Zum Hauptinhalt springen

Verhandlungsache – Neuer MBA Negotiation Management

Prof. Dr. Uta Herbst-Voeth. Foto: Karla Fritze.
Foto :
Prof. Dr. Uta Herbst-Voeth. Foto: Karla Fritze.

Zum Wintersemester 2017/18 startet an der Universität Potsdam der deutschlandweit erste MBA-Studiengang Negotiation Management. Dessen Teilnehmer sollen auf der Grundlage aktueller Forschung lernen, was bisher nur jahrelange Praxis vermochte: wie man erfolgreich verhandelt. Mit der Initiatorin, Prof. Dr. Uta Herbst-Voeth, sprach Matthias Zimmermann über den Studiengang, die Herausforderungen in der Forschung und die Freude am Verhandeln in allen Lebenslagen.

Kann man verhandeln wirklich lernen?

Ja kann man. Es gibt sogar Studien, die zeigen, dass Masterstudierende, die ein Semester einen Kurs zur Theorie und Praxis des Verhandlungsmanagements besucht haben, danach genauso gut verhandeln wie Praktiker, die 10 bis 20 Jahre Berufserfahrung haben.

Und wie lässt es sich lernen?

Im Kern sind Verhandlungen auch Managementprozesse. Dabei müssen gegensätzliche Interessen, über die zumindest zwei Parteien verfügen, zu einer Einigung gebracht werden. Und wie in jedem anderen Managementbereich gibt es dafür Instrumente, die man zu benutzen lernen kann. Also: Welche Informationen brauche ich zu welcher Zeit und in welcher Form? Das sind die Analyseinstrumente. Dann gibt es Organisationsinstrumente, die zeigen:  Wer macht wann an welcher Stelle was in welchem Team mit welcher Rolle. Also: Wer macht den ersten Aufschlag? Wer spielt den Bad Guy, wer den Good Guy? Zu den eher vorbereitenden Instrumenten gehört das Goal-Setting: Welche Ziele setze ich mir? Wie detailliert sind die Ziele? Welche Strategien werde ich anwenden? Will ich eher „power based“ vorgehen, also aus einer starken Position, oder „value based“, indem ich sehr auf die Interessen der anderen und meiner Partei eingehe? Und dann gibt es noch Controlling-Instrumente, mit denen sich ermitteln lässt, ob ich meine Ziele erreicht habe und wie ich mich in zukünftigen Verhandlungen verbessern kann. Sprich, die Phasen vor und nach einer Verhandlung sind häufig wichtiger für das Ergebnis als die eigentliche Verhandlungsführung.

Sie haben den MBA Negotiation Management ins Leben gerufen. Für wen ist er gedacht?

Zunächst natürlich für alle aktuellen oder werdenden Führungskräfte, die viel mit Verhandlungen zu tun haben. Klassisch sind das Mitarbeiter im Human Ressources-Bereich, die in Personal- und/oder Tarifverhandlungen involviert sind. Daneben solche, die in Einkauf und Vertrieb tätig sind, und somit als originäre Aufgabe Verhandlungen in ihrem Berufsbild haben. Der MBA richtet sich aber auch an Juristen, die häufig in Vertragsverhandlungen oder ähnlichem involviert sind, und besonders an Naturwissenschaftler und Ingenieure, denen die kaufmännische Erfahrung bislang fehlt, die solche Fähigkeiten aber zum Beispiel für eine zukünftige Verantwortung von Vertriebsaufgaben benötigen. Nicht zuletzt ist der MBA für Betriebswirtschaftler gedacht, die zum einen eine Vertiefung ihres Verhandlungswissens suchen und zum anderen innovative Perspektiven der Betriebswirtschaftslehre für sich erschließen wollen. Denn bereits in den Grundlagen-Modulen haben wir äußerst innovative Fächer, wie Leadership, Business Development oder Procurement und Supply Chain Management integriert, in denen viele BWL-Studenten in ihrem grundständigem Studium wenn überhaupt nur am Rande unterrichtet worden sind. Insgesamt ist der MBA Negotiation Management einzigartig. Zumindest gibt es einen solchen Studiengang noch an keiner anderen deutschen Universität – und unseres Erachtens auch noch nicht im europäischen und außereuropäischen Ausland. 

Was lernt man dort genau?

Jeder MBA hat ja ein Grundlagen-Modul, die klassische Betriebswirtschaft, die bei uns, wie gesagt, mit innovativen Fachrichtungen kombiniert wird. In der Vertiefung geht es um das sehr interdisziplinäre Feld der Verhandlungen – und zwar aus betriebswirtschaftlicher, juristischer, psychologischer und politischer Perspektive. Politologen müssen verhandeln können, Juristen auch. Aber dafür braucht man betriebswirtschaftliches und psychologisches Handwerkszeug.

Was muss ich tun, um den MBA studieren zu können?

Man sollte drei Jahre Berufserfahrung und  ein abgeschlossenes Bachelorstudium haben. Und natürlich sollte man sich für ein MBA-Programm interessieren. Ansonsten braucht man sich nur zu bewerben … 

Entstanden ist der MBA an der Negatation Academy Potsdam. Was ist die NAP?

Das ist die Verhandlungsakademie an der Universität Potsdam, die mittlerweile einen zweiten Standort an der Universität Hohenheim hat. Sie wurde gegründet vor dem Hintergrund, auf dem Feld der Verhandlungen den Wissenschafts-Praxis-Dialog zu fördern.

Wie lassen sich die Geheimnisse des richtigen oder erfolgreichen Verhandelns erforschen und was gibt es hier noch zu tun? 

Interessenterweise ist hier – von Kollegen und uns – schon viel erforscht worden. Allerdings werden viele wichtige Erkenntnisse in der Praxis noch nicht umgesetzt. Dennoch bleibt natürlich immer viel zu tun. Erforschen kann man das richtige Verhandeln übrigens am besten in Kooperation mit der Praxis, an echten Fällen.

Zu welchen Themen forschen Sie gerade besonders intensiv?

Im Moment: Tarifverhandlungen. Uns interessiert, wie man hier Routinen durchbrechen und eine Emotionalisierung verhindern kann. Dann das ganze Thema rund um Framing und Anchoring: Wie setze ich in Verhandlungen einen Rahmen bereits im Vorfeld der eigentlichen Verhandlung und wie wirkt sich dieser auf die Verhandlungsergebnisse aus? Ein anderes aktuelles Thema sind Multiparteienverhandlungen. Da geht es unter anderem um die Frage, an welchem Punkt ein Mediator oder  ein Schlichter hinzugezogen werden sollte. 

Gehen Sie auch mal auf den Markt zum Üben?

Das bringt dieser Beruf mit sich, dass ich mittlerweile fast überall versuche zu verhandeln bzw. nach besseren Lösungen zu suchen. Bei Äpfeln auf dem Markt habe ich das allerdings noch nicht gemacht. Aber im Freundeskreis werde ich bei wichtigeren Verhandlungen oft gefragt, ob ich begleite und unterstütze.

Verhandeln Sie denn gern oder machen Sie es nur, weil Sie wissen, dass es wirkt?

Ich verhandle gern, weil ich weiß, dass es immer hilft und zu besseren Lösungen führt. Es ist tatsächlich eine Form des Konfliktmanagements.

Weitere Informationen zum MBA Negotiation Management unter: www.negotiationacademypotsdam.de

Text: Matthias Zimmermann/Nicole Frank
Online gestellt: Marieke Bäumer
Kontakt zur Onlineredaktion: onlineredaktionuni-potsdamde