1. Kaffee oder Tee?
Auch wenn ich viel Tee trinke, gewinnt Kaffee, für mich der bessere Muntermacher früh morgens.
2. Berg oder Meer?
Schwierige Frage, da gewinnt der Berg. Ich bin begeisterter Ausdauersportler und finde es dann doch schöner, mit dem Rennrad die Berge zu erklimmen bzw. Höhenläufe zu machen und im Winter alpines Skifahren, auch wenn ich gerne am Wasser bin.
3. Ist das Glas bei Ihnen eher halbvoll oder halbleer?
Halbleer – ich bin eher ein Pessimist.
4. Käse oder Wurst?
Käse, auch gerne abends mit einem guten Rotwein.
5. Früher Vogel oder Nachteule?
Früher Vogel. Mit Kindern lässt sich das auch nicht mehr ändern.
6. Obst oder Gemüse?
Ich esse viel Obst und viel Gemüse und mag auch beides sehr, da kann ich mich nicht entscheiden.
7. Labor oder Schreibtisch?
Das Labor fehlt mir schon. Allerdings ist es sehr toll, Dinge zu planen, die Ergebnisse zu erhalten und mit meinen Mitarbeitern diese zu diskutieren.
8. Haben Sie ein Motto?
Nicht wirklich. Hart arbeiten und am Ende wird sich dann hoffentlich der Fleiß auszahlen.
9. Was gesund ist, schmeckt nicht, was schmeckt, ist nicht gesund. Stimmt das?
Nein, auf keinen Fall. Man kann auch sehr gesund kochen und es schmeckt hervorragend.
10. Warum haben Sie Biologie studiert?
Mit zwölf wusste ich schon, dass ich Biologie studieren wollte. Als ich in der Schule durch meine Biologielehrer dem Fach näherkam, war ich völlig fasziniert. Später im Abitur die DNA-Helixstruktur, durch Watson & Crick entschlüsselt – das hat mich für immer in den Bann der Biologie gezogen. Ich war in der glücklichen Lage, dass ich das schon immer machen wollte und auch durfte.
11. Was war auf Ihrem Weg als Wissenschaftler ein Schlüsselmoment?
Definitiv die prägenden Jahre unter meinem Mentor Jens Brüning, in denen ich viel zu Stoffwechselkrankheiten, Diabetes, Übergewicht und Fehlernährung gelernt habe. Ein Schlüsselmoment, würde ich sagen, war unsere Beobachtung, dass allein das Auftreten der gesättigten Fettsäure Palmitat im Gehirn ausreicht, um den Stoffwechsel zu verschlechtern.
12. Zu welchem Thema forschen Sie?
Wir sind sehr daran interessiert, die Gründe und Konsequenzen der zentralen Insulinresistenz zu verstehen: Warum wirkt Insulin im Gehirn nicht mehr, was ist dafür zuständig? Welche Fehlernährung führt dazu, dass das Insulin nicht mehr richtig wirkt, und entsprechend unsere Nahrungsaufnahme wie auch unser emotionales Verhalten ändert? Gibt es Ansätze, wie wir durch eine neue oder präventive Ernährungsform dieses entweder verhindern oder wieder verbessern können?
13. Hat sich Ihre Forschung schon in Ihrem Speiseplan niedergeschlagen?
Ich glaube, das geht ein bisschen Hand in Hand. Dieses Intermittent Fasting [Anm.: Intervallfasten] kann helfen, gesund zu leben, wenn man eine lange Pause in der Nahrungszufuhr hat. Ja definitiv, die Forschung hat sich bei mir niedergeschlagen: Gesund essen, viel Obst, viel Gemüse, sehr ballaststoffreich, aber trotzdem gehört auch mal ein Eis dazu. Da bin ich nicht so restriktiv, dass ich mir so etwas verbieten lassen würde.
14. Sie sind erst vor Kurzem an die Uni Potsdam gekommen. Was steht als Erstes an?
Meine Gruppe aufzubauen und auch die Lehre voranzutreiben, vor allem jetzt in der schwierigen Situation mit Corona. Es ist ja doch eine neue Herausforderung, Vorlesungen aufzunehmen, Webinare zu geben, um den Studierenden eine optimale Lehre zu ermöglichen. Ich möchte eine gute Verbindung zu den Studierenden aufbauen und parallel international kompetitive Wissenschaft betreiben.
15. Was wollen Sie in Ihrer Zeit hier erreichen?
Ich möchte den Studierenden die Faszination von Ernährungswissenschaften vermitteln, vor allem den starken Einfluss des zentralen Nervensystems auf die Nahrungsaufnahme. Die Studierenden sollen frühzeitig lernen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und gegen das Stigma vorzugehen, dass Übergewichtige nicht genug Charakterstärke hätten, um sich vernünftig zu ernähren und weniger zu essen. Dies ist alles viel komplexer, als man denkt. Wir möchten verstehen, inwiefern Mitochondrien und Insulin im zentralen Nervensystem interagieren und dementsprechend nicht nur die Hirnfunktion beeinträchtigen, sondern auch den Stoffwechsel beeinflussen.
16. Was war Ihr größter Erfolg?
Privat: Meine Frau und ich haben geheiratet und zwei tolle Kinder bekommen.
Wissenschaftlich: Mein Team und ich konnten zeigen, wie wichtig die Insulinwirkung im zentralen Nervensystem und auch für unser emotionales Verhalten ist.
17. Was war Ihr größter Misserfolg?
Mir fällt kein wirklich großer Misserfolg ein. Wir können aber bis heute nicht ganz genau definieren, in welchen Hirnregionen Insulin unser emotionales Verhalten steuert. Das ist eine wissenschaftliche Fragestellung, die wir immer noch bearbeiten …
18. Sie haben in Köln studiert und promoviert. Sind Sie ein echter Karnevals-Jeck?
Aber natürlich! Ich bin auch schon im Karnevalszug mitgezogen und meine Kinder lieben Karneval.
19. Mit wem würden Sie gern einmal gemeinsam forschen?
Unter den heutigen Forschern: Stephen O’Rahilly, ein unglaublich begnadeter Humanforscher aus England, der u.a. die genetischen Formen von Adipositas im Menschen untersucht. Von Verstorbenen würde ich Dr. Frederick G. Banting nennen, er hat den Nobelpreis für die Entdeckung des Insulins bekommen.
20. Welche Entdeckung hätten Sie selbst gern gemacht?
Die Entdeckung und Erforschung des Insulins ist für mich immer noch eines der Forschungshighlights, und Frederick Banting hat dafür 1923 als der jüngste Nobelpreisträger in Medizin diesen Preis erhalten.
21. Was machen Sie damit, wenn Laborexperimente nicht so funktionieren wie erhofft?
Das ist natürlich unser täglich Brot. Forschungsergebnisse sind oft anders als man erwartet. Ich versuche mich abzulenken, fahre viel Fahrrad. Das entspannt und bringt mich auch wieder auf neue Ideen.
22. Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf am besten?
… dass man so kreativ arbeiten kann, dass man mit Menschen zusammen ist, die auch kreativ denken und die gleiche Leidenschaft mitbringen, die man selbst hat. Man kann unglaublich spannende Menschen in diesem Beruf erleben und in einem internationalen Umfeld hervorragend arbeiten.
23. Sie waren fünf Jahre an der Harvard Medical School in Boston. Was haben Sie davon mitgenommen?
Ich habe fünf tolle Jahre in den USA erlebt. Die Wissenschaftler bei uns im Labor, die auch Freunde geworden sind, haben mich sehr geprägt. Es sind alles Leute mit einem ähnlichen Mindset. Man ist stark auf die Wissenschaft fokussiert, genießt es, so forschen zu können, und hilft sich gegenseitig. Diese Netzwerke bleiben bestehen. Sich in einem neuen System zurechtfinden zu müssen, hilft nachher, internationale Gäste besser willkommen zu heißen, da man nun selbst weiß, wie es ist, allein in einer ganz neuen Stadt, in einem anderen Land zu leben. Wir bleiben den USA natürlich dadurch verbunden, dass unsere kleinere Tochter dort geboren ist und eine deutsch-amerikanische Staatsbürgerschaft hat.
24. Welchen Rat würden Sie jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit auf den Weg geben?
Durchhaltvermögen, immer wieder Durchhaltevermögen. Das ist eines der wichtigsten Dinge als Wissenschaftler, dass man sich nicht frustrieren lässt, nicht aufgibt, und dass man an seine eigene Forschung glaubt. Dann halte ich es für wichtig, auch das Labor zu wechseln, am besten sogar in ein anderes Land zu gehen, nicht nur der Wissenschaft wegen. Wenn man in einem anderen Land lebt, erweitert es den eigenen Horizont. Zudem baut man ein neues soziales und wissenschaftliches Netzwerk auf. Dies prägt einen und hilft, da man wissenschaftlich stark international agiert.
25. Volkskrankheit Diabetes: Was ist Ihr Ratschlag – wie kann man am besten vorbeugen?
Sport treiben und gesund essen. Man sollte komplexe Kohlenhydrate zu sich nehmen, gute Fette, ausreichend versorgt sein mit Spurenelementen und Vitaminen. Die Daten zeigen, dass die zwei großen Faktoren, die einen in diese Volkskrankheit Typ-2-Diabetes bringen können, wenig physische Aktivität und eine falsche Ernährung mit hochkalorischer, zuckerreicher und salzhaltiger Nahrung sind.
26. Wie verbringen Sie am liebsten Ihren Feierabend?
Ich mache abends sehr gerne Sport. Wenn ich zu Hause bin, esse ich als allererstes mit meiner Familie zu Abend, und ich genieße die Zeit mit meinen Kindern, aber dann geht es für mich auch öfter noch abends um neun auf das Rennrad oder ich gehe laufen.
27. Wann hat Wissenschaft zuletzt Ihr Leben verändert?
Einerseits natürlich Corona: Wir bleiben alle zu Hause und versuchen die vorgeschriebenen Maßnahmen so gut wie möglich umzusetzen. Andererseits für mich persönlich noch das Intermittent Fasting. Es gibt heutzutage so viele Daten, dass dieses zeitlich begrenzte Essen sehr vorteilhaft sein kann. Ich führe es selbst durch und sehe auch Vorteile.
28. Wenn Sie an Ihre Kindheit denken, was fällt Ihnen dann ein?
… dass ich eine tolle Kindheit hatte. Ich bin direkt am Naturschutzgebiet aufgewachsen, ich habe die frische Milch vom Bauern geholt und war eigentlich immer nur draußen. Das hat mich geprägt, deshalb bin ich bis heute ein starker Naturliebhaber.
29. Wen würden Sie mit auf eine einsame Insel nehmen?
Meine Frau und meine Kinder. Ich glaube, wir würden sehr gut auf einer einsamen Insel auskommen, solange sie groß genug ist, da wir alle gerne Sport machen.
30. Welches Buch, das Sie kürzlich gelesen haben, ist Ihnen im Gedächtnis geblieben?
Da fällt mir jetzt direkt „Krieg und Frieden“ ein. Natürlich ein Klassiker, aber es zeigt die Sinnlosigkeit von Kriegen und das Auf und Ab von Gefühlen. Dies ist mir stark im Gedächtnis geblieben – ein unheimlich gutes Buch.
31. Wie sieht Ihr Ausgleich zur Wissenschaft aus?
Mein Ausgleich zur Wissenschaft ist Sport: Ausdauersport, Fahrradfahren, Laufen, wenn es funktioniert auch Triathlon. Allerdings habe ich jetzt lange keinen Wettkampf mehr bestritten.
32. In welcher Situation in Ihrem Leben hatten Sie Glück?
Da fallen mir zwei Sachen ein. Die Private: dass mich meine Frau beim ersten Date nicht hat sitzenlassen. Ich kam eine halbe Stunde zu spät und sie hat wirklich eine halbe Stunde auf mich draußen gewartet. Das war viel, viel Glück. Das andere war, dass ich Stoffwechselforschung betrieben habe, obwohl ich eigentlich an Entzündungsforschung interessiert war. Als ich mir in Köln ein Labor für meine Diplomarbeit ausgesucht habe, bin ich als einer der ersten Diplomanden in Jens Brünings Labor gegangen. Das war ein Riesenglück, denn sonst wäre mein wissenschaftlicher Fokus nie so entstanden. Jens Brüning hat mich stark wissenschaftlich geprägt und ist bis heute mein Mentor.
33. Was gefällt Ihnen an Potsdam?
Ziemlich viel. Potsdam ist eine schöne Stadt und von der Größe her genau richtig. Groß genug, dass man anonym sein kann, und dennoch klein genug, dass man immer jemanden an der Ecke kennt. Eine tolle Stadt, gute Schulen, sehr gepflegt, die Seen, die vielen Wälder: Ich als Naturmensch genieße das sehr. Wir fühlen uns hier richtig wohl.
Der Forscher
Prof. Dr. André Kleinridders studierte Biologie an der Universität zu Köln. Seit 2020 ist er Professor für Molekulare und Experimentelle Ernährungsmedizin an der Universität Potsdam.
E-Mail: kleinriddersuuni-potsdampde
Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal Wissen - Zwei 2020 „Gesundheit“.