Eine dieser Forscherinnen ist die Juniorprofessorin für Allgemeine Geophysik Eva Eibl von der Universität Potsdam. Und Eva liebt Island besonders im Winter. Sie ist dabei besonders an den vulkanischen Systemen im Untergrund Islands interessiert. Diese Systeme sind nicht nur durch ihre spektakulären und teilweise auch gefährlichen Vulkanausbrüche bekannt, sondern sie sind auch Wärmequellen für heiße Quellen und Geysire. Tatsächlich stammt der Begriff Geysir, der heutzutage weltweit für heiße, Wasserfontänen spuckende Quellen verwendet wird, vom isländischen Wort „Geysir“ für spritzende heiße Quellen ab. Eva Eibl und ihr Team konzentrieren ihre Arbeit derzeit auf Geysire, da ihre Ausbrüche sehr ähnlich funktionieren wie Vulkaneruptionen, jedoch sehr viel zuverlässiger und vorhersagbarer sind.
Die meisten Geysire haben regelmäßige Eruptionen. Einige stoßen dabei das bis zu 100°C warme Wasser jede Minute, andere nur einmal im Monat in die Luft. Die Zeit zwischen den Eruptionen hängt dabei besonders von der internen Struktur der Klüfte und Spalten im Untergrund sowie von der Art und Geschwindigkeit ab, wie sich diese mit Regenwasser, Grundwasser oder dem zurückfließenden Wasser des letzten Ausbruchs füllen können. Dieses Wasser wird im Geysir-System von einer vulkanischen Wärmequelle erhitzt. Nimmt man eine gleichbleibende Struktur und somit immer die gleiche Menge Wasser an, die von der immer gleichen Wärmequelle erhitzt wird, so braucht es jedes Mal die gleiche Zeit, bis das Wasser so heiß ist, dass es als Fontäne austreten kann. Daher bricht ein Geysir in einem sehr gut vorhersagbaren Rhythmus aus. Je nach Typ des Geysirs werden diese Eruptionen von kleinsten Störungen ausgelösten, die das Wasser zum Überkochen bringen können oder wenn kleine Gasblasen in den Strukturen gefangen bleiben und sich zu großen Blasen sammeln, die wiederum plötzlich entweichen und das heiße Wasser in einer Fontäne mitreißen.
Für Vulkanologen ist es naheliegend, sich auch mit Geysiren zu befassen, denn der Aufbau von Geysiren und Vulkanen ist sehr ähnlich. Beide besitzen eine starke Hitzequelle, eine Kammer, in der Schmelze oder eben Wasser gesammelt und aufgeheizt werden, und ein System aus Spalten und dem Schlot. Jedoch erzeugen Geysire viel häufiger Eruptionen und sind in der Regel einfacher zu erreichen als Vulkane. Daher interessieren sich Vulkan-Seismologen wie Eva Eibl für Geysire. Während, die erste Phase einer Eruption bei Vulkanen und Geysiren ähnlich ist, erlauben Geysire aber die Beobachtung von externen Prozessen, die eine Eruption zu beeinflussen scheinen. Diese Beobachtungen an Geysiren könnten auch für das Verständnis von Vulkaneruptionen wichtig sein. Die Startphase kann im Fall von Geysiren heute sehr genau untersucht und Eruptionen meist mit hoher Präzision vorhergesagt werden. Dennoch ereignen sich immer wieder unvorhersehbare Ausbrüche. Eva Eibl und ihr Team möchten nun verstehen, wie die internen Strukturen von Geysiren aussehen und warum manche Eruptionen aus dem Rhythmus fallen. Dazu nutzt Eva Eibl Erschütterungen des Bodens, die mithilfe von Seismometern und Rotationssensoren aufgezeichnet werden.
Solche Bodenerschütterungen werden bisher genutzt, um die Strukturen des Erdinnern zu modellieren, ohne dafür tiefe Bohrlöcher abzuteufen – etwas, das weder bei Vulkanen noch bei Geysiren angebracht wäre. Geophysiker nutzen solche Erschütterungen des Bodens, um die Quelle dieser Signale genau zu lokalisieren, um die Prozesse zu verstehen, die diese Erschütterungen erzeugen, und um Informationen über die Struktur des Untergrundes zu gewinnen. Am Geysir erzeugen Bewegungen in der Wassersäule oder platzende Gasblasen und andere Prozesse wie etwa sich verändernde Druckverhältnisse solche Signale. Die Analyse und Interpretation der Aufzeichnungen erlauben es, Informationen über den Druckanstieg und das Geysir-System selbst zu gewinnen. Eva Eibl und ihre Kollegen nutzen die Signale zum Beispiel, um die interne Struktur von Geysiren dreidimensional abzubilden.
Eine Frage aber bleibt: Warum sprudeln Geysire hin und wieder außerhalb des gewohnten Rhythmus? Eine mögliche Erklärung ist, dass wechselndes Wetter, besonders Änderungen des Luftdrucks, einsetzender Regen oder Veränderungen der Windgeschwindigkeit und Windrichtung, die Intervalle zwischen den Ausbrüchen beeinflussen. Eibl und ihre Kollegen nehmen an, dass besonders der Wind das thermische Gleichgewicht des Geysirs verändert, indem Wärme von der Oberfläche der Wassersäule abtransportiert wird – ähnlich, wie wir einen heißen Tee anpusten um ihn abzukühlen. Stärkere Winde könnten diesen Effekt intensivieren, was zu leicht veränderten Bedingungen im Geysir-System führt. Eva Eibl installiert daher verschiedenste Sensoren rund um die Geysire, die gleichzeitig die Bodenbewegungen und die Wetterbedingungen aufzeichnen. Dies ist nicht so einfach wie es klingt, da die hochsensiblen Sensoren den rauen Wetterbedingungen in Island ausgesetzt werden. Im Winter 2020 stellten Eva Eibl und ihre Kollegen diese Sensoren, insbesondere die neuen Rotationssensoren, das erste Mal in Island auf und testeten, ob und wie diese in extremem Wind, in Schnee, bei gefrorenem Boden und im Kontakt mit dem heißen Wasser des Geysirs eingesetzt werden können.
Aber warum ausgerechnet im Winter? Um die seismischen Signale, die im Innere des Geysirs erzeugt werden, zu beobachten, müssen die Sensoren in Regionen mit wenig Hintergrundrauschen installiert werden. Die vielen Touristen, die im Sommer mit Wanderstiefeln in der Nähe der Geysire unterwegs sind oder mit großen Autos und Bussen die Geysir-Felder besuchen, erzeugen aber selbst starke Erschütterungen des Bodens. Diese bezeichnen Geopyhsiker als Rauschen, das im Sommer die Signale des Geysirs selbst übertönt, sodass in dieser Zeit keine aussagekräftigen Daten gesammelt werden können. Daher stellt Eva Eibl ihre Messgeräte im Winter in der fantastischen Landschaft Islands auf. Bevor die Massen in diesem Sommer wieder zurückkommen, sollen nun so viele Daten wie möglich aufgezeichnet werden. Hierfür hat Corona sogar etwas Gutes, da in diesen Wochen deutlich weniger Touristen als sonst nach Island reisen.
Mehr Informationen über die Forschung an Geysiren am Institut für Geowissenschaften der Universität Potsdam unter www.geo.uni-potsdam.de.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Eva Eibl
Institut für Geowissenschaften
Universität Potsdam
E-Mail: eva.eibluuni-potsdampde