Die Geophysikerin Zahra Zali, ehemals Doktorandin im DFG-Graduiertenkolleg „NatRiskChange“ an der Universität Potsdam und inzwischen Postdoc am GFZ, analysierte mit ihrem Team die seismischen Signale vor und während des Geldingadalir-Ausbruchs auf der isländischen Halbinsel Reykjanes im Jahr 2021. Es war der erste in einer Reihe von bislang fünf Vulkanausbrüchen dort, zuletzt im Dezember 2023 und Januar 2024 in der Nähe von Grindavík. Die Forschenden verwendeten für ihre Analysen Methoden des maschinellen Lernens und der Musikverarbeitung und entwickelten diese weiter. So konnten sie im „Klang des Vulkans“ verschiedene bisher verborgene Signaturen identifizieren, die für die verschiedenen Ausbruchphasen charakteristisch sind. Insbesondere entdeckten sie eine Sequenz drei Tage vor der Eruption, die auf eine bevorstehende Aktivität hinweisen könnte.
Um seismische Daten im Zusammenhang mit Vulkanausbrüchen genau zu zerlegen und zu analysieren, haben Zahra Zali und ihre Kollegen spezielle Methoden des maschinellen Lernens, insbesondere das Deep Embedded Clustering, und der musikalischen Signalverarbeitung weiterentwickelt. Die Anwendung der musikalischen Signalverarbeitung in der Seismologie wurde angeregt und initiiert durch die Arbeit von Prof. Frank Scherbaum, der vor rund zehn Jahren an der Universität Potsdam ein neues Forschungsfeld an der Schnittstelle von Musikwissenschaft und Seismologie geschaffen hat (siehe SeismoSoundScape-Lab). Mit diesen Techniken analysierten sie aufgezeichnete seismische Daten der Eruption in der Geldingadalir-Talsenke, die am 19. März 2021 in Island begann.
„Mit der Methode des Deep Embedded Clustering konnten wir in unseren seismischen Daten Signale mit ähnlicher Struktur clustern und so bisher verborgene Muster erkennen. Wir verwenden hier das sogenannte unüberwachte maschinelle Lernen. Der Vorteil gegenüber anderen Methoden des maschinellen Lernens ist, dass es auf unmarkierte Daten angewendet werden kann und schnell – fast in Echtzeit – Ergebnisse liefert“, erklärt Zahra Zali. Um diese ersten Ergebnisse zu verifizieren und sowohl vulkanische Geräusche als auch Signale wie plötzliche Erdbeben aus den Daten zu extrahieren, hat sie im Rahmen ihrer Doktorarbeit die Methode zur Analyse seismischer Signale weiterentwickelt: „Inspiriert wurde ich von der Idee der Harmonisch-Perkussiv-Zerlegung in der musikalischen Signalverarbeitung: Um verschiedene Instrumente in einem Musikstück zu identifizieren, müssen verschiedene Arten von Klängen voneinander getrennt werden, zum Beispiel die harmonischen Klänge von Geigen und die schlagenden Klänge einer Trommel.“
Zusammenfassend bietet die neue Methode einen schnellen und reproduzierbaren Ansatz, um die zeitliche Entwicklung eines Vulkansystems automatisch zu entschlüsseln: Auf der Grundlage von seismischen Rohdaten können relevante Merkmale auch ohne vorherige Datenverarbeitung identifiziert und damit unerwartete Erkenntnisse gewonnen werden.
Link zur Publikation: Zali, Z., Mousavi, S.M., Ohrnberger, M., Eibl, E.P.S. and Cotton, F. Tremor clustering reveals pre-eruptive signals and evolution of the 2021 Geldingadalir eruption of the Fagradalsfjall Fires, Iceland. Commun Earth Environ 5, 1 (2024). https://doi.org/10.1038/s43247-023-01166-w
Abbildung 1: Ausbruch des Geldingadalir auf Island 2021. Bildrechte: Eva Eibl.
Abbildung 2: Erdbebensignale und zugehörige Ausbruchphasen des Geldingadalir von März bis Juni 2021. Bildrechte: Zahra Zali.
Kontakt:
Prof. Dr. Eva Eibl
Institut für Geowissenschaften
Tel.: 0331 977-203102
E-Mail: eva.eibluuni-potsdampde
Dr. Zahra Zali
Helmholtz-Zentrum Potsdam
GFZ Deutsches GeoForschungsZentrum
Tel.: 0331 6264-3098
E-Mail: zahra.zaliugfz-potsdampde