Die Transformation der ostdeutschen Geisteswissenschaften: Potsdam im Vergleich
Lara Büchel:
„Transformation“, „Erneuerung“, „Kolonisierung“: Mit diesen gegensätzlichen Begriffen beschrieben Beteiligte die Umgestaltung der ostdeutschen Hochschulen nach dem Systemwechsel von 1989/90. Doch wie kommt diese widersprüchliche Wahrnehmung zustande? Die Bewertung hängt stark davon ab, ob sich die Akteure selbst auf der Gewinner- oder Verliererseite verorten, ob sie als Außenstehende oder Betroffene darauf zurückblicken und nicht zuletzt, ob sie eine west- oder ostdeutsche Perspektive einnehmen. Die Veröffentlichungen und Jubiläumsschriften zum „Hochschulumbau Ost“ waren bis in die frühen 2000er Jahre von subjektiven Erinnerungen, polarisierenden Bewertungen und gegensätzlichen Erfahrungen geprägt. Trennende Linien verliefen dabei meist zwischen Beteiligten west- und ostdeutscher Herkunft. Teilweise haben sich die Sichtweisen bis in die Gegenwart verfestigt. In den Geschichtswissenschaften erfährt die Betrachtung der ostdeutschen Umbruchszeit seit einigen Jahren einen regelrechten Boom. Dies hängt im Wesentlichen mit Forschungstrends und -bedingungen zusammen, die auch für mein Dissertationsprojekt von zentraler Bedeutung sind.
Lange Umgestaltung von den 80ern bis in die 90er
Ich möchte die Umgestaltungsprozesse an den Hochschulstandorten Potsdam und Dresden rekonstruieren und dabei nicht als bloße Erfolgs- oder Verfallsgeschichte erzählen, sondern als einen Prozess mit offenem Ausgang, der nicht erst im Herbst 1989 begann. Vielmehr bewegt sich meine Untersuchung auf der Zeitachse zwischen den 1980er und 1990er Jahren. Denn erst durch die Untersuchung der gesellschaftspolitischen Entwicklungen in der DDR während der 1980er Jahre und der schleichenden Erosion des sozialistischen Hochschulsystems lässt sich die Komplexität des Transformationsprozesses analysieren und in einen breiteren historischen Kontext einbetten. Zudem ist es so möglich, auch längere Traditionslinien, die teilweise bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen – wie etwa das Humboldt’sche Bildungsideal –, in die Analyse miteinzubeziehen. Sie spielten bei der Vereinigung beider deutscher Wissenschaftssysteme eine wichtige Rolle und entfalteten dabei eine integrative und identitätsstiftende Wirkung.
Des Weiteren untersuche ich den ostdeutschen Elitenwechsel, von dem die Geisteswissenschaften aufgrund ihrer ideologienahen Ausrichtung besonders stark betroffen waren, als eine Geschichte mit zwei Seiten. Erfahrungen west- und ostdeutscher Akteure werden gleichermaßen in die Analyse einbezogen. Zu beobachten ist, dass die Evaluierungsverfahren zu Beginn der 1990er Jahre von einer starken Machtasymmetrie geprägt waren: Ostdeutschen Evaluierten standen zumeist westdeutsche Evaluierende gegenüber. Auch die unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen in den neuen Ländern spielten dabei eine erhebliche Rolle. Aus meinen bisherigen Forschungen zum Elitenwechsel in den Geisteswissenschaften wird jedoch deutlich, dass die fachlichen und politischen Überprüfungsverfahren sowohl in Sachsen als auch in Brandenburg beim Prozess der „personellen Erneuerung“ nur eine untergeordnete Rolle spielten. Entscheidend war vielmehr, ob Personal ab- oder aufgebaut wurde und ob Hochschulen und Fachbereiche pauschal abgewickelt oder in neu gegründete Universitäten integriert werden sollten. Der bis in die Mitte der 1990er Jahre sich hinziehende Personalumbau im Osten führte überdies zu einer Ko-Transformation der Universitäten in Westdeutschland. So gerieten auch dort die geisteswissenschaftlichen Fächer unter einen stärkeren Wettbewerbsdruck, der die Orientierung an internationalen Trends, Drittmitteln und Sparauflagen notwendig machte.
Seit der Gründung der Universität Potsdam im Jahr 1991 sind 30 Jahre vergangen. Diese Zahl markiert in der Zeitgeschichte eine wichtige Schwelle, an der bisher gesperrte Akten zugänglich und neue Quellen erschlossen werden können. Für mein Dissertationsprojekt ist dies entscheidend: So konnte ich bis dato nicht zugängliche Akten aus den Wissenschaftsministerien, Landesverwaltungen und Universitätsarchiven einsehen. Neben zeithistorischen Quellen komplettieren Oral-History-Interviews, Ego- Dokumente und Autobiografien von am Transformationsgeschehen beteiligten Akteuren den multiperspektivischen Ansatz.
Derzeit beschäftige ich mich intensiv mit dem Bestand des Ministeriums für Volksbildung, der im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde überliefert ist. Die dort für die Pädagogischen Hochschulen zuständige Hauptabteilung Lehrerbildung überwachte akribisch die Situation in den Sektionen und nahm erheblichen Einfluss auf Lehre und Forschung. Im Zuge meiner Archivrecherchen habe ich die Beobachtung gemacht, dass es den Hochschulleitungen seit Mitte der 1980er Jahre zunehmend schwerer fiel, geeignetes Personal zu finden, das sowohl den fachlichen als auch den politisch-ideologischen Ansprüchen genügte. Gleichzeitig wurden die Funktions- und Leitungsstellen an den Hochschulen von der sogenannten DDR-Aufbaugeneration blockiert. Inwiefern sich diese generationelle Konstellation an den Hochschulen zum Ende der DDR auch auf den Umbruchsprozess nach 1989/90 auswirkte, bleibt eine spannende Frage, die ich in meinem Dissertationsprojekt beantworten möchte.
Das Projekt
In ihrem Dissertationsprojekt untersucht Lara Büchel den Wandel in der Lehrkräfteausbildung für die Geisteswissenschaften in Potsdam und Dresden. Besondere Betrachtung findet dabei der Umbau in Struktur und Personal während der Transformationsphase. Zudem werden Kontinuitäten und Umbrüche in den Forschungs- und Lehrinhalten vom Übergang der 1980er in die 1990er Jahre analysiert.
Die Forscherin
Lara Büchel studierte Geschichte, Kulturwissenschaften und Public History an der Eberhard-Karls Universität Tübingen und der Freien Universität Berlin. Seit April 2019 promoviert sie an der Universität Potsdam zur Transformation der ostdeutschen Geisteswissenschaften.
E-Mail: lara.buecheluuni-potsdampde
„Die Naturwissenschaften im Transformationsprozess der ostdeutschen Hochschulen. Potsdam in vergleichender Perspektive“
Dorothea Horas
Am 20. Oktober 2020 steige ich in den RE 1 am Zoologischen Garten in Berlin. Heute soll es jedoch nicht nach Potsdam gehen, sondern bis zur Endstation Magdeburg. Im dortigen Landesarchiv Sachsen- Anhalt warten Berge von Akten auf mich – darunter zahlreiche Einsprüche und Gerichtsverfahren gegen negative Evaluierungen an der Pädagogischen Hochschule (PH) „N. K. Krupskaja“. Die in Halle ansässige Hochschule dient mir zum Vergleich bei meiner Untersuchung des Transformationsprozesses der Universität Potsdam, deren wichtigste Vorgängereinrichtung ebenfalls eine PH war. Am Beispiel beider Institutionen gehe ich den Fragen nach, inwieweit die Naturwissenschaften an den PHs der DDR unpolitisch bleiben konnten und welche Rolle Beschäftigte aus den Naturwissenschaften im Transformationsprozess der ostdeutschen Hochschulen in den 1990er Jahren einnahmen.
Einen Teilaspekt meiner Arbeit bilden die Evaluierungen des Personals, die nach 1990 einsetzten. An beiden Einrichtungen durchliefen die Hochschulangehörigen politische, fachliche und bedarfsorientierte Überprüfungen. Auf diesem Weg sollten persönliches Fehlverhalten und wissenschaftsfremde Entscheidungsfaktoren aufgedeckt sowie die Beschäftigten in eine an westdeutsche Maßstäbe angelehnte Stellenstruktur überführt werden. Zur Beurteilung der politischen Integrität wurden an beiden Hochschulen Personalkommissionen eingesetzt, die das jeweilige Personal überprüften. Die Arbeit der Kommission in Halle führt mich nun nach Magdeburg, wo die Akten des Kultusministeriums Sachsen-Anhalts archiviert sind. Zuvor habe ich das Online-Findbuch des Archivs durchkämmt, doch erst ein hilfreiches Gespräch mit dem zuständigen Archivar führte mich zu diesen besonders spannenden Akten. Jede Akte des Stapels ist einer Person bzw. einem Beschwerdeverfahren gegen eine negative Evaluierung zugeordnet. Es handelt sich also um personenbezogene Akten aus den 1990er Jahren, die im Jahr 2020 aufgrund archivalischer Schutzfristen grundsätzlich nicht zugänglich sind. Für Forschungsprojekte kann diese Frist jedoch verkürzt werden, sodass ich die Akten doch einsehen darf. Einige der Akten sind zentimeterdick, andere bestehen nur aus wenigen Blättern.
Die kommenden Wochen sind geprägt von langen Zugfahrten zwischen Berlin und Magdeburg und dem intensiven Aktenstudium. Ich versuche, wiederkehrende Argumentationsstrukturen in den Briefwechseln und Gerichtsverfahren zu erkennen, daraus Schlüsse über die Verfahrensweise der Personalkommission zu ziehen und Vergleiche zur Tätigkeit der Potsdamer Personalkommission anzustellen. Das Fotografieren der Akten ist nicht erlaubt, Kopien wiederum sind kostenpflichtig und werden stellenweise geschwärzt. Deshalb mache ich mir zahlreiche Notizen. Nach der Durchsicht des Stapels steht fest: Die Personalkommission in Halle verfuhr wesentlich rigoroser als ihr Pendant in Potsdam. Dies ist zunächst nicht sonderlich überraschend, wurde Potsdam doch immer wieder eine besonders nachsichtige Vorgehensweise unterstellt. Zahlreiche Zeitungsartikel aus den 1990er Jahren dokumentieren diese Kritik. Doch auch im Vergleich mit Kommissionen anderer ostdeutscher Hochschulen sind die Zahlen in Halle deutlich. Dieses Ergebnis kommt nun doch unerwartet, da die PH Halle einen naturwissenschaftlichen Schwerpunkt hatte und die Naturwissenschaften der DDR nach 1990 als eher unideologisch galten bzw. sie weniger von negativen Evaluierungen betroffen waren als die Geisteswissenschaften.
Wandel mit lokalen Eigenheiten
War die PH Halle in der DDR-Zeit vielleicht einfach größerer politischer Einflussnahme ausgesetzt als die PH in Potsdam? Die Tatsache, dass die PH in Potsdam ein Lieblingskind der Volksbildungsministerin Margot Honecker war, spricht gegen diese Lesart. Meine Archivrecherche in Magdeburg lässt vielmehr den Schluss zu, dass für die Evaluation der Beschäftigten an den einstigen DDR-Hochschulen – trotz Einzelfallprüfungen – weniger die politische Belastung einzelner Personen als vielmehr die spezifischen lokalen Gegebenheiten in der Transformationszeit eine zentrale Rolle spielten. Auch die Naturwissenschaften bildeten da keine Ausnahme. Um diesen lokalen Gegebenheiten auf die Spur zu kommen, müssen sowohl die damalige Hochschullandschaft des Bundeslandes und die hochschulpolitischen Maßnahmen der Landesregierung als auch einzelne Akteure wie beispielsweise die Personalkommissionsmitglieder und ihre Biografien in den Blick genommen werden. Das kann nur durch weitere Recherchen insbesondere in den einschlägigen Archiven gelingen, doch die Corona-Pandemie erschwert deren Planung und Durchführung massiv. Der Zugang zu Archiven ist stark limitiert. Monate zuvor gebuchte Termine fallen häufig aus und Ersatztermine sind entweder nur spontan zu bekommen oder wieder mit wochenlangen Wartezeiten verbunden. Trotz der widrigen Umstände konnte ich über die letzten zwei Jahre eine immense Materialfülle ansammeln, die mich vorerst über die immer noch bestehenden Lücken hinwegtrösten kann. Am Ende bleibt die letzte Hürde: das Zusammenführen, Analysieren und Aufschreiben der Ergebnisse.
Das Projekt
In ihrem Projekt „Die Naturwissenschaften im Transformationsprozess der ostdeutschen Hochschulen. Potsdam in vergleichender Perspektive“ untersucht Dorothea Horas die Umgestaltung der Naturwissenschaften in Potsdam und Halle. Die Studie soll ausgehend von den Pädagogischen Hochschulen der 1980er Jahre den Blick über den unmittelbaren Umbruch 1989/90 hinweg bis in die 1990er Jahre weiten.
Die Forscherin
Dorothea Horas hat vor ihrem Studium eine Ausbildung zur Technischen Assistentin für naturkundliche Museen und Forschungsinstitute am Senckenberg-Institut in Frankfurt am Main absolviert. Im Anschluss studierte sie an der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg, der Universidad Nacional de San Marcos und der Philipps- Universität Marburg Geschichte, Archäologie und Gender Studies, bevor sie für ihre Promotion nach Potsdam wechselte.
E-Mail: dorothea.horasuuni-potsdampde
Forschungseinblicke: Auf Spurensuche nach verschütteten Zukünften einer Brandenburger Landesuniversität
Axel-Wolfgang Kahl
Über vergangene Zeiten kann auch die Form der Hinterlassenschaft eines historischen Materials Auskunft geben. Anhand der Überlieferungen ausgewählter Quellen aus der Potsdamer Umbruchszeit zeigt sich das beispielhaft. In den Sammlungen des Potsdamer Universitätsarchivs befindet sich unter anderem ein Quellenbestand mit der Aufschrift „Sammlung Steding“: Sechs sog. Verzeichnungseinheiten – Sitzungsprotokolle, Korrespondenzen, hausinterne Dienstanweisungen, Redemanuskripte, handgeschriebene Namenslisten, Zeitungsausschnitte, usw. – bilden den mutmaßlichen Inhalt eines Schreibtisches oder ganzen Arbeitszimmers. Ob in den damals turbulenten Zeiten zufällig und ungeordnet oder letztlich absichtsvoll hinterlassen, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Eines aber wird mir bei der Durchsicht klar: Dieses Schriftgut, das zur Jahreswende 1990/91 eingelagert und erst jetzt wieder eingesehen wurde, ist ein Produkt der radikalen und schnellen Veränderungen einer spannungsreichen Episode der Zusammenführung von unterschiedlichen, unabhängig voneinander agierenden Hochschuleinrichtungen.
Zwischen Hoffnung und Realität
Hinter dem Namen Prof. Dr. Rolf Steding (1937–2016) steht der Rektor der einstigen auf dem heutigen Campus Griebnitzsee gelegenen Hochschule für Recht und Verwaltung, die im Zuge der Friedlichen Revolution aus der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR hervorgegangen war. Mithilfe der Quellenkritik, dem Rüstzeug der Geschichtswissenschaft, rekonstruiere ich aus dem scheinbaren Chaos der Akten die dramatischen und vielschichtigen Ereignisse am Potsdamer Hochschulstandort des Jahres 1990 und bette sie in die allgemeinen hochschulpolitischen Entwicklungslinien der Umbruchszeit ein. Auf diese Weise kann ich aufzeigen, dass Stedings Handeln besonders zwei Motiven, die für diese Episode charakteristisch sind, folgte: einem großen Enthusiasmus angesichts der Demokratisierung und der Hoffnung auf Selbstbestimmung der Hochschulen auf der einen Seite. Auf der anderen Seite Reformbestrebungen mit dem Ziel, als Einrichtung auch nach der Wende dauerhaft bestehen zu können. Verbunden war das mit heftigen zwischenmenschlichen Konflikten im Zuge verordneter Personalreduzierungen bei einer grassierenden Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland.
Eine Möglichkeit zum Erhalt bestand in einer schrittweisen Integration in eine zu gründende Brandenburger Landesuniversität. Aus Notizen eines Redebeitrages Stedings erfahre ich, dass im Zuge der Wiedergründungen der ostdeutschen Bundesländer hier vor Ort öffentliche Debatten über eine solche Einrichtung geführt wurden. So war er Gast beim „Brandenburger Dialog“ der SPD und offensichtlich über einen wissenschaftspolitischen Vorstoß beunruhigt, die geplante Landesuniversität Brandenburg könnte unter Ausschluss der Potsdamer Hochschulen an der Grenze zu Polen entstehen. Doch an diesem Abend im September 1990 konnte er beruhigt sein: Für den Fall eines (weitgehend sicheren) Wahlsieges der SPD bei der Landtagswahl versprach die Partei eine dezentrale Hochschullandschaft: Danach sollten alle bestehenden Hochschuleinrichtungen in drei Universitäten an den Standorten Potsdam, Frankfurt/Oder und Cottbus aufgehen. Rolf Steding schien erleichtert, all seine Anstrengungen seit dem Amtsantritt im Frühjahr 1990 wären somit nicht vergebens, und so lobte er das Konzept: „Nach einem Jahr politischen Affentheaters [könne] endlich wieder eine seriöse, berechenbare Politik“ betrieben werden.
Die SPD würde die Wahlen in Brandenburg zwar gewinnen, doch sollten sich die Hoffnungen des Rektors keine drei Monate später – mit dem Abwicklungsentscheid seiner Hochschule und der sofortigen Teilintegration in die Brandenburgische Landeshochschule – zerschlagen. Der von der Landesregierung forcierte, temporeiche Gründungsweg zu einer Universität Potsdam wich wesentlich von der – teils naiven – Vorstellung Stedings nach einer schrittweisen und gleichberechtigten Teilhabe an der Neuordnung der Rechts-, Wirtschaft- und Sozialwissenschaften ab. Stattdessen wurde nur ein geringer Anteil an wissenschaftlichem Personal seiner Hochschule dauerhaft in die Universität Potsdam integriert. Eine Bürde im Prozess des Zusammenwachsens der jungen Universität? Aus überlieferten Zeitzeugeninterviews mit Rolf Steding entnehme ich, dass zumindest er die damaligen Erfahrungen nie ganz verarbeiten konnte.
In meiner Teilstudie will ich alle Perspektiven der an dem Umbau der Potsdamer Hochschullandschaft involvierten Akteure einbringen. Die Transformation des DDR-Hochschulwesens war ein asymmetrischer, aber keinesfalls linearer historischer Prozess. Was ab dem revolutionären Herbst 1989 an Reformprozessen und Möglichkeitsräumen auch an den ostdeutschen Hochschulen angestoßen wurde, blieb in der Realisierung der frühen 1990er Jahre vielfach hinter den Erwartungen einiger der betroffenen Personen zurück. Viele der damals virulenten Alternativen sind von den faktischen Gründungsprozessen in der institutionellen und medialen Erinnerung überlagert oder verschüttetet worden. In einer zeithistorischen Geschichtsschreibung des Potsdamer Hochschulstandortes der Umbruchszeit werde ich diese verschiedenen Erfahrungsräume gleichberechtigt in meiner Darstellung zusammenführen.
Das Projekt
In seinem Dissertationsprojekt untersucht Axel- Wolfgang Kahl die Transformationspfade der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Potsdam und Leipzig. Sein Augenmerk liegt insbesondere auf den vielfach unerfüllten Vorstellungen der am Prozess der Umgestaltung der Hochschullandschaft Ost beteiligten Personen.
Der Forscher
Axel-Wolfgang Kahl studierte Geschichte, Philosophie und Global History an der Universität Potsdam, der University of Tartu, der Ruprecht- Karls-Universität Heidelberg und der University of Delhi. Seit Mai 2019 promoviert er an der Universität Potsdam zur Transformation der ostdeutschen Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in vergleichender Perspektive.
E-Mail: axel-wolfgang.kahl.iiuuni-potsdampde
Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal Wissen - Zwei 2021 „Aufbruch“ (PDF).