Depressionen sind eine weit verbreitete psychische Erkrankung, die mit eingeschränkter Lebensqualität und oftmals mit weiteren Erkrankungen und erhöhter Sterblichkeit einhergeht. Sie verursacht hohe Kosten, etwa durch Arbeitsunfähigkeit und die Behandlung von Folgekrankheiten. Seit der COVID-19-Pandemie nehmen Depressionen deutlich zu, doch die Krankheit bleibt bei mehr als zwei Drittel der Erwachsenen, bei denen sie diagnostiziert wurde, unbehandelt.
Eine Vielzahl von Einzelstudien hat bereits gezeigt, dass Sport eine wirksame Behandlungsoption zur Verringerung depressiver Symptome bei Patientinnen und Patienten sein könnte. In ihrer Untersuchung haben Heißel und seine Kollegen nun systematisch 41 Studien mit insgesamt 2.264 erwachsenen Teilnehmern ausgewertet – es handelt sich um die aktuellste und umfassendste Arbeit zu den verfügbaren Untersuchungen. Ihr Fokus lag auf dem Einfluss von Sportinterventionen auf depressive Symptome bei Patientinnen und Patienten im Vergleich zu nicht aktiven Personen in Kontrollgruppen. Die Auswertung zeigt, dass Sportinterventionen mittlere bis starke Effekte auf depressive Symptome haben und damit eine vergleichbare Wirkung wie Psychotherapie oder Medikamente. Die größten Effekte haben Sportinterventionen, die von Fachpersonal betreut, im Gruppensetting durchgeführt und mit moderater Intensität ausgeübt werden sowie Programme mit Ausdauersport. Für die große Zahl von Menschen mit unbehandelten Depressionen, einschließlich derer, die Medikamente und/oder Psychotherapie ablehnen bzw. nicht vertragen, stellen Sportinterventionen somit eine zusätzliche evidenzbasierte Behandlungsoption dar.
Forschungsbedarf sieht die Gruppe noch in langfristigen Nachuntersuchungen sowie Studien im Versorgungskontext mit Psychotherapie bzw. Medikation in den Vergleichsgruppen, die erforderlich sind, um zu zeigen, dass Sportinterventionen den derzeitigen Erstlinienbehandlungen in ihrer (nachhaltigen) Wirksamkeit nicht unterlegen sind. Dabei sollten auch die potenziellen Synergieeffekte von Bewegung und Sport bedacht werden, z.B. in Bezug auf das muskuloskelettale und das Herz-Kreislaufsystem sowie das Gehirn.
Die Arbeit von Heißel und Kollegen wurde nun im British Journal of Sports Medicine veröffentlicht, der weltweit renommiertesten von Fachleuten geprüften wissenschaftlichen Zeitschrift im Bereich Sportmedizin und -wissenschaft. Die Ergebnisse könnten daher in Leitlinien und Empfehlungen z.B. der WHO eingehen.
Link zur Publikation: Exercise as medicine for depressive symptoms? A systematic review and meta- analysis with meta-regression, Dr. Andreas Heissel, Darlene Heinen, Luisa Leonie Brokmeier, Nora Skarabis, Prof. Maria Kangas, Prof. Davy Vancampfort, Dr. Brendon Stubbs , Prof. Joseph Firth, Prof. Philip B Ward, Prof. Simon Rosenbaum, Prof. Mats Hallgren, Prof. Felipe Schuch, British Journal of Sports Medicine, 2.2.2023, doi: 10.1136/bjsports-2022-106282
Kontakt: Dr. Andreas Heißel, Professur für Sozial- und Präventivmedizin
Tel.: 0331 977-4049
E-Mail: andreas.heisseluuni-potsdampde
Medieninformation 02-02-2023 / Nr. 013