Klausuren am Computer – kann das funktionieren? Ist das prüfungsrechtlich in Ordnung? Wie lässt sich Betrug verhindern? Und was passiert, wenn der Strom ausfällt? Die anfängliche Skepsis gegenüber E-Assessment hat sich gelegt. Mehr und mehr Projekte gehen an der Universität Potsdam an den Start und folgen damit der 2017 im Senat verabschiedeten E-Learning-Strategie.
Früher hat es schon mal drei bis vier Wochen gedauert, um die Klausuren zu korrigieren, die die Studierenden über die „Bildungsstruktur in Deutschland“ schreiben müssen. Heute ist das in wenigen Tagen erledigt. Am Lehrstuhl von Wolfgang Lauterbach wird zumindest diese Prüfung auf elektronischem Wege abgelegt. 250 Studierende absolvieren jedes Jahr diesen Kurs, in dem sich die Inhalte wenig ändern. „Da lohnte sich die Investition“, sagt der Bildungssoziologe und meint den nicht unbeträchtlichen Aufwand, eine solche E-Klausur vorzubereiten.
Unterstützung kam vom damaligen E-Learning-Koordinator der Fakultät, Patrick Seeger, der die Schnittstelle zum eLiS-Projekt der Universität bildete und gemeinsam mit Philipp Nern, einer studentischen Hilfskraft, die inhaltlichen Prüfungsanforderungen umsetzte. Anknüpfend an die Vorlesung formulierte Nern zu allen zentralen Fragestellungen diverse Antworten, die von den Studierenden angekreuzt und ausgefüllt werden müssen. „Das geht weit über das klassische Multiple Choice hinaus. Wir nutzen mehr als 20 verschiedene Frage- und Antworttypen, bei denen man nicht einfach raten kann, sondern denken muss“, sagt Wolfgang Lauterbach. So entstand ein umfänglicher Katalog an Aufgaben, die in der Klausur beliebig variiert und kombiniert werden können. Philipp Nern erklärt, wie es funktioniert: „In den Computerpools des Informatikinstituts melden sich die Studierenden in Moodle.UP an, wo die Klausur für zwei Stunden freigeschaltet ist. Sie können die Aufgaben nacheinander lösen oder ein Fähnchen setzen, wenn sie auf eine Frage später zurückkommen wollen. Ein graues Feld am Rand markiert jeweils die erledigte Aufgabe, sodass am Ende keine offene Frage übersehen werden kann.“
Und wie steht es mit der Sicherheit? „Die Antworten werden permanent gespeichert“, beruhigt Nern. Eine PowerPoint-Präsentation nimmt den Studierenden vorab die Angst vor der ungewohnten Prüfungsform, allerdings auch jede Illusion, die Technik austricksen, beim Nachbarn abgucken oder zwischendurch mal ins Internet gehen zu können. „Alle anderen Zugriffe sind gesperrt“, versichert Philipp Nern. Und auf den Bildschirm des Neben-manns zu schauen, lohne nicht. „Der hat eine ganz andere Fragenkombination und vertauschte Antworten“, erklärt er.
Wolfgang Lauterbach hofft, dass sein Beispiel Schule macht. „Die E-Learning-Strategie der Universität ist hervorragend und die neu-en Lehr-, Lern- und Prüfungsmethoden sind effizient. Sie zwingen uns Dozenten dazu, genau zu überlegen, in welchen Bereichen Studierende kompetent sein, also Wissen und Anwendung verbinden können müssen.“ Das Land honorierte das E-Assessment-Konzept der Universität durch eine Verankerung im Hochschulvertrag. Gemeinsam mit den anderen Hochschulen aus Berlin und Brandenburg wird nun an der Umsetzung gearbeitet.
Bislang gibt es an der Universität 20 E-Assessment-Projekte, berichtet Jörg Hafer, der im Zentrum für Qualitätsmanagement (ZfQ) den Bereich Lehre und Medien leitet. Die Nachfrage wachse, eine Engstelle aber sei der Computerpool, der derzeit nur Prüfungen mit maximal 90 Personen zulasse und selten frei sei, weil er für die Lehre in der Informatik benötigt wird. „Wir bräuchten ein Testcenter mit 200 bis 300 Plätzen“, sagt er und verweist auf die Universität Bremen, die hier Vorbild sei.
Mehr Kapazität wünscht sich auch David Prickett vom Zentrum für Sprachen und Schlüsselkompetenzen (Zessko), in dem Studieninteressierte für Anglistik und Amerikanistik ihre sprachliche Eignung inzwischen auf elektronischem Wege testen lassen können. „Es war nicht einfach, aber es vereinfacht vieles“, sagt er rückblickend. „Für die externen Bewerber mussten Passwörter und Nutzerkonten eingerichtet, Sicherheitsprobleme gelöst und das Verfahren rechtlich geprüft werden.“ Schließlich sollten sämtliche Korrekturen weg-fallen und die Bescheide automatisch generiert und per E-Mail verschickt werden. Auch hier hatte ein Student, Michael Haack, am Informatiklehrstuhl von Ulrike Lucke mit seiner Bachelorarbeit die technische Lösung geschaffen. Die gute Zusammenarbeit des Zessko mit dem eLiS-Projekt, dem ZfQ, dem ZIM und dem Institut für Anglistik und Amerikanistik war der Schlüssel zum Erfolg, betont Prickett. Dank dieser Erfahrungen können jetzt erstmals auch die Bewerberinnen und Bewerber in der Slavistik und der Romanistik ihre Sprachtests am Computer absolvieren.
Text: Antje Horn-Conrad
Online gestellt: Agnes Bressa
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