Umtriebig, zielorientiert, keine Angst vor neuen Herausforderungen und Spaß an Lehre und Forschung: Das alles trifft auf Dr. Claudia Pacholski zu. Die studierte Lebensmittelchemikerin forscht und lehrt seit 2014 an der Universität Potsdam. Ein von ihr eingeworbenes Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft ermöglicht es ihr, neue Forschungsprojekte anzustoßen und bestehende fortzusetzen.
Claudia Pacholskis Lebenslauf ist nicht alltäglich. Bevor sie nach Potsdam kam, hatte sie bereits an mehreren Universitäten und Forschungseinrichtungen ihre wissenschaftlichen Spuren auf verschiedenen Gebieten hinterlassen. Das war für sie schon deshalb nicht leicht, weil ihr Partner, ebenfalls Chemiker, und sie sich „immer getrennt durchbeißen mussten“. Nach ihrem Studium in Hamburg wechselte Claudia Pacholski nicht die Uni, aber erstmals ihren Forschungsschwerpunkt.
„Lebensmittelchemie interessierte mich sehr, war mir aber zu viel Analytik. Ich habe schnell erkannt, dass ich breiter aufgestellt sein möchte.“ Im ersten Staatsexamen befasste sie sich deshalb schon mit organischer Synthese. Die Wissenschaftlerin kümmerte sich um Verunreinigungen in der Medikamentenherstellung und promovierte über die Synthese und Charakterisierung von Halbleiter-Nanopartikeln. Immer wieder warb sie Stipendien ein. So führte sie ihr Weg für zwei Jahre als Postdoktorandin an die University of California, San Diego, USA. Claudia Pacholski arbeitete an den Max-Planck-Instituten für Metallforschung beziehungsweise für Intelligente Systeme. Dort lag der Fokus ihrer Forschungen auf der Entwicklung strukturierter Oberflächen für Anwendungen im Bereich der Biosensoren.
Winzige Biosensoren als Zukunft der Messtechnik
An der Universität Potsdam ist Claudia Pacholski seit 2014, zunächst als Leiterin eines Projektes der VolkswagenStiftung, seit 2016 als Heisenberg-Stipendiatin. Hier leitet sie die Arbeitsgruppe „Funktionelle Nanostrukturen“. Die Wissenschaftler synthetisieren Nanomaterialien, also chemische Stoffe oder Materialien mit einer Partikelgröße von 1 bis 100 Nanometern. Das Team interessiert sich für die chemischen, aber auch optischen Eigenschaften. „Dabei fokussieren wir unsere Arbeiten auf die Präparation und Selbstorganisation von anorganischen Materialien in Kombination mit Polymeren, um Materialen mit neuen, außergewöhnlichen Eigenschaften herzustellen.“ Insbesondere beschäftigt sich die Gruppe um Pacholski mit der Frage, wie die entwickelten Materialien als Biosensoren eingesetzt werden können. Biosensoren sind Messfühler, die mit biologischen Komponenten ausgestattet sind. Sie basieren auf der Kopplung eines biologisch aktiven Systems, zum Beispiel Antikörper oder Enzyme, mit einem Signalumwandler und einem elektronischen Verstärker. Die Biosensoren werden in der biotechnologischen Messtechnik eingesetzt.
Claudia Pacholskis Projekte passen in keine Schublade. Der interdisziplinäre Ansatz, Physikalische Anorganische und Kolloidchemie sowie Biosensoren zu verbinden, ist ihr sehr wichtig, jedoch nicht immer leicht zu realisieren. „Ein erfolgreicher Antrag muss alle Gutachter überzeugen, was bei der Vielzahl der beteiligten Fachgebiete schwierig sein kann“, weiß die Forscherin. Doch der Erfolg – die eingeworbenen Drittmittel – geben ihr recht.
Aktuell arbeitet sie daran, periodisch geordnete Lochmuster in Goldfilmen auf ausschließlich chemischem Weg herzustellen. „Im Gegensatz zu konventionellen Methoden, die für die Erzeugung solcher Lochstrukturen genutzt werden, wie beispielsweise Elektronenstrahllithografie oder Ionenstrahl-Ätzen, ist diese Methode schnell, kostengünstig und in jedem Chemielabor durchführbar.“ Die hergestellten Lochmuster wurden bereits erfolgreich als Sensoren getestet.
Nanomaterialien mit neuartigen Eigenschaften
Ein anderes Projekt der Wissenschaftlerin befasst sich mit photonischen Nanomaterialien. Dazu gehören Metamaterialien, künstlich hergestellte Strukturen und sogenannte photonische Kristalle. Sie können optische Eigenschaften besitzen, die bis vor kurzer Zeit noch unbekannt waren, beispielsweise negative Brechungsindices. Schwerpunkt für die Potsdamer Gruppe ist hier die Herstellung und Charakterisierung von photonischen Nanomaterialien durch Selbstorganisation: Kleine Bausteine, die sich zu geordneten Strukturen zusammensetzen. Das eingesetzte „Lego-Prinzip“ ermöglicht es, innovative Materialien einfach, schnell, kostengünstig und in großen Mengen herzustellen. Durch Variation der Bausteine können sie die unterschiedlichsten Eigenschaften haben, sodass daraus maßgeschneiderte Materialien für bestimmte Anwendungen entstehen.
Auch poröses Silzium ist für Claudia Pacholski von wissenschaftlichem Interesse. Es handelt sich um eine Form des chemischen Elements Silicium, deren Besonderheit in ihrer Struktur besteht. Aufgrund seiner speziellen optischen und elektrischen Eigenschaften ist poröses Silicium für die Herstellung von Solarzellen und Akkus geeignet. Durch die geschickte Auswahl verschiedener Herstellungsparameter, wie Art des Siliciums oder Konzentration an Fluoridionen, entstehen poröse Nano- und Mikrostrukturen, die insbesondere für optische Anwendungen, wie etwa Filter oder Sensoren, interessant sind.
Hilfreich ist für Claudia Pacholski, dass sie für diese Projekte keine teuren Geräte und Materialien anschaffen muss. Große Unterstützung erfährt die Wissenschaftlerin durch die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Hans-Gerd Löhmannsröben und das Team des Forschungsnetzwerks innoFSPEC. Neben guten Forschungsmöglichkeiten ist ihr der Kontakt zu den Studierenden und Doktoranden sehr wichtig. Der Austausch, die Suche nach Antworten auf ungewöhnliche Fragen, das Vordringen in Unbekanntes begeistern und motivieren sie.
Das Projekt
Herstellung maßgeschneiderter, plasmonischer Sensoren für die spezifische und empfindliche Detektion von Analyten in komplexen Matrices
Laufzeit: 2016–2019
Kooperationspartner: Universität Stuttgart, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Universität Konstanz, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Universidad Autonoma del Estado de Morelos, Mexiko
Die Wissenschaftlerin
Dr. Claudia Pacholski studierte Lebensmittelchemie an der Universität Hamburg. Seit 2016 ist sie Heisenberg-Stipendiatin im Institut für Chemie der Universität Potsdam.
Universität Potsdam
Institut für Chemie
Am Mühlenberg 3
14476 Potsdam
E-Mail: cpacholsuuni-potsdampde
BU Seite 84 Rasterelektronenmikroskopaunahme einer synthetisch hergestellten LochstrukturBU Seite 85 Dr. Claudia Pacholski im Labor
Text: Dr. Barbara Eckardt
Online gestellt: Marieke Bäumer
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuuni-potsdampde
Diesen und weitere Beiträge zur Forschung an der Universität Potsdam finden Sie im Forschungsmagazin „Portal Wissen“.