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Im Gewissenskonflikt – Sportpsychologen der Uni Potsdam widmen sich der Dopingprävention bei Hobbysportlern

Muskulöser Mann im Fitnessstudio.
Foto : nikolas_ikd/fotolia.com
Die Fitnesscenter haben Zulauf wie noch nie. Auch, weil die Werbung idealisierte Körperbilder vermittelt.

Muskelbepackte Körper auf übergroßen Leinwänden, Frauen mit der Figur einer Barbie-Puppe – die Werbung lässt nichts aus, um Menschen dazu zu bewegen, ihr Aussehen zu optimieren. Mit oftmals fatalen Folgen. So hat sich im Fitness- und Breitensport ein brisantes Phänomen etabliert: Doping. Experten gehen davon aus, dass leistungssteigernde Substanzen in mindestens ebenso großem Umfang wie im Spitzensport eingesetzt werden. Ein Team um Ralf Brand, Sportpsychologie-Professor an der Universität Potsdam, widmet sich deshalb im Projekt SAFEYOU+ gemeinsam mit europäischen Partnern Fragen der Prävention. Die europäische Union fördert das Vorhaben, das noch bis Ende dieses Jahres läuft, mit 75.000 Euro.

Ziel des europaweiten Projekts ist es herauszufinden, wie Doping insbesondere bei jungen  Freizeitsportlern besser eingedämmt werden kann. Die beteiligten Arbeitsgruppen kommen aus Deutschland, Griechenland, England, Italien und Zypern. Insgesamt sind fast 1.000 Amateursportler zum Thema befragt worden, rund 200 in jedem Land. Und das zunächst per Fragebogen.

Die Forscher wollten darin wissen, warum Athleten legale und auch nichtkontrollierte Substanzen einnehmen oder nicht. „Wir haben das sehr dezidiert gemacht“, erläutert Brand. „Denn nach diesem ersten Schritt sollten uns Sportler in thematischen Workshops beraten, wie Prävention wirkungsvoll gestaltet werden kann.“

Aus den Untersuchungen ging hervor, dass Männer vor allem dopen, weil sie deutlich an Muskulatur zulegen möchten. Frauen wollen meist ihr Gewicht reduzieren und den Körper straffen. Beides erfordert im Normalfall viel Zeit und Geduld, die nicht alle Trainierenden aufbringen. Der Griff zur Doping-Substanz bietet ihnen gewissermaßen eine Abkürzung. „Heutzutage scheint es Vielen wichtig zu sein, in den unterschiedlichsten Bereichen das Optimum zu erreichen und sich möglichst schnell zu verbessern“, so Brand. „Das fängt bei den Studierenden an, die im Uni-Alltag Koffeintabletten schlucken, um sich länger für das Lernen wach zu halten, und macht auch vor dem Sport nicht halt.“

In den Workshops, in denen Athleten mit und ohne Doping-Erfahrung saßen, kamen aber nicht nur die Zwänge der Optimierungsgesellschaft zur Sprache. Es wurde auch deutlich, in welcher Verantwortung Fitnessstudios stehen. Denn unter den dopenden Sportlern befand sich kaum jemand, der nicht schon vorher auf Nahrungsergänzungsmittel zurückgegriffen hätte. „Das bedeutet nicht, dass jeder Protein-Shake im Fitnessstudio automatisch eine Einstiegsdroge darstellt“, unterstreicht der Sportpsychologe. „Aber es fällt auf, dass der typische Weg zum Gebrauch verbotener Dopingsubstanzen über legale leistungsfördernde Mittel und spezielle Produkte zum Muskelaufbau führt.“

Brand und seine Mitarbeiter haben im Projekt Konzepte für neuartige Interventionsmaßnahmen entwickelt. Der Grundgedanke: Auf den moralischen (Verbots-) Zeigefinger wird verzichtet. Ziel ist es, am Ende informierte, aber selbst entscheidende Sportler hervorzubringen. Eine Konsequenz aus den Debatten mit den Aktiven. Diese haben betont, nicht andere über ihren eigenen Körper bestimmen lassen zu wollen. Deshalb auch der Slogan von SAFEYOU+, „Dein Körper, deine Gesundheit. Pass auf, was Du nimmst“.

Um die Fitnesssuchenden bei ihrer Entscheidung zu unterstützen, verfilmten die Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA) Deutschland Fallgeschichten, in denen Freizeitsportler ihre ganz persönliche Geschichte erzählen. Die NADA will das künftig ausbauen und professionalisieren. Beide Seiten befinden sich außerdem im Gespräch mit Fitnessketten. „Diese sind sich einerseits des Problems bewusst und wollen etwas tun, aber andererseits auch keine Kundschaft verlieren“, so Brand. Die NADA und das universitäre Forschungsteam wollen unbedingt dranbleiben. Inzwischen hat es erste Fortbildungsveranstaltungen gegeben. 2018 will das Uni-Team das SAFEYOU+ Präventionskonzept verstärkt in Verbänden, Öffentlichkeit und Politik bekannt machen. „Die Europäische Union“, unterstreicht er, „legt großen Wert darauf, dass das Projekt nicht nur wissenschaftliche Grundlagen liefert, sondern durch gezielte Veranstaltungen ein Netzwerk von Stakeholdern schafft, das sich des Themas annimmt“.

Infos: http://www.safeyou.eu

http://www.ec.europa.eu/programmes/erasmus-plus/projects/eplus-project-details/#project/47fb7f70-ccbd-4f5e-9c15-7b933fb705ba

Veröffentlicht

Online-Redaktion

Marieke Bäumer