Bei einer Jagd nach heißen Sternen hat ein deutsches Team von Astronomen, mit Beteiligung der Universität Potsdam, einen neuen Typ von seltsamen Sternen entdeckt. Während normale Sternoberflächen aus Wasserstoff und Helium bestehen, sind die Sterne, die von Prof. Klaus Werner von der Universität Tübingen und seinen Potsdamer Kollegen entdeckt wurden, bedeckt mit Kohlenstoff und Sauerstoff, der Asche der Helium-Kernfusion. Die exotische Zusammensetzung ist umso rätselhafter, weil die Sterne Temperaturen und Durchmesser aufweisen, die anzeigen, dass in ihren Kernregionen die Heliumfusion weiterhin aktiv ist.
„Normalerweise erwarten wir von Sternen mit dieser chemischen Oberflächenzusammensetzung, dass sie die Heliumfusion im Zentrum bereits beendet haben, und sich auf dem Weg zum Endstadium ihrer Entwicklung zum weißen Zwerg befinden“, erklärt Klaus Werner. Die nun neu entdeckten Sterne wurden im Rahmen eines großangelegten Suchprogramms gefunden, das von Prof. Stephan Geier von der Universität Potsdam geleitet wurde. „Ziel dieses Suchprogramms war es, kurzlebige, heiße Sterne aufzufinden, um die Endphasen der Sternentwicklung besser zu verstehen. Von den Sternen nehmen wir Spektren auf, die wir dann wiederum analysieren, um zum Beispiel die chemische Zusammensetzung zu bestimmen“, erklärt er. Diese Sterne sind sehr leuchtschwach, deshalb kommen dafür nur große optische Teleskope zum Einsatz. Das größte, das zur Entdeckung dieser neuen Sterne beitrug, ist das Large Binocular Telescope in Arizona, bestehend aus zwei 8,4 Meter großen Hauptspiegeln.
Die Forschungsergebnisse sind in den jüngsten Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht. In einem parallel dazu publizierten Artikel von einer Gruppe von Astronomen der Universität von La Plata (Argentinien) und dem Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching wird eine mögliche Erklärung für die Herkunft dieser Sterne geliefert. „Wir glauben, dass die Sterne, die unsere deutschen Kollegen entdeckt haben, durch eine sehr seltene Art der Verschmelzung zweier weißer Zwerge entstanden sind“, sagt Miller Bertolami, der Erstautor der begleitenden zweiten Publikation. “In Doppelsternsystemen, die mit sehr spezifischen Sternmassen gebildet wurden, kann ein weißer Zwerg mit einem Kohlenstoff-Sauerstoffkern durch Gezeitenkräfte zerrissen werden. Sein Material wird dann auf der Oberfläche seines Weißen-Zwerg-Begleiters abgeladen und führt damit zur Entstehung dieser exotischen Sterne“, fügt der Wissenschaftler hinzu.
Allerdings können die derzeitigen Entwicklungsmodelle die gefundenen Sterne noch nicht vollständig erklären, wie Nicole Reindl von der Universität Potsdam weiter ausführt: „Wir brauchen ausgefeiltere Modelle, um zu beurteilen, ob diese Art von Sternverschmelzungen tatsächlich vorkommen. Solche Modelle werden uns nicht nur behilflich sein, die Herkunft dieser merkwürdigen Sterne zu verstehen, sondern im größeren Rahmen auch aufzudecken, wie die späten Stadien der Doppelsternentwicklung vor der Verschmelzung ablaufen, und wie dabei beide Sternkomponenten gegenseitig Materie austauschen.“ Bis Astronomen bessere Modelle für die Entwicklung von Doppelsternen entwerfen, wird der Ursprung dieser exotischen Sterne weiterhin diskutiert werden.
Links zu den Publikationen:
Klaus Werner, Nicole Reindl, Stephan Geier, Max Pritzkuleit, Discovery of hot subdwarfs covered with helium-burning ash, Monthly Notices of the Royal Astronomical Society: Letters, Volume 511, Issue 1, March 2022, Pages L66–L71, https://doi.org/10.1093/mnrasl/slac005
M M Miller Bertolami, T Battich, A H Córsico, L G Althaus, F C Wachlin, An evolutionary channel for CO-rich and pulsating He-rich subdwarfs, Monthly Notices of the Royal Astronomical Society: Letters, Volume 511, Issue 1, March 2022, Pages L60–L65, https://doi.org/10.1093/mnrasl/slab134