Was hat Ihnen der Preis gebracht?
Vor allem neue Motivation für meine Arbeit. Das hilft viel in Ländern, wo Forschung als Beitrag in öffentlichen und fachlichen Debatten stark an Bedeutung verloren hat und auch die Zivilgesellschaften nicht als Diskussionspartner betrachtet werden. Ansonsten kann der Träger des Voltaire-Preises in seinem Heimatland nicht mit heller Freude begrüßt werden. Der Preis ist nicht nur eine große Anerkennung der Preisträgerin oder des Preisträgers, sondern auch ein klares Zeichen für das Land und die dortige politische Lage. Die Gratulationen sind leise. Meine Dankesrede wurde in „Die Welt“ veröffentlicht und dadurch auch Teil der europäischen Debatte über Ungarn. Von den deutschen Kollegen und Journalisten habe ich die positivsten Rückmeldungen bekommen.
Eine direkte Folge des Preises war, dass Frau Springer mich mit dem Ringier Axel Springer Verlag zusammengebracht hat. Gemeinsam überlegen wir, eine Zeitschrift oder ein News Portal zu entwickeln, die bzw. das für Jugendliche über öffentliche Angelegenheiten in Ungarn verständlich berichtet. Denn die wichtigste Bedingung einer stabileren zukünftigen Demokratie ist in meinen Augen das politische und demokratische Bewusstsein der Jugendlichen von heute.
Woran forschen Sie im Moment?
Ich schreibe ein Buchkapitel, das Jugendlichen Begriffe wie Staat, Demokratie, Wahlen, Machtverteilung usw. verständlich machen soll – und zwar durch eine Geschichte, die in der Welt von Star Wars spielt. Diese Projekte sind nicht von riesigem wissenschaftlichen Wert, aber sie erreichen die wichtigste Zielgruppe der künftigen Demokratie.
Außerdem arbeite ich an einem Forschungsprojekt mit dem Titel „Wahrheit und Glaubwürdigkeit“. Dessen Ziel ist es zu zeigen, welche rechtlichen, selbstregulierenden und anderen fachpolitischen Rahmenbedingungen nötig sind, um eine glaubwürdige, der Wahrheit verpflichtete Kommunikation auf digitalen Plattformen zu ermöglichen.
Mit meiner NGO, Mertek Media Monitor, haben wir eine Zusammenarbeit mit NGOs aus Rumänien, der Slowakei und Tschechien auf den Weg gebracht. Gemeinsam werden wir eine vergleichende Analyse der verschiedenen Formen indirekter Zensur in der osteuropäischen Region veröffentlichen. Diese soll die staatlichen Eingriffe offenlegen, die ohne klassische Zensur die öffentliche Diskussion in den Medien verzerren.
Warum sollte man Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für den Voltaire-Preis vorschlagen?
Vor allem in den Sozialwissenschaften besteht die Gefahr, dass die Wissenschaft zum Selbstzweck wird. Allein die wissenschaftsmetrischen Indizes bestimmen den Wert unserer Arbeit, doch sie lassen ihre gesellschaftlichen Auswirkungen völlig außer Acht. Der Voltaire-Preis bedeutet eine wichtige Bestätigung dafür, dass Wissenschaft noch immer gesellschaftlich bedeutsam ist.