„Das ewige schlechte Gewissen, Karriere und Familienarbeit nicht angemessen in Einklang zu bringen, war der Antrieb für die interdisziplinäre Tagung“, sagt Dr. Katja Stoppenbrink von der Universität Münster zum Auftakt der Konferenz. Zusammen mit apl. Prof. Dr. Marie-Luise Raters von der Universität Potsdam hat die Philosophin das Thema „Frauen in der Wissenschaft -wo stehen wir heute?“ unter verschiedenen Blickwinkeln zur Diskussion gestellt.
„Die letzten 25 Jahre waren nur Chaos“, bilanziert Prof. Dr. Bettina Pfleiderer den Spagat zwischen wissenschaftlicher Karriere und Familie. „Vor allem ständig als sogenannte Rabenmutter angefeindet zu werden“, als sie neben ihrem Beruf als Naturwissenschaftlerin zwei kleine Kinder großzog, sei für sie unerträglich gewesen. Die Professorin an der Universität Münster und Präsidentin des Weltärztinnenbundes hat es geschafft: Sie erhielt 1992 in der Analytischen Chemie als erste Frau den Fachgruppenpreis für ihre Promotion. Fünf Jahre später wurde ihre Habilitation mit dem Wilhelm-Conrad-Röntgen-Preis ausgezeichnet. Damit hat Bettina Pfleiderer nicht zuletzt vielen Frauen, die nach ihr kamen, eine Tür geöffnet. Doch von Chancengerechtigkeit sei man in den Naturwissenschaften nach wie vor meilenweit entfernt.
Trotz zahlreicher Initiativen, Frauen in der Forschung zu fördern, ist die Zahl der Professorinnen in den vergangenen Jahren kaum gestiegen. Insbesondere Professorinnen mit Kindern bilden eine Minderheit. Die Potsdamer Tagung hat daher strukturelle Defizite auf der (hochschul-)politischen Ebene aufgezeigt und zur Diskussion gestellt.
Die Gender-Soziologin der Universität Potsdam, Professorin Theresa Wobbe, betont, dass seit Mitte der 1990er Jahre durch die Gleichstellungsbeauftragten in Rekrutierungsverfahren zwar einiges für die Chancengleichheit für Frauen erreicht wurde. Doch täglich müsse weiter gekämpft werden. Zusammen mit der zentralen Gleichstellungsbeauftragten der Universität Potsdam, Franka Bierwagen, und der Soziologin Prof. Dr. Hildegard Macha aus Augsburg fordert sie, die Strukturen an den Universitäten zu verändern.
Die Doktorandin Alexandra Franz aus Zürich berichtet über ihre Erfahrungen in der Schweiz. Hier machen Professorinnen in den Naturwissenschaften gerade mal einen Anteil von 11,5 Prozent aus. Selbst noch ohne Kinder, hofft die Wissenschaftlerin am Institute of Molecular Life Science auf einen Wandel, um die erforderliche Laborpräsenz anders zu organisieren. Nur dann ließen sich Familie und wissenschaftliche Karriereplanung besser zusammenbringen. In ihrer Generation seien auch die Männer bereit, für die Kindererziehung beruflich eine Zeit lang zurückzustecken.
Der interdisziplinäre Dialog in der Wissenschaftsetage im Bildungsforum fand Freitag, den 22. Juli statt und diente dem Austausch über Modelle zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Wissenschaft.
Text: Silke Engel
Online gestellt: Agnetha Lang
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