Die DFG hat ihr Grundsatzpapier zu Verhaltensregeln in der Wissenschaft überarbeitet. Warum?
Anlass war ein Fall angeblichen wissenschaftlichen Fehlverhaltens, der ausgerechnet gegenüber einer Forscherin erhoben wurde, die den Leibnizpreis erhalten sollte. Daraufhin hat die DFG die Vergabe bis zur Klärung des Falls ausgesetzt. Es stellte sich heraus, dass an den Vorwürfen nichts dran war, und der Preis wurde später verliehen. Das hat den Anlass gegeben, gerade die Verfahrensleitlinien für die Überprüfung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens im hinteren Teil des Kodex zu überarbeiten.
Der neue Kodex gilt seit 1. August 2019. Was steht drin?
Bezogen auf den erwähnten Fall – also wissenschaftliches Fehlverhalten – hat die DFG beschlossen, dass es keinerlei Sanktionen geben darf, solange solche Vorwürfe geprüft werden. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, wenn man überlegt, was das für Konsequenzen haben kann … Wenn etwa ein DFG-Antrag einer Wissenschaftlerin nicht bearbeitet wird, bricht der Betroffenen ihre gesamte Arbeit weg, ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bekommen keine Verträge und müssen gehen. Das kann sehr schwerwiegende Folgen für ihre wissenschaftliche Karriere haben.
Grundsätzlich legt der Kodex in seinen 19 Leitlinien Regeln und Verantwortlichkeiten im Wissenschaftssystem fest. Das geht von der „Verpflichtung auf die allgemeinen Prinzipien“ (1) über den „öffentlichen Zugang zu Forschungsergebnissen“ (13), den alle sicherstellen müssen, bis hin zu besagten „Verfahren in Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens“ (19). Dabei gibt es stets drei Ebenen: die mehr oder weniger knapp gehaltenen Leitlinien, konkretisierende Erläuterungen und detaillierte, fachspezifische Ausführungen. Letztere werden noch erarbeitet und sollen als eine Art FAQ auf der Webseite der DFG abrufbar sein.
Was soll der Kodex bewirken?
Die DFG geht in den Leitlinien auf verschiedene Akteure im Wissenschaftssystem ein. Manche richten sich eher an die Leitungen der Einrichtungen, die die Rahmenbedingungen schaffen. Andere an Leiter von Arbeitsgruppen, denen eine besondere Verantwortung zukommt für Verfahren, Daten, Ergebnisse und vor allem die Nachwuchswissenschaftler ihrer Gruppen. Wiederum andere Leitlinien gehen jeden einzelnen Wissenschaftler an: etwa die allgemeinen Prinzipien wissenschaftlicher Arbeit, die für den Professor mit seinem DFG-Projekt ebenso gelten, wie für Studierende, die ihre Abschlussarbeiten schreiben.
Es heißt, dass der Kodex „weniger von den Verstößen gegen die gute wissenschaftliche Praxis her gedacht ist, als von dem Berufsethos der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“. Wie funktioniert das?
Indem wir schon frühzeitig im Studium damit beginnen, diese Grundsätze zu vermitteln. Jeder, der in einem wissenschaftlichen Projekt unterwegs ist, muss wissen, was seine Aufgabe ist. Das geht vom Produzieren bis zum Zitieren. Das kann man nicht früh genug vermitteln.
Der Kodex löst die Denkschrift „Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ ab. Was ist neu?
Er ist etwas anders aufgebaut, an einigen Stellen präziser. Und er wurde an wichtigen Stellen überarbeitet, etwa den besagten Verfahren bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten. Außerdem wurde er den Entwicklungen der Wissenschaftsgemeinschaft angepasst: Leitlinie 10 über die Nutzungsrechte etwa war in dieser Form nicht enthalten.
Der Kodex ist für die Hochschulen verpflichtend. Wie wird der Kodex an der UP umgesetzt?
Alle Hochschulen müssen die Leitlinien adaptieren – also entweder neue schaffen oder bestehende überarbeiten. Für uns heißt das, dass wir unsere Satzung „Selbstkontrolle in der Wissenschaft“ anpassen müssen. Wir haben das zum Anlass genommen, die Leitlinien insgesamt zu überarbeiten, zu entschlacken. Wir müssen nicht alles aus den DFG-Leitlinien wiederholen. Die FNK hat dazu eine Arbeitsgruppe gebildet, die den Kodex systematisch analysiert und entsprechend unsere eigenen Regeln überarbeitet hat. Nun läuft nach den Stellungnahmen der Fakultäten die Endredaktion. Eigentlich haben wir bis Juli 2021 Zeit für die Überarbeitung, aber ich möchte gerne vor dem Ende meiner Amtszeit am Ende des Jahres damit fertig werden.
Was erhoffen Sie sich von der Überarbeitung?
Im Großen und Ganzen funktionierte das, was wir hatten, schon gut. Aber mit der gestrafften und lesbareren neuen Satzung gelingt es uns vielleicht, dass die Leute sie auch lesen – und nicht erst in die Hand nehmen, wenn es Problemfälle gibt.
Weitere Informationen zu den „Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ (Kodex) sowie den gesamten Kodex gibt es hier:
https://www.dfg.de/foerderung/grundlagen_rahmenbedingungen/gwp/