Wann war Ihnen klar, dass Sie als Jurist in die Wissenschaft gehen würden?
Nach den ersten Monaten als wissenschaftlicher Mitarbeiter hatte ich „Blut geleckt“. Versuchen zu verstehen, worüber kluge Menschen (es gibt auch kluge Juristen, nicht nur solche von mäßigem Verstand) seit Jahrhunderten nachgedacht haben, reizt mich bis heute. Und ein bisschen an der Weiterentwicklung des Rechts mitzuwirken, verschafft mir eine gewisse Befriedigung.
Warum sind Sie Strafrechtler geworden?
Strafrecht ist das pralle Leben. Ich finde es interessanter, die richtige staatliche Reaktion auf einen Kapitalanlagebetrug oder eine Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zu finden, als zu entscheiden, welchem Ehepartner im Falle der Scheidung der Dackel Waldi zuzusprechen ist (sorry, liebe ZivilrechtlerInnen).
Wie war die Uni Potsdam, als Sie 1994 hierherkamen?
Vieles war noch „provisorisch“ und es gab zahlreiche ungelöste Probleme in personeller und finanzieller Hinsicht. Wir „Babelsberger“ mussten anfangs um die Anerkennung der anderen Fakultäten kämpfen. Trotz allem herrschte eine Aufbruchsstimmung. Gefühlt alle Universitätsangehörigen wollten die Hochschule voranbringen. Die Studierenden waren engagiert und aufgeschlossen, sodass wir – damals häufig noch im Park Babelsberg – auch zwischen den Vorlesungen interessante Diskussionen führten.
Wenn Sie im April 2021 in Ruhestand gehen, wird die Uni Potsdam 30. Wie fällt Ihr Blick zurück auf Ihre 27 Jahre UP aus?
Die Universität hat sich kontinuierlich und mit stetig wachsender Dynamik entwickelt. Die in den ersten Jahren nicht selten zu hörende Frage „In Potsdam gibt es eine Universität?“ wurde mir später nicht mehr gestellt, sondern die UP hat sich in der deutschen und internationalen Hochschullandschaft etabliert. Für mich persönlich waren es uneingeschränkt erfreuliche 27 Jahre, in denen ich meine Vorstellung von wissenschaftlicher Arbeit verwirklichen konnte. Besonders dankbar bin ich dafür, dass ich die Gelegenheit erhielt, viele ausländische Kolleginnen, Kollegen und Studierende kennenzulernen, sie an zum Teil „exotischen“ Orten zu treffen und freundschaftliche Beziehungen zu entwickeln. Diese Erfahrungen haben meine Sicht auf mein Fach und auf die Welt maßgeblich geprägt.
Wenn Sie den Wissenschaftsbetrieb ändern könnten, würden Sie …
die bürokratischen Hürden herabsetzen (das ist leichter gesagt als getan, da wir mit dem Geld der Bevölkerung umgehen, aber etwas geringer könnte die Bürokratie dennoch sein) und den Druck auf junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ständig unter Beweis stellen zu müssen, besser zu sein als alle anderen, verringern.
Wenn Sie an Ihre Kindheit denken, was fällt Ihnen dann ein?
Die Freiheit, die ich hatte. Ich bin in einer Kleinstadt aufgewachsen in einer Straße, in der es keine Zäune und viele unbebaute Flächen gab. Wir Kinder durften – meistens – tun, was wir wollten (z.B. auf hohe Bäume klettern, den Wald durchstreifen, an und in Bächen spielen). Zum Glück wussten unsere Eltern oft nicht, was ihre Kinder so alles angestellt haben.
Was würden Sie gern können?
Richtig gut Schlagzeugspielen. Als Drummer mit einer Rockband 20.000 auf der Waldbühne einzuheizen, wäre schon schön. Dafür ist es aber leider zu spät.
Wovon träumen Sie?
Ich hoffe, es bleibt nicht bei einem Traum: Ich wünsche mir, dass wir möglichst bald wieder zu einem „normalen“ Leben zurückkehren können. Ich möchte gerne noch viele wissenschaftliche und persönliche Begegnungen, die im letzten Jahr nicht oder nur online stattfinden konnten, an schönen Orten erleben.
Was macht Sie glücklich?
Es reicht der Platz hier nicht, alles zu nennen, aber eine kleine Auswahl kann ich geben: Das Gefühl, dass es den Menschen, die mir etwas bedeuten, gut geht. Branzino in Crosta di Sale im Ristorante „Il Cantinone Storico“ in Venedig und Mitternacht in der „Bar Tiberio“ auf der Piazzetta in Capri – mit meiner Frau.
Womit können Sie schlecht umgehen?
Ignoranz, Hartherzigkeit, Dummheit, vor allem, wenn diese drei Untugenden zusammentreffen.
Haben Sie ein Lebensmotto?
Es wird schon irgendwie klappen!
Nach Potsdam sind Sie gekommen, weil …
es sich ergab (C4 in Potsdam schlug C3 in Heidelberg). Geblieben bin ich aus Überzeugung.
Worüber haben Sie sich zuletzt gefreut?
Vor wenigen Tagen über die Geburt meines Enkelsohnes.
Haben Sie Lieblingsorte in Potsdam?
Einige. Selbstverständlich Sanssouci, Cecilienhof und die Meierei bei Sonnenuntergang (beim Bier mit russischen Kolleginnen und Kollegen).
Berge oder Meer?
Eher Meer. Aber auch der Lago di Como wegen der Kombination von Wasser und Bergen.
Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Eins 2021 „30 Jahre Uni Potsdam“ (PDF).