Die Universität Potsdam hat sich in den vergangenen Jahren einen sehr guten Ruf als Forschungsuni erarbeitet. Was ist Ihrer Ansicht nach das „Geheimnis“ dieses Erfolges?
Dieser Erfolg hat viele Gründe. Ich denke, die Universität Potsdam hat schon in ihren Anfangsjahren darauf geachtet, Stärken zu entwickeln – z.B. in den Verwaltungswissenschaften, der Kognitionsforschung oder den Klima- und Erdwissenschaften. Diese Schwerpunkte haben wir konsequent ausgebaut, aber auch weitere hinzufügen können. Entscheidende Grundlage dafür ist die Berufungspolitik, mit der wir herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Potsdam holen konnten. Dank unseres Tenure-Track- Programms gilt das auch schon für jüngere Forschende. Und wir fördern gezielt auch die Weiterentwicklung der Verwaltungsstrukturen, die eine exzellente Forschung erst ermöglichen. Die Früchte dieser Arbeit zeigen sich in unseren eingeworbenen Drittmitteln und den sehr guten Platzierungen in wichtigen Rankings wie dem internationalen THE-Ranking, bei dem wir im Kreis der jungen Universitäten unter 50 Jahren auf Platz 28 liegen, innerhalb Deutschlands sogar auf Rang 1. Eine wichtige Folge dieses Weges ist ein gesundes Selbstbewusstsein, das es vor zehn Jahren so noch nicht gab. Lange Zeit empfand man sich etwas im Schatten der außeruniversitären Forschungseinrichtungen der Region. Jetzt sehen wir aber, dass wir international mithalten können – und unsere Beziehungen zu den Außeruniversitären uns dabei nicht einschränken, sondern beflügeln. Das schlägt sich nun in unseren drei Anträgen für Exzellenzcluster nieder.
Sie sind seit 2012 Präsident der Universität Potsdam. Welche Vision für die Forschung an der Universität haben Sie mitgebracht – und konnten Sie sie umsetzen?
Meine Vision war, die Uni Potsdam aus dem unteren Mittelfeld der Forschungslandschaft nach oben zu bringen, in die Spitzengruppe der besten 20 bis 30 deutschen Hochschulen. Das ist gelungen, wie beispielsweise das THE-Ranking belegt. Wenn man sich umschaut, werden wir inzwischen auch entsprechend wahrgenommen. Das wäre nicht möglich gewesen ohne den Schulterschluss zwischen der Professorenschaft, dem Mittelbau und der Verwaltung. Dieser Aufstieg war für mich ein wichtiges Ziel, aber ich denke, es kann für uns noch weiter nach oben gehen. Wir wollen unsere Stärken weiter ausbauen und sichtbarer machen. Ein oder mehrere Exzellenzcluster wären dafür wichtig und ein eindrucksvoller Beleg. Aber wir wollen auch die Zahl der Sonderforschungsbereiche an der Uni Potsdam steigern.
Sie sind viel unterwegs und vertreten die Universität in aller Welt. In welchen Disziplinen wird sie als besonders stark wahrgenommen?
Bekannt sind natürlich zumeist die Forschungsschwerpunkte. Aber mir ist wichtig zu betonen, dass wir, auch wenn wir keine Medizin und keine klassischen Ingenieurswissenschaften haben, in der Forschung sehr breit aufgestellt sind. Letztlich reüssieren bei unseren Partnern in aller Welt immer die Forschungsbereiche, die auch dort gut aufgestellt sind. Mal die Geo-, mal die Kognitions-, Bio- oder Lebenswissenschaften. An technischen Unis wird oft unsere Informatik und ihre Anwendung wahrgenommen. Aber auch die Geisteswissenschaften sind nicht zu vernachlässigen. In Indien habe ich mal den Fernseher eingeschaltet und wen sehe ich da? Unseren Militärhistoriker Sönke Neitzel, wie er den Zuschauern den Zweiten Weltkrieg erklärt. Auch das ist ein wichtiger Teil der Sichtbarkeit unserer Forschung und belegt ihre Bandbreite.
In der vergangenen Runde der Exzellenzinitiative ist es nicht gelungen, ein Cluster nach Potsdam zu holen. Für die kommende Runde wurden gleich drei UP-Anträge eingereicht. Was hat sich seit 2018 getan?
Ich denke, eine Universität muss nach ihrer Gründung erst einmal einen Reifeprozess durchlaufen, das zeigt sich nicht nur in Potsdam. In fünf Jahren lässt sich sowas nicht aus dem Boden stampfen. Nachwendegründungen in der Unilandschaft sind erst jetzt in einer Situation, wo sie die Strukturen und das Selbstbewusstsein haben, das zu schaffen. Das sieht man auch an den Exzellenzanträgen: In den ersten beiden Runden waren die Anträge nicht schlecht, aber der Track Record hat einfach nicht gereicht. Jetzt gehen wir mit drei Anträgen ins Rennen, die alle noch einmal besser aufgestellt sind. Das ist keine mangelnde Wertschätzung der vorherigen Generationen, sondern schlicht das Ergebnis der Entwicklung, der Berufungspolitik und der besseren finanziellen Ausstattung.
Wo sehen Sie die Forschungsuniversität Potsdam in fünf Jahren?
Ich hoffe, dass wir mit möglichst vielen Clusteranträgen Erfolg hatten und dass sich auch die Anzahl der Sonderforschungsbereiche erhöht hat. Fünf wäre eine schöne Zahl für eine Uni unserer Größe. Wenn das gelingt, ist es durchaus denkbar, in 10 bis 20 Jahre in die Spitze der 10 bis 15 forschungsstärksten Unis aufzusteigen. Das ist sicher ambitioniert, aber nicht vermessen.
Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal Wissen - Zwei 2023 „Exzellenz“ (PDF).