Mehr und längere Praktika im Studium führen nicht automatisch dazu, dass die Absolventinnen und Absolventen besser auf den Arbeitsmarkt vorbereitet sind. Zu diesem Schluss kommt ein Fachgutachten, das heute in Potsdam vorgestellt wurde. Die beteiligten Forscher von den Universitäten Potsdam und Oldenburg sehen entgegen der Forderung vieler Arbeitgeber den Schlüssel nicht in einer Ausdehnung von Praxisphasen, sondern in einer besseren Betreuung und Reflexion der Praktika. Die Ergebnisse und Empfehlungen der Studie wurden am 27. September im Rahmen einer gemeinsamen Tagung des Projekts nexus der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und der Universität Potsdam vorgestellt. (Gemeinsame Medieninformation von HRK und UP, 27.9.2016)
Die meisten Bachelor- und Masterstudiengänge sehen zwar ein Pflichtpraktikum außerhalb der Hochschule vor, aber mit der Theorie-Praxis-Verzahnung und systematischen Einbindung hapere es insbesondere an den Universitäten oft. „Vielerorts sind die Praktika noch immer ein bloßes Anhängsel des Studiums, wodurch wertvolle Lernchancen ungenutzt bleiben. Eine systematische Integration der Praktika in den Studiengang würde die Lernmotivation und damit auch den Studienerfolg erhöhen“, sagt der Potsdamer Bildungsforscher Prof. Dr. Wilfried Schubarth. Die Gutachter empfehlen eine Aufwertung von Praktika und eine Anerkennung als Merkmal guter Lehre. Denn von qualitätsvollen Praktika können alle Seiten profitieren: Die Studierenden lernen durch Praktika die berufliche Praxis kennen und bringen akademisches Wissen und aktuelle Forschungsbefunde in den Betrieb. Gleichzeitig können sich Arbeitgeber durch Praktika Fachkräfte sichern. Auch die Hochschulen profitieren durch die (Aus-)Bildung wissenschaftlich qualifizierter Absolventen für den Arbeitsmarkt und erhalten durch die Praktika Anregungen für Forschung und Lehre.
„Qualitätsstandards sind im Dialog aller beteiligten Akteure – Hochschulen und Studierende, Arbeitgeber und Gewerkschaften – zu erarbeiten“, so HRK-Präsident Prof. Dr. Horst Hippler. „Der Theorie-Praxis-Transfer kann nur funktionieren, wenn einerseits Praktika und andere Praxisbezüge systematisch ins Studium integriert sind. Andererseits müssen die Unternehmen ausreichend gute Praktikumsplätze anbieten, die den Praktikanten herausfordernde Aufgaben bieten.“ Prof. Dr. Andreas Musil, Vizepräsident für Lehre und Studium der Universität Potsdam, verweist auf die wichtige Mittlerfunktion der Career Services an den Hochschulen: „Unser Career Service verfügt bei der Vermittlung zwischen Universität und Betrieben sowie in der Qualitätssicherung bereits über sehr gute Erfahrungen.“ Bei der Tagung formulieren Vertreter von Hochschulen, Arbeitgeberseite und Studierende Bedingungen für Praktika, die die notwendigen Kompetenzen für die Arbeitswelt von morgen vermitteln helfen.
Empfehlungen des Fachgutachtens
„Qualitätsstandards für Praktika. Bestandsaufnahme und Empfehlungen“
- „Vom Schattendasein ins Rampenlicht“: Praktika aufwerten und als Qualitätsmerkmal des Studiums anerkennen
- Praktika als wichtigen, gleichberechtigten Lernort anerkennen
- Hochschulen, Fächer und Studiengänge sollen eigene Praktika-Strategien erarbeiten
- Praktika curricular integrieren und begleiten
- Formen, Orte, Umfänge, Zeiträume und Organisation von Praktika festlegen
- Praktikumsvereinbarungen abschließen
- Informations-, Beratungsangebote und Ansprechpartner klar kommunizieren
- Anrechnung praktischer Vorerfahrungen regeln
- Bescheinigung und Bewertung des geleisteten Praktikums regeln
- Ressourcen und Rahmenbedingungen bereitstellen
- Praktika im Dialog gestalten
- Qualität von Praktika entwickeln und evaluieren
Kontakt: Hochschulrektorenkonferenz
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