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Zukunft aus Biomasse – Wie Potsdamer Chemiker aus Zellulose Plastik herstellen

Hoffnungsträger Bioplastik. | Foto: AdobeStock/Arsenii
Foto : AdobeStock/Arsenii
Hoffnungsträger Bioplastik
Nachdem Kunststoffe als vielseitige und für jeden erschwingliche Materialien zu unserem Wohlstand beigetragen haben, sehen wir auf einmal auch die Schattenseite der Erfolgsgeschichte. Wir produzieren weltweit riesige Mengen an Kunststoff aus fossilen Rohstoffen, ohne uns um tragfähige Wege zu kümmern, mit Plastik nach der Nutzung sinnvoll und nachhaltig umzugehen.

Deshalb arbeiten Potsdamer Forscher intensiv an Lösungswegen, um beispielsweise aus Zellulose neue Arten von Bioplastik herzustellen. „Wir forschen schon lange dazu, wie sich natürliche Ausgangsstoffe nutzen lassen, möglichst aus Bioabfällen, um neue synthetische Polymere und komplexe polymere Strukturen zu schaffen“, sagt Helmut Schlaad, Professor für Polymerchemie an der Universität Potsdam. Konkret haben die Forscher aus Zellulose, aus Holzabfällen oder nicht mehr recyclefähigem Altpapier durch einfache Pyrolyse erst Levoglucosenon gewonnen und daraus dann Levoglucosenol, das sie zu einem Polymer, dem Polylevoglucosenol, umsetzen konnten. Dieses besitzt ähnliche Eigenschaften wie etwa Polystyrol, lässt sich aber viel besser in der Umwelt abbauen, weil es Strukturelemente von Zellulose und Naturkautschuk verbindet.

„Wir wollen natürliche Strukturen auf ein synthetisches Polymersystem übertragen – also uns von dem inspirieren lassen, was die Natur perfekt kann, es dann auf die menschlichen Bedürfnisse zuschneiden und die Eigenschaften entsprechend verbessern“, sagt Schlaad. „Dabei ist es ein bisschen wie mit einem Baukasten, bei dem man aus vielen einfachen Bausteinen, wie hier dem Levoglucosenol, nach einem Plan eine Wand, eine Tür und am Ende ein ganzes Haus baut“, ergänzt sein Kollege und Professor für Angewandte Polymerchemie André Laschewsky.

Denn erst dann wird es für Industrie und Wirtschaft wirklich interessant. Ob das in Potsdam entwickelte Polymer tatsächlich einmal in Masse produziert und eingesetzt wird, sei derzeit noch nicht absehbar, erklärt Schlaad. Es sei noch viel grundlegende Forschung nötig, um das Herstellungsverfahren auf größeren Maßstab zu optimieren und die Eigenschaften und auch die Abbaubarkeit des Polymers genau zu bestimmen und einzustellen. „Ohnehin wird es die nachhaltige Polymerchemie schwer haben, so lange Öl als Ausgangsstoff billiger ist als nachhaltige Alternativen und die echten Entsorgungskosten nicht berücksichtigt werden.“ Immerhin gebe es bereits Gespräche mit möglichen Industriepartnern, um die Forschungsergebnisse eines Tages in die Anwendung zu bringen.

„Gleichzeitig sollte uns klar sein, dass Abbaubarkeit keine universale Lösung für unser Müllproblem ist“, sagt Schlaad. „Wenn wir dieselbe Menge an Plastikmüll produzieren, der nun aber einfach in der Umwelt abbaubar ist, wäre das nicht unbedingt besser.“ Laschewsky fügt hinzu: „Der beste Weg, etwas gegen die Vermüllung der Welt zu tun, ist und bleibt: weniger Müll.“

 

Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Eins 2020 „Bioökonomie“.