Die Universitätsbibliothek (UB) führte vor einigen Jahren ein Forschungsprojekt durch, in dem 6.000 Judaica-Bände auf NS-Raubgut-Spuren überprüft wurden. Die Forschungsergebnisse dokumentierte die UB in einer Datenbank. Bislang konnten aber nur wenige Erben der einstigen Besitzer ausgemacht und die Bücher zurückgegeben werden. Das Problem: Unterschiedliche Datenbanken an verschiedenen Bibliotheken sind nicht miteinander verbunden und lassen Datensilos entstehen – „ein klassisches Informatik-Problem“, erklärt Jan Bernoth, Initiator des Hackathons.
Nachdem die Studierenden sich am ersten Tag persönlich am Campus kennengelernt hatten, trafen sie sich am Samstag und Sonntag im virtuellen Raum, arbeiteten teils bis spät in die Nacht und präsentierten ihre Ergebnisse zum Abschluss des Hackathons. „Die Studierenden haben an einem einzigen Wochenende einen Algorithmus entwickelt, der die Einträge in den verschiedenen Datenbanken abgleichen kann. Das Wissen über die beraubten Personen kann so gebündelt werden. Ein weiterer Schritt bei der Ermittlung der Erben“, berichtet Bernoth stolz.
Der Wissenschaftliche Mitarbeiter im Projekt Innovative Hochschule hatte die Idee zum Hackathon bei seiner Arbeit im Teilprojekt ONE.UP. Darin konzipiert er mit Prof. Dr. Ulrike Lucke und Martin Schwenke ein Dashboard, das Forschende und Lehrende in ihrem universitären Alltag unterstützt. Es soll Daten aus dem wissenschaftlichen und administrativen Umfeld der Universität analysieren und zum Beispiel Vorschläge zu passenden Veranstaltungen, Kontakten oder Publikationsmöglichkeiten machen. „Für unser Projekt habe ich mich auf die Suche nach offenen Datenquellen an der Universität gemacht – und festgestellt: Es gibt nicht so viele.“ Zwar stellt das Studentenwerk die Essenspläne ihrer Mensen online und einige Lehrende machen die Inhalte ihrer Lehrveranstaltungen öffentlich. Aber gerade aus dem Bereich Forschung und Transfer gebe es bisher wenig – „Open University“ scheint also ein Stück weit Zukunftsmusik zu sein. „Dieses Problem wollte ich mit dem Hackathon angehen“, sagt Bernoth. „Denn Wissenschaft sollte transparent und für die Öffentlichkeit zugänglich sein.“
Ulrike Lucke war von der Idee eines Hackathons „hellauf begeistert“ – schließlich ging es um Studierendenbeteiligung und darum, ganz verschiedene Einrichtungen der Universität zusammenzubringen. Die Challenges kamen nämlich nicht nur von der UB, sondern unter anderem aus der Mathematik- und Geschichtsdidaktik, vom Theodor-Fontane-Archiv, aus der Informatik oder vom ZIM. Wo finde ich welches Haus auf dem Campus oder freie Lernräume? Wann ist es in der Mensa am vollsten? Wie plane ich meinen Studienverlauf am besten und wie recherchiere ich eigentlich effizient im Internet? Jan Bernoth hofft, dass die Studierenden sich bei künftigen Hackathons an solche und andere Aufgaben herantrauen – die schließlich auch ihren Studienalltag erleichtern können.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können ihre Arbeit nun als Grundlage für ihre Abschlussarbeiten nutzen, wenn sie das möchten. Und auch die UB ist mit Jan Bernoth darüber im Gespräch, wie sie die Ergebnisse des Hackathons einsetzen kann. Der Informatiker plant bereits weitere Hackathons, damit die Idee einer Open University in greifbare Nähe rückt.