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Wissenschaft online präsentieren – Potsdamer Forscherinnen waren auf der „analytica“ 2020 dabei

Der virtuelle Stand der Universität Potsdam auf der „analytica“ | Foto: Potsdam Transfer
Prof. Katja Hanack | Foto: Karla Fritze
Stephanie Schlappa | Foto: Ernst Kaczynski
Foto : Potsdam Transfer
Der virtuelle Stand der Universität Potsdam auf der „analytica“
Foto : Karla Fritze
Prof. Katja Hanack
Foto : Ernst Kaczynski
Stephanie Schlappa
Die eigene Arbeit zu präsentieren, gehört schon lange zum Alltag von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Forschungsergebnisse präsentieren und vermarkten, neue Kontakte knüpfen und ins Gespräch kommen – Messen wie die internationalen Fachmesse für Labortechnik, Analytik und Biotechnologie „analytica“ machen all dies an einem Ort möglich. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Durch die Corona-Pandemie waren die Veranstalter gezwungen, die Veranstaltung kurzfristig ins Netz zu verlegen. Die „analytica“ fand online statt. Von der Universität Potsdam waren die Immunologin Prof. Dr. Katja Hanack und die Chemikerin Stephanie Schlappa dabei. In nur drei Tagen stellten sie gemeinsam mit den Mitarbeitern des Messeservice von Potsdam Transfer ihre Messestände von analog auf digital um. Als zentrale wissenschaftliche Einrichtung für Gründung, Innovation, Wissens- und Technologietransfer der Universität Potsdam unterstützt Potsdam Transfer die Präsentation von Forschungsergebnissen, Ideen und Projekten der Hochschule auf nationalen und internationalen Fachmessen. Alle für 2020 geplanten Messeauftritte mussten abgesagt werden, sodass die „analytica virtual“ zum Messehöhepunkt des Jahres wurde. Matthias Zimmermann sprach mit den Ausstellerinnen über eine Messe ohne Halle, digitale Besuche und das, was fehlt.

Sie wollten zur Analytica 2020 nach München fahren. Warum?

Schlappa: Die Analytica ist eine der weltweit führenden Messen für Laborbedarf und Labortechnik. Normalerweise stellen hier jährlich viele renommierte Anbieter ihre Geräte aus, aber auch neue Innovationen werden eingeführt und man wird als Besucher auf den neusten Stand der Technik aufmerksam gemacht. Für uns als Forschungseinrichtung ist es wichtig, zu sehen was der Markt zu bieten hat, sodass wir mit unserem eigenen Portfolio und unseren Expertisen zur gesamten Bandbreite der Labortechnik und Anwendungen beitragen können. Man trifft Anbieter, Anwender und Forscher und tauscht sich mit Gleichgesinnten über aktuelle Probleme, Troubleshooting oder einfach Alltagsthemen aus.

Hanack: Ich möchte mich hier meiner Vorrednerin anschließen und ergänzen, dass wir die Chance nutzen wollten, unsere neu entwickelte Technologie für eine effektivere Selektion von Antikörper-produzierenden Zellen ganz konkret einem Publikum vorzustellen und wertvolles Feedback zu erhalten.  

Anfang September kam die Nachricht, dass die Analytica ausschließlich digital stattfinden würde. Die richtige Entscheidung?

Hanack: Ja, auf jeden Fall. Angesichts der aktuellen Situation ist ein Wechsel auf ein digitales Format begründet, um niemanden unnötig zu gefährden.

Schlappa: Im Hinblick auf die momentane Situation in Deutschland und der ganzen Welt hatte ich mit meinem Team und Potsdam Transfer relativ schnell entschieden, dass ein digitales Format die bessere Wahl ist. Da die Analytica eine international offene Messe ist und jährlich normalerweise Aussteller und Besucher aus über 40 Nationen teilnehmen, hielten wir das Online-Format für sinnvoll. In Präsenzveranstaltungen besteht auch mit einem ausgereiften Hygienekonzept immer ein Restrisiko, das es angesichts der Entwicklung der Pandemie zu vermeiden galt.

Sie haben trotzdem teilgenommen. Warum?

Schlappa: In erster Linie nahmen wir am digitalen Format teil, um Einblicke in die Welt der digitalen Messen zu erhalten. Leider kann nicht abgeschätzt werden, wann analoge Messe- oder Konferenzveranstaltungen wieder stattfinden können und wir erhalten so Einblicke in eine ganz neue Welt der Kommunikation. Außerdem sind wir als Forschungseinrichtung immer an innovativen Geräten interessiert, sodass wir uns auch die digitalen Stände der Aussteller angeschaut haben, um uns über den Stand der Technik zu informieren. Und drittens besitzt die Analytica ein internationales, riesiges Netzwerk mit dem wir in Kontakt treten konnten, um uns weltweit zu präsentieren. 

Hanack: Für uns war die Erfahrung wichtig. Wir haben vorher nur auf kleineren Tagungen bzw. Konferenzen ausgestellt. Dies war meistens nur ein kleiner Kreis an Wissenschaftlern. Mit der Teilnahme an der „analytica“ wollten wir uns auf eine größere Bühne wagen und sehen, wie unsere Technologien bewertet werden.

Was wollten Sie präsentieren?

Schlappa: Auf der Analytica konnten wir uns auf verschiedene Art und Weise gelungen darstellen. Als Universität Potsdam, die zu den 300 besten Universitäten weltweit zählt (Times Higher Education THE Ranking 2020), als Forschungsgruppe INNOFSPEC, die als Leistungszentrum für Faseroptische Spektroskopie führend in der Inline-Prozessanalytik tätig ist und als Kooperationspartner für Joint Labs, die im Projekt „Innovative Hochschule“ gestaltet werden. Wir bieten somit die Expertise von weltweit anerkannten Wissenschaftlern, die sich speziellen Fragestellungen annehmen können und gehen mit den Joint Labs sogar den Schritt weiter, uns als Partner zur Verfügung zu stellen. Diese übergreifende Kompetenz haben wir mit unserem digitalen Stand dargestellt.

Für Anwender und produzierende Betriebe haben wir eine Methode zur inline-Analytik von z.B. Polymer- oder Pharmaprozessen vorgestellt. Wir wollten zeigen, dass Prozesskontrolle in Echtzeit möglich ist und Prozesskosten durch die inline-Verfolgung von verschiedenen optischen sowie physikalischen Messparametern gesenkt und die Sicherheit der Mitarbeiter verbessert werden kann. Dazu präsentierten wir die bei INNOFSPEC entwickelte Photonen Dichte Wellen Spektroskopie, die über Absorptions- und Streueigenschaften von trüben Proben das Partikelwachstum bei extrem hohen Feststoffgehältern messen kann. Dies ist interessant für Anwender in vielen Bereichen, von der produzierenden Industrie bis hin zu Pharmaunternehmen sowie Biotechspezialisten.

Hanack: Wir haben unsere Technologie selma vorgestellt. selma ist eine innovative Selektionstechnologie für Antikörper-produzierende Zellen, die es in kürzester Zeit ermöglicht, gewünscht Zellen zu identifizieren und die Antikörper gleichzeitig zu charakterisieren. Dies ist mit bestehenden Methoden bisher nicht möglich und erspart dem Forscher eine langwierige und aufwendige Prozedur. Antikörper spielen in der Biotechnologie, aber auch in der Diagnostik und sogar der Therapie eine sehr wichtige Rolle, da sie die am meisten genutzten Bindemoleküle in diesen Bereichen sind. Die Herstellung dieser wertvollen Werkzeuge ist aber mit einem Zeitrahmen von acht bis zwölf Monaten sehr zeitintensiv und risikoreich. Hier besteht der Bedarf für einen neuen, innovativen Ansatz – und mit selma konnten wir diesen schaffen. Durch diese Technologie ist es möglich, den Zeitrahmen um das Vierfache zu reduzieren und gleichzeitig das Risiko für eine Fehlentwicklung nahezu auf null zu setzen. Dies bedeutet für viele Unternehmen, die im Bereich der Diagnostik mit Antikörper-basierten Systemen arbeiten, einen enormen Vorteil. Die Technologie konnte erfolgreich in Europa und den USA patentiert und in eine eigene Ausgründung – new/era/mabs – transferiert werden. Die Präsentation der Technologie auf der „analytica“ war daher für uns der erste Aufschlag für eine zukünftige Verwertung.

Wie genau hat die Messe im virtuellen Raum funktioniert?

Hanack: Es gibt ein Chat und Meeting Tool, in dem man sieht, wenn jemand den Stand besucht. Man kann dann in Kontakt treten bzw. können sich die Besucher bei Interesse die jeweiligen Broschüren/Flyer herunterladen oder auch direkt Fragen stellen. Der virtuelle Stand wurde zuvor eingerichtet, mit entsprechenden Texten und auch Bildmaterial, die unsere Forschungsansätze beschreiben.

Schlappa: Wir haben einen virtuellen Stand konzipiert, an dem wir unsere Kernkompetenzen kurz darstellen und unsere Messmethode erklären konnten. Der Besucher konnte sich dann eigenständig durch den Stand navigieren und gelangte zu verschiedenen Bereichen. Er erfuhr was unsere Technik kann und wie wir unseren Lösungsansatz definieren. Neben Texten hatten wir auch eine Bildershow parat und Informationsflyer als Downloadangebot. Jeder Besuch wurde uns per Email übermittelt, sodass wir immer wussten, wer gerade am Stand war.

Wie haben sie ausgestellt? Mussten Sie Ihre Präsentation neu denken und gestalten?

Schlappa: Ja, es gab technische Begrenzungen, zum Beispiel die Anzahl der Wörter oder Bilder die wir ausstellen können. Dadurch mussten wir unsere Präsentation kürzen und wirklich auf die wesentlichen Aspekte unserer Arbeit eingrenzen. So fiel zum Beispiel die Uni als übergreifende Struktur auf unserer Webpräsenz kaum auf und der Fokus wurde auf unsere Expertise in der faseroptischen Prozessanalytik gelegt. Dadurch konnten wir leider nicht mit allem trumpfen was wir zu bieten haben und mussten viel auf das Interesse der Besucher hoffen, dass diese uns kontaktieren, um weitere Informationen zu erhalten. Dieser letzte Punkt bedingte natürlich, dass wir auch inhaltlich umdenken mussten. Es fällt im digitalen Format natürlich die persönliche Erklärung weg – das muss die digitale Präsentation zumindest größtenteils auffangen.

Hanack: Im rein digitalen Format müssen die Inhalte natürlich anders aufgebaut und dargestellt werden, als wenn man persönlich vor Ort ist und schwierige oder komplexe Zusammenhänge erklären kann. Wir haben die Texte und Materialien nochmals angepasst und versucht, die Inhalte so einfach und verständlich wie möglich darzustellen.

Inzwischen ist die Messe vorbei. Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem virtuellen Format?

Schlappa: Es funktioniert soweit gut. Wir bekommen live mit, wie viele Besucher sich unseren Stand ansehen und können diese entweder über ein integriertes Chat Tool direkt kontaktieren oder nachgeordnet anschreiben. Die Messe hat ein 24h-Format. Das heißt, auch auf der anderen Seite der Welt kann unser Stand 24h lang angesehen werden und wir können über den Chat direkt angeschrieben werden. Auch der Downloadbereich ist eine nützliche Funktion. Die Interessenten können sich unsere Infoflyer herunterladen und wir bekommen eine Nachricht über den Download mit den Kontaktdaten des Interessenten.

Hanack: Das ist schwierig. Man merkt schon, dass der persönliche Kontakt schwer digital ersetzt werden kann. Die Kontaktaufnahme ist nicht vergleichbar mit einer persönlichen Ansprache. Aber man kann sehr gut festhalten, wie viele Personen sich für den Stand interessieren und auch die Infomaterialien herunterladen. Auch bekommt man die persönlichen Kontakte der Personen, sodass man im Nachgang nochmal Kontakt aufnehmen und eventuelle Fragen klären kann.

Was ist besser als beim Realformat?

Hanack: Die zeitliche Flexibilität. Man ist nicht eine Woche durchgehend weg, sondern kann nebenbei seine Arbeiten weitermachen und sich die Präsenz am Tool entsprechend einteilen.

Schlappa: Die Verfügbarkeit der Daten ist 24 Stunden lang gewährleistet, sonst kann ich leider wenig Vorteile gegenüber der Präsenzveranstaltung ausmachen.

Gibt es etwas, das Sie vermisst haben?

Schlappa: Den persönlichen Kontakt und das Netzwerken am Stand, sowie bei den Abendveranstaltungen. Manchmal bekommt man den besten Draht zu neuen Partnern oder Forscherkollegen eben nur bei einem leckeren Kaffee und in einer ruhigen Minute am Keksbuffet.

Hanack: Ja, den persönlichen Kontakt und das gesamte Ambiente, die Stimmung. Es ist ja etwas Besonderes, wenn man an einem anderen Ort seine Arbeiten präsentiert und auch mit Leuten ins Gespräch kommt, die man vorher nicht auf dem Schirm hatte.

Wenn Sie im kommenden Jahr die Wahl hätten – wie würde die Messe stattfinden?

Hanack: Im realen Format – vor Ort.

Schlappa: Dazu muss die Lage der Pandemie klar sein. Ein analoges Format im klassischen Stil bevorzuge ich, da ich mich auf der Messe stets wohlgefühlt habe und viele Kontakte geknüpft und fruchtbare Gespräche geführt habe. Allerdings ist die Gesundheit wichtiger und auch das digitale Format eine gut angepasste Alternative.

Vielen Dank!

Die Wissenschaftlerinnen

Prof. Dr. Katja Hanack studierte Biologie in Rostock und Berlin. Sie promovierte an der Universität Potsdam und leitete von 2008 bis 2014 die InnoProfile-Nachwuchsgruppe „Antikörpertechnologien. Seit 2015 ist sie Stiftungsprofessorin für Immuntechnologie.
E-Mail: katja.hanackuni-potsdamde

https://www.uni-potsdam.de/de/ibb-immuntechnologie/startseite

Stephanie Schlappa ist seit 2018 an der Universität Potsdam als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Inline Prozessanalytik von Polymerdispersionen tätig. Seit 2019 schreibt sie Ihre Doktorarbeit in der physikalischen Chemie am Zentrum für Innovationskompetenz innoFSPEC in Potsdam Golm. Neben der wissenschaftlichen Tätigkeit ist sie ebenfalls im Projekt der Innovativen Hochschule (www.inno-up.de) tätig und fördert den Wissenschaftstransfer von der Akademie heraus in die Gesellschaft.
E-Mail: stepschlappauni-potsdamde

https://www.uni-potsdam.de/de/innovative-hochschule/technologiecampus/aktuelles

Der Messeservice von Potsdam Transfer, der zentralen wissenschaftlichen Einrichtung für Gründung, Innovation, Wissens- und Technologietransfer an der Universität Potsdam, unterstützt die Präsentation von Forschungsergebnissen der Hochschule auf nationalen und internationalen Fachmessen – von der Wahl der Messe, über die Standgestaltung bis zum Messeauftritt. Dieser Service steht Forschungsgruppen aller Fachbereiche der Hochschule zur Verfügung.
E-Mail: ute.rzehauni-potsdamde

https://www.uni-potsdam.de/de/potsdam-transfer/transferservice/transfermarketing