10. Oktober – Ibadan
Nachdem wir nun schon einige Tage hier verbracht haben, fühlt sich der Campus langsam heimisch an. Wir finden uns immer besser zurecht und haben eine gewisse Routine entwickelt. Allerdings unterscheidet sich diese erheblich von dem, was wir in Deutschland gewöhnt sind, denn die hiesige Mentalität ist eine ganz andere. Vor allem an das unterschiedliche Tempo müssen wir uns gewöhnen. Man spricht hier von afrikanischer Zeit, was im Prinzip bedeutet, dass alles etwas länger dauert. So fangen Veranstaltungen auch schon mal eine Stunde später an als angegeben – ausgenommen Antrittsvorlesungen. Sogar das Frühstück ist Teil dieser neuen Zeitrechnung, denn man weiß nie genau wie lange es dauert. Wir frühstücken jeden Morgen im Restaurant des Alumni-Gasthauses, in dem wir untergebracht sind. Unsere liebenswerte Köchin Tosin und ihre bezaubernde Assistentin geben sich allergrößte Mühe und bereiten das Essen für jeden einzeln vor. Und so kann es eben auch mal eine Stunde dauern, ehe alle ihr Essen bekommen haben. Da die beiden aber so warmherzig und familiär sind, unterdrücken wir unseren europäischen Drang zu hetzen und üben uns in Geduld, denn der Name unserer Kellnerin – Patience (engl. Geduld) – ist eben auch Programm. Nach dem Frühstück sind wir zu der Eröffnungszeremonie einer internationalen Konferenz über die Yorùbá-Kultur und Sprache eingeladen, die von der Yorùbá Studies Association Nigerias organisiert wurde. Thema der Konferenz sind „Ethnien, Kriegsführung und politische Entitäten im Yorùbáland“. Umrahmt wird das Programm von traditionellen Gesängen und Tänzen – alle auf Yorùbá. Die gesamte Veranstaltung fasziniert uns, auch wenn wir zugegebenermaßen nicht immer ganz verstehen, was gerade passiert. Bemerkenswert ist auch die Vorstellung der einzelnen Vertreter der Universität, die viel für den Erhalt der Yorùbá-Kultur getan haben: Zunächst werden sie namentlich aufgerufen und während sie auf die Bühne gehen, singen die Konferenzteilnehmer jedem ein kleines Ständchen. Wir überlegen, ob man diese Art der Vorstellung nicht auch in Deutschland einführen könnte, denn sie ist um einiges lobpreisender, als nur den Namen und Titel anzusagen.Den Nachmittag verbringen wir auf mit Tour durch Ibadan, begleitet von Paul aus dem International Office, einem Sicherheitsmann und einem Fahrer von der Universität. Ibadan ist nicht unbedingt ein Touristenmagnet, wirkliche Sehenswürdigkeiten gibt es nicht. Trotzdem genießen wir die Fahrt durch die Stadt und die vielen Eindrücke, die wir vom täglichen Leben der Bewohner dieser Stadt bekommen. Wir halten an einem der vielen lokalen Märkte, auf dem wir zunächst unseren Lieblingssnack, gegrillte Kochbanane, essen. Anschließend kaufen einige noch bunte Stoffe, aus denen die traditionelle Kleidung geschneidert ist, die viele Nigerianer tragen, selbst jene in hohen Ämtern. Danach fahren wir weiter zu einer Mall, wo wir Eis essen und Smoothies trinken, sowie die Vielfalt des Supermarktsortiments genießen. Auf der Rückfahrt zur Universität machen wir Halt in einem historischen Viertel von Ibadan und einige kaufen Kola-Nüsse. Das typisch afrikanische Nahrungsmittel wird traditionell als Gastgeschenk. Die Nüsse wirken stark stimulierend – und sind Namensgeber des weltweit wohl bekanntesten Erfrischungsgetränks.
Text: Sandra Hesse, Anna Korneva und Valerie Pobloth
Online gestellt: Marieke Bäumer
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuuni-potsdampde
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