Insekten gelten heute freilich nicht jedem als Delikatesse, dabei wurden sie hierzulande schon von unseren Vorfahren als Nahrung verwertet: Maikäfersuppe war bspw. bis Mitte des 20. Jahrhunderts beliebt. Nun muss eine wachsende Weltbevölkerung ernährt werden und der Bedarf an hochwertigen Proteinen steigt. Laut Schweigert können Insekten da eine echte Alternative bieten. Zum Beispiel in Nudeln verarbeitet, sieht der Endverbraucher nicht, wer oder was als Rohstoff herhalten musste. Noch ist es mit ca. 50 bis 100 Euro pro Kilogramm deutlich teurer, Würmer oder Heuschrecken zu züchten, als ein Kilogramm Rindfleisch zu erzeugen, das mit nur 8 bis 12 Euro zu Buche schlägt. „Das wird sich ändern, der Markt ist vorhanden, glauben auch Investoren und arbeiten daran, Anlagen zu entwickeln, die pro Tag über eine Tonne Insekten produzieren können. Dann würde auch der Preis stimmen.“
Einen zentralen Aspekt sieht der Wissenschaftler in der Produktion von Tierfutter. Egal ob Rinder, Hühner, Fische oder Haustiere – auf Insektenbasis produziertes Futter hat großes Entwicklungspotenzial. So haben drei ehemalige Studentinnen der Uni Potsdam das erfolgreiche Start-up-Unternehmen TENETRIO gegründet, das sich auf die Herstellung von Hundefutter aus Insekten spezialisiert hat ( www.tenetrio.de).
Der ökologische Vorteil der Insektenproduktion liegt auf der Hand: Man benötigt deutlich weniger landwirtschaftliche Nutzfläche, der CO2-Eintrag ist daher erheblich niedriger. Um ein Kilogramm Würmer aufzuziehen, benötigt man genau wie beim Huhn ca. zwei Kilogramm Futter. Aber die Insekten können zu 100 Prozent verarbeitet werden, das Huhn nur etwa zur Hälfte.
Den Geschmack von Heuschrecken oder Grillen beschreibt Schweigert als „etwas nussig“, die Konsistenz als „crisp“, im Unterschied zu einem doch recht „saftigen Wurm“. Gewürze und Soßen machen wohlschmeckende Gerichte aus Käfern und Maden. Davon konnte sich auch seine eigene Familie schon überzeugen. Egal, ob eine Quiche aus der hauseigenen Mehlwurmzucht oder ein siebengängiges Insektenmenü in Thailand, es schmeckt durchaus. Da wird von dem auf Seidenwurm basierten Speiseeis auch gern ein Nachschlag geordert. Familie Schweigert ist in dieser Hinsicht einiges gewöhnt. „Allerdings verspeist jeder Einzelne von uns bereits jetzt rund ein Kilogramm Insekten im Jahr. Obst, Gemüse, Schokolade, Säfte – alles Lebensmittel, bei deren Verzehr wir das eine oder andere Würmchen mitessen!“, so Florian Schweigert.
Perspektivisch werden sich Insekten als Nahrungsmittel bzw. auf deren Basis produzierte Lebensmittel global durchsetzen. „Schon in fünf bis 10 Jahren werden sie auch in unseren Supermärkten wie selbstverständlich im Regal zu finden sein“, ist der Ernährungswissenschaftler überzeugt.
Das Buch: Schweigert, Florian J.: Insekten essen. Gebrauchsanweisung für ein Nahrungsmittel der Zukunft. Verlag C.H. Beck, München 2020.
Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Zwei 2020 „Digitalisierung“ (PDF).