„Als ich an der Uni Potsdam anfing, waren die Zeitschriftenregale noch voll“, sagt Heike Stadler. Heute gibt es im Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum (IKMZ) in Golm viele Reihen mit leeren Regalen. „Ein Symbol dafür, dass der physische Ort für Medien schwindet. Der Bestand ist aber nicht geschrumpft, sondern eher gewachsen.“ Heike Stadler leitet die Abteilung Abonnements der Universitätsbibliothek Potsdam. Sie begann 2001 mit einer Aus-bildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste an der Uni Potsdam, machte 2010 ihr Diplom in Bibliothekswissenschaft an der Fachhochschule Potsdam und ist seit 2019 Abteilungsleiterin im Dezernat Medienbearbeitung. „Ich bin mit elektronischen Medien an dieser Bibliothek groß geworden“, sagt die 38-Jährige. Einen Tag lang haben wir ihr bei der Arbeit im IKMZ über die Schulter geschaut.
8:30 UHR
Mit ihrer Kollegin Melanie Hoyer hat sich Heike Stadler die Nutzungsstatistik eines E-Book-Pakets aus den Jahren 2005 bis 2014 angesehen, um zu bewerten, ob die Bibliothek die Fortsetzung der Serie für die Jahre 2015 bis 2019 anschaffen soll. Besonders häufig wurden die elektronischen Bücher zur Informatik nicht genutzt. „Publikationen aus diesem Fach verlieren natürlich schnell ihre Aktualität“, erklärt Stadler. „Entscheiden müssen nun die zuständigen Fachreferenten.“ Nach der Besprechung erwartet die Abteilungsleiterin die ganz normale E-Mail-Flut. Stadler bearbeitet neben ihrem eigenen Postfach drei weitere, das der Abteilung, des Publikationsfonds und das für Angebote und Statistiken. „Da muss man priorisieren. Und wir teilen uns die Arbeit im Team auf.“ Acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in ihrer Abteilung tätig. „Das ist keine One-Woman-Show“, sagt Stadler.
11:00 UHR
Weiter geht es mit einem Jour fixe mit ihrem Kollegen Michael Müller zum Publikationsfonds der Universität. „Ich habe fast ausschließlich mit elektronischen Medien zu tun. Gleichzeitig bin ich ein sehr visueller Mensch“, sagt Heike Stadler. Deswegen hat sie in ihrem Büro zwei Pinnwände angebracht: ein Moodboard, also ein Kommunikationsboard aus dem Designbereich, und eine Kanban-Tafel, die den Workflow in der Abteilung abbildet. „Ein Kanban lebt“, sagt Stadler. Denn die Aufgaben wandern, wenn alles gut geht, von „to do“ zu „done“. Mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bespricht sie die Aufgaben in der Warteschleife. Unterteilt sind sie in Größen – S, M, L und XL. „Damit die Verteilung auch gerecht ist.“ Die Kanban-Methode hat Heike Stadler in einer Weiterbildung kennengelernt. „Wir sind circa 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Bibliothek. Man muss die Leute mitnehmen, gerade in wandelbaren Bereichen.“ Schließlich wächst gerade Stadlers Arbeitsfeld permanent: „Die Ausleihe von Printmedien sinkt, während die Nutzung elektronischer Ressourcen steigt“, sagt sie. Kein Wunder, schließlich könne eine Professorin von Hawaii aus über VPN auf den elektronischen Bestand zugreifen. Und noch ein Vorteil: Elektronische Medien können weder verloren gehen noch gestohlen werden.
14:00 UHR
Nach der Mittagspause steht der Erwerb des E-Book-Pakets „Kunst“ von De Gruyter an. Die Lizensierung von elektronischen Zeitschriften und Bücherpaketen ist einer der Schwerpunkte im Bereich Abonnements. Häufig enthalten die Pakete von großen Wissenschaftsverlagen wie Springer Nature oder De Gruyter 200 bis 400 Titel auf einmal. Stadler und ihr Team bestellen die Publikationen und sorgen für den Nachweis im Katalog der Universitätsbibliothek. Oft lassen sie sich aber auch automatisiert vom Gemeinsamen Bibliotheksverbund einspielen. „Der manuelle Weg ist manchmal besser“, sagt Stadler. „Dabei kann gleichzeitig geprüft werden, ob das Medium auch tat-sächlich unter dem angegebenen Link abrufbar ist.“ Der Anschaffungsvorschlag kommt von den Fachreferenten der Bibliothek, die in engem Austausch mit den Instituten stehen. Mit einem speziellen Erwerbungstool, das auch die Rechnungsverwaltung berücksichtigt, werden die erworbenen Medien inventarisiert und verwaltet. Wichtig ist die Aushandlung von Konditionen für größere Pakete – wie etwa Frühbucherrabatte. Die Universität spart dadurch Geld. Über die Kosten müssen sich Stadler und ihr Team ansonsten aber weniger Gedanken machen. „Meine Chefin Linda Thomas, die das Dezernat Medienbearbeitung leitet, hat den Etat im Blick.“
15:00 UHR
Ist ein E-Journal oder ein E-Book einmal gekauft, muss gewährleistet sein, dass die Nutzerinnen und Nutzer es auch dauerhaft abrufen können. Stichprobenartig prüfen Stadler und ihr Team, ob die Links zu den elektronischen Publikationen funktionieren. „Wir wollen Fehler entdecken, bevor die Nutzer es tun.“ Auch Open Access fällt in den Bereich der Abteilung. Handelt zum Beispiel die Bibliothek mit einem Verlag einen entsprechenden Vertrag aus, können bereits publizierte Aufsätze von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Uni Potsdam noch einmal frei zugänglich auf dem Publikationsserver publish.UP veröffentlicht werden. Außerdem können Autorinnen und Autoren über den Publikationsfonds der Uni Potsdam, der durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt wird, eine Förderung für ihre Open Access-Veröffentlichungen erhalten. „2019 haben wir bereits 90 Artikel finanziert.“ Open Access hält Stadler für zukunftsweisend. „Unser Interesse ist es, die wissenschaftlichen Veröffentlichungen der Universität für die gesamte Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“
16:00 UHR
Die Bibliotheksmitarbeiter müssen diese Veröffentlichungen dafür aber erst einmal ausfindig machen. Heute hat Stadler Publikationen des Rechtswissenschaftlers Jens Petersen identifiziert und einige Aufsätze erfolgreich zur Zweitveröffentlichung an ihre Kolleginnen weitergegeben. Die Autorinnen und Autoren müssen nicht informiert werden, weil die Rechte dafür bereits in Verträgen festgehalten sind. Sie müssen aber ihre Uni-Zugehörigkeit beim Verlag angegeben haben, um von den Bibliothekaren überhaupt entdeckt zu werden: Diese Affiliation genannte Zuordnung einer Autorin zu einer Institution ist wichtig. Denn die Anzahl der Publikationen und deren Zitierhäufigkeit entscheidet unter anderem über die Platzierung einer Universität bei Rankings. „Wir identifizieren gewissermaßen den wissenschaftlichen Output der Uni“, sagt Heike Stadler.
Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal 2/2019.
Text: Dr. Jana Scholz
Online gestellt: Magda Pchalek
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