Das Labor von Elke Dittmann wirkt sachlich, wohlgeordnet: ein Schreibtisch, Gerätschaften für Experimente, ganz hinten eine Kultivierungsanlage. Der Raum ist wie geschaffen für mikro- und molekularbiologische Arbeiten. In den Regalen rechts stehen Kolben, darin farbige Flüssigkeiten, die meisten tiefgrün. Es sind Süßwassercyanobakterien, die im Wasser schwimmen. Sie stammen unter anderem aus dem Zernsee, ganz in der Nähe des Golmer Instituts, oder aus entsprechenden Bakterienstammsammlungen. „Wir untersuchen hier vor allem die Rolle von Toxinen, die von Cyanobakterien gebildet werden können. Außerdem versuchen wir, neue Wirkstoffe zu entdecken und weiterzuentwickeln, die sich für pharmazeutische Anwendungen eignen“, erklärt Elke Dittmann das Farbspiel. In den Kolben daneben befinden sich braun gefärbte, terrestrische Cyanobakterien. Sie kommen in den obersten Schichten des Erdbodens vor und enthalten zusätzliche Pigmente. An ihnen untersucht die Biologin zum Beispiel, welche Rolle sekundäre Stoffwechselprodukte, sogenannte Sekundärmetaboliten, spielen, wenn Symbiosen mit anderen Pflanzenpartnern eingegangen werden.
Cyanobakterien, im Volksmund gern fälschlicherweise als Blaualgen bezeichnet und durch ihre Fähigkeit zur oxygenen Photosynthese besonders gekennzeichnet, bilden Elke Dittmanns Forschungsschwerpunkt. Mit ihnen hat sie sich in ihrer wissenschaftlichen Karriere vielerorts beschäftigt: in Berlin, Sydney (Australien), Wuhan (China), Johannesburg (Südafrika) – und natürlich immer wieder im Potsdamer Labor. Die Bakterien sind wichtige Organismen für die Stoffkreisläufe der Erde. Ohne sie gäbe es kein Leben auf diesem Planeten. Die schon über zweieinhalb Milliarden Jahre existierenden Mikroorganismen nutzen bei der Photosynthese CO2 und produzieren organischen Kohlenstoff. „Über die langen Zeiträume ihrer Evolution hinweg haben sie viele Klimakrisen mit unterschiedlichen CO2-Konzentrationen überstanden“, so die Forscherin. Die Bakterien seien wahre Überlebenskünstler.
„Mein Forschungsgebiet passt also geradezu perfekt in den angestrebten Exzellenzcluster, der auf die Dynamiken der Erdoberfläche fokussiert ist und das Zusammenspiel von geologischen, biologischen und klimatischen Prozessen im Blick hat“, betont die studierte Biochemikerin. Die Zusammenarbeit mit Geowissenschaftlern, Klimaforschern, Ökologen reizt sie sehr. „Ich würde gewissermaßen aus meiner wissenschaftlichen Komfortzone heraustreten“, sagt sie. Spannend sei das allemal. Auch wenn es zunächst gelte, die Methodiken und Verfahren unterschiedlicher Fachdisziplinen besser zu verstehen. Die Wissenschaftlerin will sich deshalb in ein Teilprojekt einbringen, in dem es im Vorfeld bereits umfangreiche gemeinsame Forschungen von Geowissenschaftlern und Biologen gab. In dessen Mittelpunkt steht die „Savanne in Ostafrika“ (siehe Portal S. 10). Potsdamer Wissenschaftler haben hier in der Vergangenheit untersucht, wie sich die Veränderungen der Geosphäre in klimatischen Abweichungen vor Ort widerspiegeln und auch in biologischen Entwicklungen zeigen. „In dem neuen Projekt möchte ich die Auswirkungen für die Cyanobakteriengemeinschaft in Seen Ostafrikas analysieren“, sagt Elke Dittmann vorausblickend.
Cyanobakterien könnten tatsächlich einen wichtigen Baustein im Cluster darstellen. Immerhin sind ihre Anpassungsmechanismen wissenschaftlich so interessant, dass man gegenwärtig sogar überlegt, sie auf den Mars zu schicken. Ob Elke Dittmann ihnen allerdings auch bis dahin folgt, steht in den Sternen.
Die hier vorgestellte Forschung ist verbunden mit der Forschungsinitiative NEXUS: Earth Surface Dynamics, die unterschiedlichste wissenschaftliche Aktivitäten der Region Berlin-Brandenburg aus dem Themenfeld Dynamik der Erdoberfläche bündelt. Die Universität Potsdam (UP), gemeinsam mit ihren Partnern des Helmholtz-Zentrums Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ), des Alfred-Wegener-Instituts für Polar und Meeresforschung (AWI) sowie mit Partnern des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), des Naturkundemuseums Berlin (MfN) und der Technischen Universität Berlin (TUB) verbindet hierzu die herausragende Expertise in den Geo-, Bio, Klima- und Datenwissenschaften.