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Auf dem Weg zum Doktortitel – Wie Frauen in der Musikgeschichte sichtbar werden

Clara Schumann
Foto : gemeinfrei
Theresa Schlegel: „Clara Schumann als Spur – Musikerinnen und Geschlechterdiskurse“

Clara Schumann (1819–1896) war nicht nur eine der berühmtesten Pianistinnen ihrer Zeit, sie war ebenso Komponistin, Pädagogin und Herausgeberin. Über 60 Jahre tourte sie durch ganz Europa und machte dabei auch die Werke ihres Mannes Robert Schumann bekannt. Später gab sie seine Jugendbriefe heraus, in jahrelanger editorischer Arbeit auch sein musikalisches Werk. Ihre eigenen Kompositionen, darunter ein Klavierkonzert, Lieder und Kammermusik, führte sie zu Lebzeiten selbst bzw. mit ihren Künstlerfreunden auf. Sie verwaltete den Nachlass ihres Mannes und hob ihre umfangreiche Korrespondenz sowie Tagebücher auf – ein Schatz für die heutige Forschung. Im 20. Jahrhundert geriet ihr vielseitiges künstlerisches Wirken nahezu in Vergessenheit.

Erst durch die musikwissenschaftliche Frauen- und Geschlechterforschung, die seit den 1980er-Jahren die Fragestellungen und Perspektiven der Musikgeschichtsschreibung grundlegend veränderte, sind viele Musikerinnen wieder sichtbar geworden. Statt nur den Notentext zu untersuchen und Kompositionen als zentrale Elemente der Musikgeschichte zu betrachten, wurde nach sozialen, historischen und geschlechtsspezifischen Bedingungen des Musikmachens und -aufführens gefragt. Neben öffentlichen Konzerträumen rückten private Räume in den Fokus; statt Geniekult wurden Personennetzwerke und die Vielfalt kulturellen Handelns anvisiert, um Sängerinnen, Instrumentalistinnen, Musikschriftstellerinnen, Pädagoginnen, Mäzeninnen, Komponistinnen oder Salonnières in den Blick zu bekommen. Dabei ist Archivarbeit oft zentraler Bestandteil der Forschung. In meiner Dissertation erforsche ich Musikerinnen im weiteren Umfeld Clara Schumanns, unter anderen Henriette Grabau (1805–1852), Sängerin und erste Lehrerin am Leipziger Konservatorium, und Pauline von Schätzel (1811–1882), Sängerin der Berliner Hofoper und Komponistin. Ihre Lebensdaten sind lückenhaft überliefert, Quellen wie Tagebücher oder Manuskripte fehlen oder lagern verstreut in verschiedensten Archiven. Für mich macht gerade das den Reiz der Forschung aus: Ich muss detektivisch vorgehen und ungewöhnliche Zugänge finden, spannende Quellenfunde werfen viele neue Fragen auf. Über die bereits sehr gut erforschte Musikerin Clara Schumann andere Frauen in der Musikgeschichte zu entdecken, heißt auch, danach zu fragen: Wer wird (wie) erinnert, von wem sind Quellen überliefert, von wem nicht und warum?

Die Forscherin

Theresa Schlegel promoviert bei Prof. Dr. Christian Thorau über das Thema „Clara Schumann als Spur – Musikerinnen und Geschlechterdiskurse im 19. Jahrhundert. Möglichkeitsräume und Hindernisse“. Die Arbeit wird durch ein Stipendium der Landesgraduiertenförderung Brandenburg sowie das Gertrud-Feiertag-Stipendium des Koordinationsbüros für Chancengleichheit der Universität Potsdam gefördert.
E-Mail: theresa.schlegeluni-potsdamde

 

Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal Wissen - Eins 2024 „Bildung:digital“ (PDF).