Für Ida Sigusch bedeutet studieren mehr als Vorlesungen und Seminare zu besuchen, Klausuren zu schreiben und Prüfungen abzulegen. Über den Tellerrand zu schauen, hat die Physik-Studentin schon von klein auf gelernt. Dinge zu hinterfragen, kritisch zu denken und nachzuhaken, brachten ihr Eltern und Lehrer bei. Seit dem Wintersemester 2015/16 studiert sie an der Uni Potsdam. Weil sie über das eigentliche Studium hinaus ihren Blick weiten möchte, engagiert sich die Studentin im Fakultätsrat der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät.
Noch immer ist es keine Selbstverständlichkeit, dass junge Frauen Physik studieren. Derzeit sind an der Universität Potsdam nur etwa ein Viertel der Physik-Studierenden Frauen. Zu ihnen gehört Ida Sigusch. In Sachsen-Anhalt aufgewachsen, interessierte sie sich schon als Kind für Sterne und das Weltall. Damals las sie das Löwenzahn-Magazin, eine Zeitschrift für Kinder über die Tier- und Pflanzenwelt und Wissenswertes aus Technik und Geschichte. Und schon lange begeistert sie sich für Science-Fiction-Serien. „Ich tue immer das, was mir Spaß macht, und ich habe in der Schule die naturwissenschaftlichen Fächer geliebt“, sagt sie. Sie besuchte die Kinder-Uni, ihre Eltern förderten ihre Leselust. „Ich wollte immer wissen, was hinter den Dingen steckt.“ Für sie gibt es keine falschen Fragen. Ihr Interesse an der Astrophysik und die Empfehlung einer Lehrerin führten Ida Sigusch schließlich an die Universität Potsdam. „In Potsdam studiert es sich gut, weil die Hochschule nicht so groß ist, man sich gut in kleineren Gruppen treffen kann und so produktives Arbeiten möglich ist.“ Das hat sie in dieser Weise bei den anderen Unis, die sie sich angeschaut hat, nicht gefunden.
In der Schulzeit konnte Ida Sigusch viele Erfahrungen beim Organisieren verschiedener Veranstaltungen sammeln. Diese kann sie an der Uni gut nutzen. Zwei Jahre arbeitete sie im Fachschaftsrat Mathematik und Physik mit. Sie hat mitgeholfen, das vor einigen Jahren entwickelte Format „Kultur in Potsdam“ (KIP) wiederzubeleben. Spieleabende, die Woche für die Erstsemester und andere Veranstaltungen für die Kommilitonen sind auch dank ihres Engagements Bereicherungen des Campusalltags geworden.
Immer wieder sucht die Studentin neue Herausforderungen. Deshalb kandidierte sie für den Fakultätsrat der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät. Seit 2018 ist sie nun Mitglied dieses Gremiums. Die damit verbundene Arbeit sieht sie als große Bereicherung an. „Ich kann meinen Horizont über die Fakultät hinaus erweitern“, sagt Sigusch. Die Debatten seien konstruktiv, könnten manchmal allerdings noch offener sein, die Diskussionskultur sei angenehm. Ida Sigusch nutzt ihre Gremienmitgliedschaft auch dazu, Informationen oder Tipps weiterzugeben und Kontakte zu den studentischen Senatsmitgliedern zu halten. Und sie hat gemeinsam mit dem Kommilitonen Julian Stähle ein Thema in den Fakultätsrat eingebracht, das den Studierenden nicht nur der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät auf den Nägeln brennt: Sie sind während der Vorlesungszeiten permanent auf der Suche nach freien Räumen zum Arbeiten. Dazu haben die beiden Befragungen unter der Studierendenschaft durchgeführt. Jetzt suchen sie Unterstützung in den Instituten, bei den Lehrenden und Verantwortlichen, um die Raumsituation zu verbessern.
Ida Sigusch spürt, dass die Studierenden und ihre Anliegen im Fakultätsrat wahr- und ernst genommen werden, sie fühlt sich als gleichwertiges Mitglied. Dennoch plädiert sie für eine paritätische Zusammensetzung der Fakultätsräte, des Senates und anderer Gremien. Sie hat ihre Entscheidung zur Mitarbeit im Fakultätsrat nicht bereut. „Es bringt mir viel, wenn unterschiedliche Gruppen zusammenkommen. Es hilft mir zu verstehen, wie und warum beispielsweise Professoren auf bestimmte Themen reagieren, welchen Blickwinkel sie einnehmen.“ Sie könne sich jetzt besser in andere Denkweisen hineinversetzen und ist sich sicher, dass alle davon profitieren, wenn Studierende gehört und ihre Argumente einbezogen werden.
Ida Sigusch wünscht sich, das starre System des Studienablaufes aufzulösen. „Bleibt man im vorgegebenen Verlauf, schaut weder rechts noch links, gibt es wenig Schwierigkeiten. Sobald Studierende aber beispielsweise andere Kurse besuchen als vorgesehen, fangen die Probleme der Anerkennung der Leistungen an, was teilweise auch am PULS-System liegt.“ Hier müsse das System deutlich flexibler und studierendenfreundlicher werden. Ein weiterer Wunsch für die Zukunft ist die baldige Fertigstellung der auf dem Campus Golm im Bau befindlichen neuen Gebäude. Ganz wichtig ist ihr auch die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für Studierende in Potsdam. Hier setzt sie auf noch stärkeren Druck und die Unterstützung von Seiten der Uni-Leitung.
Nach dem Abschluss ihrer Bachelorarbeit orientiert sich Ida Sigusch gerade neu. Sie hat sich erfolgreich um eine Stelle als studentische Hilfskraft beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Adlershof beworben, um wieder Neues auszuprobieren.
Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal 2/2019.
Text: Dr. Barbara Eckardt
Online gestellt: Jana Scholz
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