltet der Bereich mit Universitäten in Buenos Aires (UBA), Salta (UNsa), Juyjuy (UNJu) und Tucuman (UNT) ein gemeinsames Ausbildungs- und Mobilitätsprogramm für Studierende und Doktoranden.
Liliana Mayer, Liaison-Officer der Universität Potsdam in Argentinien und Uruguay
liliana.mayeruni-potsdamde

Brasilien ist seit 2015 Schwerpunktland der Internationalisierungsstrategie der Universität Potsdam. Ziel des Potsdamer Engagements in Brasilien ist aktuell primär die Zusammenarbeit in der Ausbildung von Doktoranden, insbesondere in der Romanistik. Gemeinsame Projekte gibt es außerdem in Linguistik, Politik- und Geowissenschaften.
Zur Erreichung ihrer strategischen Ziele unterhält die UP ein Liaison Office in São Paulo. Sie ist außerdem Hauptunterstützerin des Deutschen Wissenschafts- und Innovationshauses (DWIH) São Paulo und profitiert von den Netzwerkstrukturen des DWIH.
Sven Dinklage, Liaison-Officer der Universität Potsdam in Brasilien
dinklageuni-potsdamde

 

Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Eins 2024 „Welt retten“ (PDF).