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Mit rosa Brille am Alten Markt – Potsdamer Studierende gewinnen den Deutschen Multimediapreis 2017

Bei mb21-Preisverleihung (v.l.n.r.): Thomas Hartmann (Kinder- und Jugendfilmzentrum), Birte Rauch, Patricia Bednasch, Erik Veenstra, Clara Marz. Foto: Steffen Haas, Medienkulturzentrum Dresden
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Bei mb21-Preisverleihung (v.l.n.r.): Thomas Hartmann (Kinder- und Jugendfilmzentrum), Birte Rauch, Patricia Bednasch, Erik Veenstra, Clara Marz. Foto: Steffen Haas, Medienkulturzentrum Dresden

Der Musikstudent Frank verliebt sich in die Sportstudentin Rosa. Eine Zeit lang gehen sie in Potsdam einen gemeinsamen Weg. Dann fällt die Mauer und Rosa verlässt die Stadt. Fast 30 Jahre später besucht Frank den Ort, an dem sie sich kennenlernten: Zwischen studentischem Stimmengewirr und Klängen der Puhdys geht es durch die Fachhochschule Potsdam am Alten Markt. Seine Reise in die Vergangenheit können Interessierte in einem 18-minütigen audiovisuellen Rundgang verfolgen, den Potsdamer Studierende entwickelt haben. Ihr Media Walk „Rosa“ wurde gerade mit dem Deutschen Multimediapreis mb21 in der Sonderkategorie „Creative Mobile“ ausgezeichnet.

Die Preisträger Patricia Bednasch, Clara Marz, Birte Rauch und Erik Veenstra studieren den Kooperationsstudiengang Europäische Medienwissenschaft der Universität und der Fachhochschule Potsdam. Im letzten Winter produzierten sie eigenständig Video-, Geräusch- und Sprachaufnahmen und gestalteten daraus den multimedialen Rundgang „Rosa“. Hervorgegangen war das Projekt aus dem Seminar „Media Walks“ unter der Leitung von Prof. Anne Quirynen und Fritz Schlüter. Hier entstand auch ein zweiter Walk mit dem Titel „FH_Rungen“, der sich ebenfalls mit dem ehemaligen Campus der Potsdamer Fachhochschule befasst.

„Am Anfang stand die Idee, das Hochschulgebäude als verschwindendes historisches Monument zu dokumentieren“, sagt der Seminarleiter Fritz Schlüter. Als Institut für Lehrerbildung (IfL) war es zwischen 1970 und 1974 errichtet worden. Junge Menschen studierten hier Grundschullehramt mit den Schwerpunkten Werken, Musik und Sport. Nach der Wende wurde die Fachhochschule neu gegründet, später kam der Standort an der Kiepenheuer Allee hinzu. „Uns interessierte die Geschichte des Gebäudes vor der Wende“, sagt Birte Rauch. „Wir wollten wissen, wie es war, am Institut für Lehrerbildung zu studieren.“ Daher führten die Seminarteilnehmer Interviews mit ehemaligen Studierenden. Einiges, das im Media Walk zu hören ist, sei wirklich geschehen.

Der Media Walk zeigt den Ort in seinen letzten Atemzügen. Denn seit Oktober 2017 ist der Campus am Neuen Markt geschlossen und wird im nächsten Jahr abgerissen. Das Areal neben dem wieder aufgebauten Stadtschloss soll dann neu bebaut werden. „Wir wollten den Menschen, die im ehemaligen Institut für Lehrerbildung der DDR gelebt und gelernt haben, ein letztes Mal vor dem Abriss eine Stimme geben“, sagt Erik Veenstra. Das Ergebnis beeindruckte auch die Jury des Deutschen Multimediapreises. In der Laudatio vom 10. November 2017 hieß es: „Gern hätten wir das Gebäude noch einmal aufgesucht, um die bröckelnden Erinnerungen vor Ort zu erleben.“

Das Format des Media Walks hat die kanadische Künstlerin Janet Cardiff geprägt. Sie produziert seit den 1990er Jahren Audio- und Videorundgänge, die auf einen bestimmten Ort zugeschnitten sind. Zum Beispiel in Münster, in der Villa Medici oder im Central Park in New York. Die Spaziergänger erhalten ein tragbares Abspielgerät und Kopfhörer, worüber sie Anweisungen erhalten: in eine andere Richtung zu gehen oder an einer Stelle zu verweilen. Fakten und Fiktionen zu den jeweiligen Orten ergänzen die Anleitung. Anders als in der rein auditiven Variante können die Spaziergänger beim Videowalk außerdem das Videobild über Smartphones oder Tablets mit der Umgebung vergleichen.

„Media Walks erweitern die Wahrnehmung der eigenen Umgebung“, sagt Anne Quirynen. „Entlang einer vorgegebenen Route fügen sie dem Alltag eine mediale Schicht hinzu, die Entdeckungen bietet und andere Lesarten eröffnet.“ Solche Rundgänge arbeiten nicht nur mit Sprechertexten, sondern auch mit Geräuschkulissen. Sie wollen Atmosphären erzeugen. „Eine Art begehbares Hörspiel“, erklärt Veenstra. Media Walks seien in Detailarbeit erstellte Klangcollagen, die einen hochrealistischen und immersiven Eindruck hinterlassen. Anders als Audioguides müssen sie schrittgenau auf eine bestimmte Route angepasst werden. 

Für das Format sei allerdings entscheidend, dass es vor Ort ausprobiert werde. „Daher war es bedauerlich, dass das Gebäude zum Zeitpunkt des Kehraus für die Öffentlichkeit gesperrt war und wir die Media Walks nicht wie geplant anbieten konnten“, sagt Schlüter. „Wir freuen uns umso mehr, dass das Projekt mit dem Multimediapreis noch einmal eine Würdigung erfährt.“ 

Kontakt:
Fritz Ludwig Schlüter
fritz.schlueteruni-potsdamde

Der Media Walk ist hier zu finden.

Eine Videodokumentation des Media Walks gibt es hier.
 
Mehr zum Wettbewerb mb21 gibt es hier.
 
Text: Jana Scholz
Online gestellt: Alina Grünky
Kontakt zur Onlineredaktion: onlineredaktion@uni-potsdam.de